BayVGH gibt Eigentümer Recht: Stadt darf Grund­stücke nicht per Drohne ver­messen

28.02.2024

Eine Gemeinde in Oberbayern wollte sich die Arbeit erleichtern und Gebäudemaße durch den Einsatz von Drohnen ermitteln. Die Bildaufnahmen auch privater Bereiche des Grundstücks verletzen aber die Rechte der Eigentümer, entschied der BayVGH.

Die Außenmaße von Wohnhäusern per Bildaufnahmen einer Drohne zu ermitteln, ist für Kommunen einfacher, als Mitarbeiter zu Messungen vorbeizuschicken. Das dachte sich offenbar auch die Stadt Neumarkt-Sankt Veit im Landkreis Mühldorf am Inn und beschloss im vergangenen Oktober, mehrere Wohngrundstücke mit einer Drohne abzufliegen. Mit den erhobenen Daten sollte die sogenannte Geschossfläche der Gebäude ermittelt werden. Anhand dieser Maße sollte wiederum die Höhe des sogenannten Herstellungsbeitrags errechnet werden, den Grundstückseigentümer zahlen, um unter anderem an die gemeindliche Abwasserentsorgung angeschlossen zu werden.

Der Eigentümer eines der betroffenen Grundstücke erfuhr jedoch vorab von den Plänen der Stadt und wandte sich erfolgreich per Eilantrag an das Verwaltungsgericht (VG) München, welches der Stadt das Abfliegen der Grundstücke per Drohne untersagte. Gegen den Beschluss des VG legte wiederum die Stadt Beschwerde zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (BAyVGH) ein. Dieser entschied in seinem Beschluss nun aber ebenfalls zugunsten des Grundstückeigentümers. Ihm stehe der allgemeine öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch zu. Der Einsatz der Drohne sei ein erheblicher Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG)) und daher rechtswidrig (Beschl. v. 15.02.2024, Az. 4 CE 23.2267).

Gefahr, dass auch Innenräume abfotografiert werden

Für die geplante Maßnahme fehle es bereits an einer Rechtsgrundlage, so der BayVGH. Auch auf die Generalklausel des bayerischen Datenschutzgesetzes (BayDSG) könne der Drohneneinsatz nicht gestützt werden. Denn Art. 4 BayDSG lasse eine Erhebung personenbezogener Daten durch eine öffentliche Stelle nur dann zu, wenn es sich um einen geringfügigen Eingriff in die Rechte der betroffenen Person handele. Der Einsatz der Drohne stelle aber einen erheblichen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Grundstückeigentümers dar, insbesondere in die enthaltene Rechte auf informationelle Selbstbestimmung und Achtung der Privatsphäre. 

Denn auch wenn das Wohngebäude nur von außen aufgenommen werden soll, sei die Gefahr hoch, dass auch die besonders schützenswerte Privatsphäre betroffen wird. "Mit der Drohne könnten Aufnahmen von zur Wohnung zählenden Terrassen, Balkonen oder Gartenflächen hergestellt werden. Zudem könnten die sich dort aufhaltenden Personen fotografiert werden", begründet der BayVGH seine Entscheidung. Außerdem sei nicht auszuschließen, dass durch Glasflächen auch Innenräume abfotografiert werden. Die Maßnahme greife insofern in den Kernbereich der persönlichen Lebensgestaltung und -führung ein.

Eine Drohnenbefliegung sei auch nicht erforderlich, um die Geschossflächen zu ermitteln. Denn die Daten könnten sowohl mittels einer Grundstücksbegehung als auch über ein Selbstauskunftsverfahren eingeholt werden, so das Gericht.

Rechtsanwalt Yama Afsali von der Münchner Kanzlei Rothkopf, der den Antragssteller in beiden Instanzen vertreten hat, erklärt gegenüber LTO, die Entscheidung des BayVGH sei von immenser Bedeutung, "da auch zahlreiche weitere Gemeinden in Bayern zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben vermehrt Drohnen in ähnlichen Fällen einsetzen."

Die Stadt wird zur Ermittlung der Außenmaße der Grundstücke also zu altbewährten Methoden greifen müssen. Der Beschluss des BayVGH ist unanfechtbar.

Red. Hinweis: Der Artikel wurde nach Veröffentlichung um weitere Hintergrundinformationen ergänzt; Artikel in der Fassung vom 28.02.2024, 13.40 Uhr.

dpa/lmb/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

BayVGH gibt Eigentümer Recht: . In: Legal Tribune Online, 28.02.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/53984 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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