Den gesamten Spielbetrieb hatte eine Koordinatorin organisiert, sie musste dem Club auch regelmäßig stundenweise zur Verfügung stehen. Das kann keine selbständige Tätigkeit mehr sein, urteilte das LSG BaWü nun.
Auch wenn eine "freie Mitarbeit" vereinbart ist, kann die Tätigkeit einer Koordinatorin eines Jazzclubs als abhängige Beschäftigung einzuordnen sein, hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg (BaWü) geurteilt (Urt. v. 20.03.2023, Az. L 4 BA 2739/20). Entsprechend seien Sozialabgaben zu leisten.
Eine Frau war für eine GmbH, die einen Jazzclub betreibt, zunächst aufgrund mündlicher Absprachen und im Weiteren Verlauf der aufgrund eines Vertrages über "freie Mitarbeit" tätig. Sie koordinierte u. a. den Spielbetrieb, besetzte die Ticket-Hotline, kommunizierte mit Künstlern, assistierte dem künstlerischen Leiter und managte Konzerte. Zumindest bei Konzerten und für die Ticket-Hotline musste sie zu bestimmten Zeiten anwesend sein.
Die Deutsche Rentnenversicherung ist der Auffassung, dass die Frau jedenfalls in diesem Umfang nicht mehr als selbständig gelten könne und hatte von der GmbH die Zahlung von Sozialabgaben verlangt. Die GmbH sieht das anders, schließlich habe sie die Frau explizit als "freie Mitarbeiterin" eingestellt.
Wann jemand nach dem Gesetz als selbständig bzw. als in einer abhängigen Beschäftigung gilt, ergibt sich unter anderem aus § 7 SGB IV, der auf Merkmale wie Weisungsabhängigkeit, Eingliederung in einen Betrieb und persönliches Unternehmerrisiko abstellt.
Eindeutig feste Eingliederung im Betrieb
Vor diesem Hintergrund hat der 4. Senat des LSG die Tätigkeit der Frau als eine abhängige Beschäftigung eingeordnet. Wie schon zuvor das Sozialgericht Mannheim hat der Senat damit die Bewertung der Deutschen Rentenversicherung Bund bestätigt und die Berufung der den Jazzclub tragenden gemeinnützigen GmbH zurückgewiesen.
Ausschlaggebend für das LSG war der feste Aufgabenbereich der Koordinatorin innerhalb der Betriebsorganisation. Ihr sei die Koordination des gesamten Spielbetriebs übertragen worden und nicht nur einzelne Aufträge. Dazu sei sie fest eingegliedert worden, denn sie habe nicht nur einen abgegrenzten Teil von Bürodienstleistungen übernommen, sondern sei eigenverantwortlich für die Arbeiten des Jazzclubs zuständig gewesen.
Außerdem habe sie an vier Abenden und zwei Tagen vormittags vier Stunden zur Verfügung stehen müssen, so das LSG. Auch dies spricht seiner Auffassung nach mehr als deutlich für die Eingliederung in den Betrieb und die Organisation. Unternehmensrisiko habe die Frau dabei gleichzeitig nicht getragen.
Anderes ergebe sich letzlich auch nicht daraus, dass die Frau auch für andere Auftraggeber – u.a. eine Tanzschule und ein Theater – tätig gewesen sei, stellte das Gericht fest. Schließlich sei für die Statusbeurteilung immer auf den jeweiligen Einzelauftrag abzustellen.
cp/LTO-Redaktion
LSG Baden-Württemberg zur Scheinselbstständigkeit: . In: Legal Tribune Online, 21.04.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/51601 (abgerufen am: 04.11.2024 )
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