Um Autofahrer zum Abbremsen zu bewegen, stellten Anwohner am Bodensee Schilder für ein "freiwilliges Tempo 30" auf. Das VG Freiburg hält das für unzulässig. Die Deutsche Umwelthilfe will die Sache jetzt vor den VGH bringen.
Die zugelassenen 50 Kilometer pro Stunde sind zu schnell für die kurvigen Straßen auf der Halbinsel Höri am Bodensee, finden die Anwohner. Deswegen stellten sie eigens gestaltete Schilder auf, mit denen Verkehrsteilnehmer aufgefordert werden, freiwillig nur 30 Kilometer die Stunde zu fahren. Das Verwaltungsgericht (VG) Freiburg hat jedoch entschieden, dass die Schilder von den Grundstücken zu entfernen seien. Begründung: Die selbst gebastelten Tafeln könnten mit amtlichen Tempo-Schildern verwechselt werden (Beschl. v. 08.08.2024, Az. 6 K 2226/24, 6 K 2227/24, 6 K 2228/24).
Die Anwohner klagten und stellten zusätzlich Eilanträge, weil das örtliche Landratsamt verfügt hatte, dass die Anwohner ihre Schilder zu entfernen hätten. Die Beschlüsse der nun entschiedenen Eilverfahren sind noch nicht rechtskräftig, die Anwohner können noch vor den Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Mannheim ziehen. Das werden sie auch, wie die Deutsche Umwelthilfe (DUH), die die Höri-Anwohner bei ihrer Klage unterstützt, nun ankündigte. Der Geschäftsführer der DUH, Jürgen Resch, teilte der Deutschen Presse-Agentur mit, es solle gegen die Entscheidung Beschwerde bei der nächsten Instanz eingelegt werden.
Schilder nicht schnell und eindeutig als Fantasieschild zu erkennen
Das VG hatte entschieden, dass Anwohner die umstrittenen Schilder entfernen müssten, weil nach dem maßgeblichen Gesamtbild der jeweiligen Schilder beim flüchtigen Betrachten Verwechslungsgefahr mit amtlichen Verkehrsschildern bestehe. Mit der Aufstellung der Schilder werde voraussichtlich gegen das Verbot von Verkehrsbeeinträchtigungen aus § 33 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung verstoßen, so das Gericht im Rahmen der summarischen Prüfung im Eilverfahren. Auf den Tafeln sind etwa das Wort "Freiwillig", ein nachempfundenes Tempo-30-Zeichen und Silhouetten laufender Kinder zu sehen. Diese Gestaltung führt laut dem VG dazu, dass die Schilder auf den ersten Blick nicht eindeutig als Fantasieschild zu erkennen seien.
Im vergangenen Jahr waren die Bodensee-Anwohner schon einmal vor dem VG Freiburg gescheitert. Da zu diesem Zeitpunkt ein formeller Bescheid des Landratsamts Konstanz noch nicht vorgelegen hatte, waren die Klagen unzulässig. Im April 2024 ordnete das Landratsamt dann schließlich per Bescheide an, die Schilder zu entfernen. Anwohnern, die die Schilder aufgestellt hatten, wurde zudem jeweils ein Zwangsgeld von 800 Euro angedroht. Nachdem die Widersprüche der Anwohner erfolglos geblieben waren, erhoben sie Klage und stellten die Eilanträge.
DUH sieht grundsätzliche Rechtsfrage
"Bei der von der DUH unterstützten Klage geht es darum, ob von Raserei betroffene Anwohnerinnen und Anwohner berechtigt sind, mit 'Freiwillig-Tempo-30'-Schildern darum zu bitten, langsamer zu fahren", erklärte Resch. Es handele sich um eine grundsätzliche Rechtsfrage, die seiner Ansicht nach geklärt werden müsse. Wann das eigentliche Gerichtsverfahren in der Hauptsache stattfinden wird, ist Resch zufolge bisher offen. "Wir werden alles daran setzen, dass bis zur Gerichtsverhandlung durch die aufgestellten Schilder weiterhin für ein langsameres Fahren in den kurvenreichen Höri-Dörfern geworben werden darf", so Resch.
Wie das Gericht bereits im vergangenen Jahr mitgeteilt hatte, rief der örtliche Grünen-Verband im Herbst 2021 zu einer "Privatinitiative für Klimaschutz, mehr Verkehrssicherheit und weniger Lärm" auf. Die Schilder seien in diesem Zuge beschafft und dann verteilt worden.
lmb/dpa/LTO-Redaktion
Verwaltungsgericht Freiburg: . In: Legal Tribune Online, 19.08.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/55230 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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