BAG zur Urlaubsberechnung: Kurz­ar­beit Null ver­rin­gert Urlaubs­an­spruch

30.11.2021

In vielen Unternehmen wurde in der Pandemie Kurzarbeit geleistet. Häufig sind einzelne Arbeitstage dabei vollständig ausgefallen. Nach einer Entscheidung des BAG muss das bei der Berechnung des Jahresurlaubs berücksichtigt werden.

Fallen einzelne Arbeitstage aufgrund von Kurzarbeit vollständig aus, ist dies bei der Berechnung des Jahresurlaubs zu berücksichtigen. Dies entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) am Dienstag und wies damit die Klage einer Verkäuferin aus Essen ab (Urt. v. 30.11.2021, Az. 9 AZR 225/21). 

Die Frau befand sich in den Monaten April bis Dezember 2020 in Kurzarbeit. In den Monaten April, Mai und Oktober war sie in der sogenannten Kurzarbeit Null und vollständig von der Arbeitspflicht befreit, in den Monaten November und Dezember arbeitete sie nur in reduziertem Umfang. Als ihr Arbeitgeber ihren Urlaubsanspruch für Zeiten der Kurzarbeit Null anteilig kürzte, machte sie klageweise einen ungekürzten Urlaubsanspruch geltend. Für eine Reduzierung des Urlaubs führe es an einer Rechtsgrundlage, führte die Arbeitnehmerin aus. Es gebe weder einen einschlägigen Tarifvertrag noch eine Betriebsvereinbarung, der eine solche Kürzung vorsehe, so die Argumentation der Klägerin.

Das BAG beantwortete die Frage, ob Arbeitgeber bei vereinbarter Kurzarbeit Null und damit oft langen Phasen ohne Arbeitspflicht den Urlaub ihrer Beschäftigten anteilig kürzen dürfen, jedoch mit Ja. Aufgrund einzelvertraglich vereinbarter Kurzarbeit ausgefallene Arbeitstage seien weder nach nationalem Recht, noch nach Unionsrecht Zeiten mit Arbeitspflicht gleichzustellen, so das BAG. In einer weiteren Entscheidung (Urt. v. 30.11.2021, Az. 9 AZR 234/21) hat der Neunte Senat außerdem erkannt, dass diese Grundsätze auch dann Anwendung finden, wenn die Kurzarbeit wirksam aufgrund einer Betriebsvereinbarung eingeführt worden ist.

BAG schließt Lücke

Urlaubskürzungen bei Kurzarbeit Null sind damit jetzt rechtens. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hatte argumentiert, durch Kurzarbeit würden "Beschäftigte eben keine planbare Freizeit erhalten". DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel sprach nach dem Urteil von einem "bitteren Tag für viele Beschäftigte". Die Entscheidung wälze die Lasten der Pandemie auf die Arbeitnehmer ab.

"Die Entscheidung war so zu erwarten", meint der Hamburger Fachanwalt für Arbeitsrecht Michael Fuhlrott. "Auch der Europäische Gerichtshof hatte in der Vergangenheit eine Kürzung von Urlaubsansprüchen für Zeiten geduldet, in denen der Arbeitnehmer nicht tatsächlich tätig", so Fuhlrott weiter. Fuhlrott weist aber auf eines hin: "Eine Urlaubskürzung wegen Kurzarbeit ist nur möglich, wenn die Kurzarbeit auch rechtlich wirksam eingeführt worden ist. Die Anforderungen hierbei sind hoch: Ist in der entsprechenden Vereinbarung zur Kurzarbeit nicht die zeitliche Dauer genannt und fehlen Regelungen zum Umfang der Kurzarbeit, besteht ein hohes Unwirksamkeitsrisiko."

"Die Entscheidung schließt eine rechtliche Lücke zu einer Rechtsfrage, die gesetzlich nicht geregelt ist, und schafft Rechtssicherheit für die Praxis", kommentierte Sören Seidel, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner bei der internationalen Wirtschaftskanzlei CMS Deutschland, das Urteil. Insbesondere im Hinblick auf die enorme Bedeutung der Kurzarbeit bei der Bekämpfung der pandemiebedingten Folgen für die Wirtschaft und die Vielzahl hiervon betroffener Arbeitnehmer sei die praktische Relevanz dieser Entscheidung laut Seidel "erheblich".

acr/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

BAG zur Urlaubsberechnung: . In: Legal Tribune Online, 30.11.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/46795 (abgerufen am: 17.11.2024 )

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