In letzter Instanz setzte ein Pilot seinen Unwillen gegen die Pflicht durch, auf dem Flughafen seine Uniformmütze tragen zu müssen. Auch das BAG sah darin eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung gegenüber Frauen. Die dürfen die Mütze nämlich tragen, müssen aber nicht.
Geklagt hatte ein Pilot, der 2009 von einem New York-Flug abgezogen worden war, weil er sich weigerte, seine Uniformmütze aufzusetzen. Der in München stationierte Nordrhein-Westfale hatte seit 2006 für die Lufthansa gearbeitet. Er kritisierte, für Pilotinnen stelle die Mütze nur ein Accessoire dar, während sie für Männer obligatorisch sei.
Während das Tragen der Cockpit-Mütze für Männer in dem der Öffentlichkeit zugänglichen Flughafenbereich verpflichtend ist, können Frauen frei darüber entscheiden, ob sie die Uniformmütze dort tragen möchten – so sieht es die für den vorliegenden Fall des Piloten geltende "Betriebsvereinbarung Dienstbekleidung" vor.
Diese unterschiedliche Ausgestaltung ist nicht durch den Zweck der Regelungen sachlich gerechtfertigt und verstößt daher gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, befand das Bundesarbeitsgericht (BAG) am Dienstag. Die Regelung ist damit unwirksam. Die einheitliche Dienstkleidung solle das Cockpitpersonal in der Öffentlichkeit als hervorgehobene Repräsentanten des beklagten Luftfahrtunternehmens kenntlich machen, so die Erfurter Richter. Gemessen an diesem Regelungszweck sei eine unterschiedliche Behandlung nicht gerechtfertigt. Ob es sich überdies um eine Benachteiligung wegen des Geschlechts handelt, ließ das BAG offen (Urt. v. 30.09.2014, Az. 1 AZR 1083/12).
BAG-Präsidentin: "Cockpit-Mütze könnte auch Männern mit Gel im Haar Probleme bereiten"
In den Argumenten der Fluggesellschaft für die Regelung - Tradition und Damenfrisuren - sah der 1. Senat keine ausreichenden Gründe für eine Ungleichbehandlung von Männern und Frauen beim Tragen der Schirmmütze mit dem Lufthansa-Emblem. Das BAG bestätigte damit das Urteil des Arbeitsgerichts Köln*, während das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln nicht von einer Benachteiligung ausgegangen war.
BAG-Präsidentin Ingrid Schmidt sagte, "für eine personenbezogene Ungleichbehandlung muss es fundierte Sachgründe geben". Der Anwalt der Lufthansa verwies auf die Tradition bei Pilotenuniformen, zu der in der Außendarstellung die Kopfbedeckung gehöre, sowie auf die Besonderheiten von Damenfrisuren. Nicht nur Frauen mit Langhaarfrisur, sondern auch Männern mit Gel im Haar könnte das Aufsetzen der Cockpit-Mütze Probleme bereiten, erwiderte die Gerichtspräsidentin und Vorsitzende des Ersten Senats.
Zudem fragte Schmidt nach einer möglicherweise subtilen Benachteiligung der Pilotinnen. Wenn drei Flugzeugführer, darunter zwei Männer mit Mütze, auf einem Flughafen zusammenständen, "wen halte ich für den Piloten?". Der Anwalt des Klägers machte deutlich, dass nicht jede Ungleichbehandlung der Geschlechter eine Benachteiligung sei. "Bei der Pilotenmütze geht es aber um ein Kleidungsstück, das Männer und Frauen gleichermaßen tragen können."
dpa/avp/LTO-Redaktion
*In einer früheren Version dieses Artikels stand hier noch Amtsgericht Köln - dies wurde am 01.10.14, 9.43 Uhr geändert.
BAG zu Dienstkleidung bei der Lufthansa: . In: Legal Tribune Online, 30.09.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13349 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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