Nachdem das BVerfG die NPD zwar nicht verboten hat, wurde die rechtsextreme Partei nun von der Parteienfinanzierung ausgeschlossen. Dieses Urteil könnte auch Konsequenzen für mögliche Verfahren gegen die AfD haben.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat einem gemeinsamen Antrag von Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung stattgegeben, die NPD von der staatlichen Parteienfinanzierung auszuschließen (Urt. v. 23.01.2024, Az. 2 BvB 1/19). Es ist das erste Mal, dass ein solches Finanzierungsausschlussverfahren (Art. 21 Abs. 3 GG) angestrengt wurde. Mit dem Urteil werden auch Konsequenzen für derzeit vielfach diskutierte Verfahren gegen die AfD erwartet.
Das Verfahren war eine Folge des 2017 abermals gescheiterten zweiten NPD-Verbotsverfahrens, bei dem die NPD zwar als verfassungsfeindlich eingestuft wurde, ihr konkretes Gefährdungspotential aber zu gering für ein Verbot war. Seither wurde stattdessen versucht, die NPD wenigstens von der staatlichen Parteienfinanzierung auszuschließen. Hierfür war auch das Grundgesetz geändert worden.
Der Zweite Senat stellte nun fest, die NPD gemäß § 46a Abs. 1 S. 1 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) für sechs Jahre von der Parteienfinanzierung auszuschließen. Das in Art. 21 Abs. 3 GG verankerte Finanzierungsausschlussverfahren stellt damit gerade kein verfassungswidriges Verfassungsrecht dar. Folglich könnte diese Verfahrensart auch in Zukunft bemüht werden.
Anders als beim Verbotsverfahren bedarf es hier gerade nicht der sogenannten Potentialität, es muss also nicht konkret wahrscheinlich sein, dass die verfassungsfeindlichen Bestrebungen tatsächlich erreicht werden könnten. Gleichwohl braucht es auch im Finanzierungsausschlussverfahren ein "qualifiziertes und planvolles Handeln zur Beeinträchtigung oder Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung", so das BVerfG zum "Stufenverhältnis" zwischen Verbot (Art. 21 Abs. 2 GG) und Finanzierungsausschluss (Art. 21 Abs. 3 S. 1 GG). Soweit bei der NPD indes keine relevanten Änderungen im Vergleich zu 2017 festgestellt werden konnten, waren die materiellen Voraussetzungen des Finanzierungsausschlusses hier gegeben.
Urteil trifft parteiübergreifend auf Zustimmung*
Von dem Urteil gehe ein klares Signal aus, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) laut einer Mitteilung am Dienstag in Berlin. "Unser demokratischer Staat finanziert keine Verfassungsfeinde". Dazu Faeser weiter: "Kräfte, die unsere Demokratie zersetzen und zerstören wollen, dürfen dafür keinen Cent an staatlichen Mitteln erhalten – weder direkt, noch indirekt durch steuerliche Begünstigungen." Auch wenn die verfassungsrechtlichen Hürden für künftige Verfahren zwar hoch blieben, "haben wir jetzt ein weiteres Instrument zum Schutz unserer Demokratie".
Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) schrieb auf X, das Urteil sei "richtig und wegweisend". Ferner könne es auch "eine Blaupause für die AfD sein. Die AfD wird immer radikaler und extremer. Das ist brandgefährlich und muss genau beobachtet und dokumentiert werden", so Söder weiter. Söders Kabinettskollege, der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU), sieht in dem Urteil eine Stärkung der wehrhaften Demokratie. "Es gibt auch unterhalb der Schwelle des Parteiverbots Mittel und Wege sich gegen die Verfassungsfeinde zu stellen." Diese Möglichkeiten würden auch künftig ausgeschöpft, um extremistische Bestrebungen zu bekämpfen, so Herrmann.
Auch die Linken-Politikerin Katharina König-Preuss, Abgeordnete im Thüringer Landtag, bezeichnete das Urteil als "wegweisend". Ihrer Ansicht nach liegen auch bei der AfD die Voraussetzungen für einen Finanzierungsausschluss vor, "da sie offensichtlich gegen die Menschenwürde, das Demokratieprinzip und das Rechtsstaatsprinzip agiert und verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgt".
Dr. Till Steffen, Parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen im Bundestag, meint, es sei ein Trugschluss zu glauben, "man hätte nun durch die positive Entscheidung zum Entzug der Finanzierung bei der NPD eine einfachere Alternative zum AfD-Verbotsverfahren". NPD und AfD hätten "völlig unterschiedlichen Möglichkeiten". Steffen fordert hinsichtlich möglicher Verfahren gegen die AfD: "Anstatt sich in der Debatte bei der Wahl der Mittel zu verheddern, sollte man zügig anhand der Kriterien des Bundesverfassungsgerichts die Voraussetzungen prüfen."
Bundesinnenministerin Faeser bekräftigte wiederum ebenfalls: "Der Rechtsextremismus ist die größte extremistische Bedrohung für unsere Demokratie – und für Menschen in unserem Land".
jb/LTO-Redaktion mit Materialien der dpa
* Anm. d. Red.: Reaktionen eingefügt am Tag der Veröffentlichung, 14:57 Uhr
BVerfG-Urteil gegen NPD könnte auch AfD betreffen: . In: Legal Tribune Online, 23.01.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/53695 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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