Ist das Aufstellen von "Freiwillig Tempo-30"-Schildern etwa in einem Vorgarten erlaubt? Mit dieser Frage musste sich das VG Freiburg beschäftigen - zu einer Entscheidung in der Sache kam es jedoch am Ende nicht.
Im Rechtsstreit um Schilder für ein freiwilliges Tempo 30 sind Bodensee-Anwohner vor Gericht gescheitert. Das Verwaltungsgericht Freiburg hat die drei Klagen der Bürger gegen das zuständige Landratsamt abgewiesen (Urt. v. 16. Oktober 2023, Az. 6 K 1866/22, 6 K 1867/22, 6 K 1868/22). Kern des Rechtsstreits war die Frage, ob Anwohner:innen auf ihren Grundstücken und mit eigenen Schildern an Fahrer:innen appellieren dürfen, die Geschwindigkeit in Ortsdurchfahrten zu drosseln.
Tempo 30 am Schuppen und im Blumenbeet
Die Schilder machten im Herbst 2021 ihr Debüt auf der Halbinsel Höri im Landkreis Konstanz. Damals hatte der Ortsverband von Bündnis 90/Die Grünen zu einer Initiative für Klimaschutz, mehr Verkehrssicherheit und weniger Lärm aufgerufen. Eine Maßnahme: Die Einführung einer 30er-Zone. Dafür wurden Tempo-30-Schilder zum freiwilligen Aufstellen auf dem eigenen Grundstück an die Bewohner:innen verteilt. Diese wiesen mit einer rot umkreisten Zahl 30 zwar eine Ähnlichkeit zu offiziellen Schildern auf, waren aber deutlich als „freiwillig“ überschrieben. Die Grundstückseigentümer:innen wurden nun kreativ: einige brachten sie an ihrem Schuppen an, andere stellten sie ins Beet.
Das Landratsamt Konstanz hatte die freiwillig aufgestellten Schilder aus Gründen der Verwechslungsgefahr mit offiziellen Verkehrsschildern als unzulässig eingestuft. Es bat die Grundstückseigentümer in einem Schreiben, die Schilder zu entfernen und kündigte die Verhängung von Zwangsgeldern an. Weitere Schritte unternahm das Landratsamt nicht.
Keine Verwechslungsgefahr mit offiziellen Verkehrsschildern
Das Schreiben des Landratsamts zeigte Wirkung: Einige Schilder verschwanden aus den Vorgärten. Drei Kläger aus Bodenseegemeinden leiteten jedoch rechtliche Schritte ein und bekamen prominente Unterstützung von der Deutschen Umwelthilfe (DUH).
Bei einer mündlichen Verhandlung vor Gericht waren am Montag die unterschiedlichen Standpunkte aufeinandergeprallt. DUH-Anwalt Remo Klinger plädierte für die Rechtmäßigkeit der Schilder, wie die taz am Montag berichtete. Es bestehe keine Verwechslungsgefahr, da das Wort "freiwillig" deutlich mache, dass es keine staatlichen Schilder seien. Auch die Anbringung solcher "Fantasieschilder" sei für offizielle Schilder untypisch.
Die Klärung der entscheidenden Frage blieb aus
Bereits während der Sitzung war deutlich geworden, dass die Klagen der Bürger möglicherweise wegen des Prinzips der Nachrangigkeit der Feststellungsklage unzulässig sind. Die Bürger hätten möglicherweise auf einen formellen Bescheid, einen Verwaltungsakt, des Landrandsamt warten müssen, bevor sie Klage erheben. Die Frage der Rechtmäßigkeit der Schilder blieb ungeklärt.
Die Tempo-30-Schilder zieren noch immer die Vorgärten. Die DUH sicherte den klagenden Bürger:innen von der Höri Halbinsel in einer am Dienstag veröffentlichen Pressemitteilung auch für alle weiteren notwendigen Schritte ihre Unterstützung zu. "Wir fordern von der Bundesregierung, dass sie Menschen, die unter hohem Verkehrsaufkommen, Rasern und Verkehrslärm leiden, endlich hilft", sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Tempo 30 innerorts müsse Regelgeschwindigkeit sein, betonte er.
Zu den Gründen für die Urteile will sich das Gericht nach eigenen Angaben erst zu einem späteren Zeitpunkt äußern - ein Termin dafür wurde nicht genannt. Die Kläger könnten innerhalb eines Monats beim Verwaltungsgerichtshof Mannheim beantragen, eine Berufung zuzulassen, teilte das Gericht mit.
dpa/mw/LTO-Redaktion
VG Freiburg zu freiwillig aufgestellten Verkehrsschildern: . In: Legal Tribune Online, 17.10.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52935 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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