"Wir haben da etwas vorbereitet" tat der Vorsitzende Richter nach dem Geständnis von Gil Ofarim kund. Das Verfahren wurde eingestellt, ohne Hinweis auf eine Verständigung. Deal ohne Absprache nach § 257c StPO? Geht das rechtlich, Thomas Fischer?
Problemstellung
Vor wenigen Wochen ist vom Landgericht Leipzig das Strafverfahren wegen Verleumdung gegen den Sänger Gil Ofarim, dem Publikum bekannt als gescheiterer Eincheck-Petent in einem großen Hotel in Leipzig/Germany, "gem. § 153a Abs. 2 StPO" vorläufig eingestellt worden.
Im (vorläufig) finalen Hauptverhandlungstermin kündigte der Vorsitzende der Strafkammer diese Verfahrensbehandlung, dem LTO-Verhandlungsbericht zufolge, mit den Worten an: "Wir haben da mal was vorbereitet", verbunden mit einer Bezugnahme auf Fernseh-Kochshows. Das war scherzhaft gemeint, in der metaphorischen Verbindung von ernsthafter Strafjustiz und unernsthaftem Showbusiness aber eher unangemessen und daher durchaus bemerkenswert.
Einstellung gegen Auflage
§ 153a Abs. 1 und Abs. 2 StPO lauten (auszugsweise):
(1) Mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts und des Beschuldigten kann die Staatsanwaltschaft bei einem Vergehen vorläufig von der Erhebung der öffentlichen Klage absehen und zugleich dem Beschuldigten Auflagen und Weisungen erteilen, wenn diese geeignet sind, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen, und die Schwere der Schuld nicht entgegensteht. Als Auflagen oder Weisungen kommen insbesondere in Betracht,
1. (…),
2. einen Geldbetrag zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung oder der Staatskasse zu zahlen,
3. bis 8. (…)
Zur Erfüllung der Auflagen und Weisungen setzt die Staatsanwaltschaft dem Beschuldigten eine Frist (…). Erfüllt der Beschuldigte die Auflagen und Weisungen, so kann die Tat nicht mehr als Vergehen verfolgt werden (…)
(2) Ist die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren vorläufig einstellen und zugleich dem Angeschuldigten die in Absatz 1 Satz 1 und 2 bezeichneten Auflagen und Weisungen erteilen.
Im Fall O. wurde vom Gericht – mit Zustimmung des Beschuldigten und der Staatsanwaltschaft – eine Auflage nach Nr. 2 erteilt, nämlich die Zahlung von jeweils 5.000 € an zwei gemeinnützige Organisationen. Dass die durch diese Auflage Begünstigten in diesem Fall solche waren, deren Gemeinnutz sich aus dem Vertreten der Interessen "jüdischen Lebens in Deutschland" ergibt, war im konkreten Fall zwar symbolisch bedeutsam, in der rechtlichen Sache aber belanglos. Die Staatsanwaltschaft (Abs. 1) oder das Gericht (Abs. 2) können jede beliebige gemeinnützige Organisation oder Stelle, alternativ auch die Staatskasse (Landeskasse) als Begünstigten bestimmen. Die (geringe) Höhe der konkreten Zahlungsauflage sorgte in der Öffentlichkeit für Unmut, lässt sich aber aus der Ferne kaum beurteilen. Sie könnte auch die Vermutung nahelegen, dass der Beschuldigte bisher nicht zu großem Reichtum gelangt ist.
Opportunität
§ 153a StPO wurde, wie § 153 und §§ 153b bis 153e, durch das Einführungsgesetz zum StGB vom 2.3.1974 in die Strafprozessordnung (StPO) eingefügt. Ziel war es, das strenge Legalitätsprinzip, also die Pflicht zur Verfolgung aller Straftaten durch die staatliche Justiz (§§ 152 Abs. 1, 170 Abs. 1 StPO), zugunsten einer "flexibleren" Regelung einzuschränken, die Staatsanwaltschaften und Gerichte entlastet. Im engeren Sinn handelt es sich dabei nicht um die Anwendung eines dem Ermessen freigegebenen "Opportunitätsprinzips", denn die Einstellungsmöglichkeit ist von bestimmten Voraussetzungen abhängig. Allerdings besteht für deren Feststellung ein weiter Beurteilungsspielraum.
Ursprünglich sollte die Einstellungsmöglichkeit gegen Auflagen und/oder Weisungen sich auf Bagatell- und Kleinkriminalität beschränken. Der Raum der Anwendung ist aber über die Jahrzehnte von der Praxis immer mehr ausgeweitet worden. Im "Gesetz zur Entlastung der Rechtspflege" vom 1.11.1993 hat der Gesetzgeber dann die frühere Voraussetzung, dass "die Schuld gering" sein müsse (so noch in § 153 StPO – Einstellung ohne Auflagen), dahin geändert, dass "die Schwere der Schuld nicht entgegenstehen" dürfe. Damit ist zwar nicht dasselbe gemeint wie etwa in § 57a StGB ("besondere Schwere der Schuld"). Trotzdem wurde der Anwendungsbereich der Vorschrift bis weit in den Bereich mittlerer Kriminalität ausgeweitet, so dass heute die einzige noch bestehende absolute Grenze die ist, dass die eingestellte Tat ein Vergehen sein muss und kein Verbrechen (Mindeststrafdrohung ein Jahr, siehe § 12 StGB) sein darf.
Das Letztere führt in der Verfahrenspraxis nicht ganz selten zu erstaunlichen Ermittlungs- und Deutungskompromissen, wenn es darum geht, die Anwendung eines Verbrechenstatbestands zu vermeiden, um den Weg zur Anwendung von § 153a StPO offen zu halten. Dass ein besonderer Verfolgungseifer insoweit auch zu kontraproduktiven Ergebnissen führen kann, hat etwa die letzte Verschärfung des § 184b Abs. 3 StGB (Unternehmen des Sich-Verschaffens eines kinderpornografischen Inhalts oder Besitzen eines solchen) gezeigt, wonach nun schon der gescheiterte oder untaugliche Versuch (!), im Internet ein einziges kinderpornografisches Bild zu finden, mit Freiheitsstrafe von 1 bis 10 Jahren bedroht ist. Damit ist der – ziemlich große – Bagatellbereich von Vornherein von einer Einstellung gegen angemessene Auflagen und Weisungen ausgeschlossen. Eine (Rück)änderung ist allerdings in Sicht.
Im Übrigen sollte man die verbreitete Annahme mit Fragezeichen versehen, wonach die an verschiedenen Stellen des Strafgesetzbuchs (vgl. z.B. § 59a StGB) aufgeführten "Auflagen", sofern sie entweder in der Zahlung einer Geldsumme (meistens) oder der Leistung von Arbeitsleistungen (weniger häufig) zugunsten gemeinwohl-orientierter Begünstigter bestehen, stets eine Wohltat für die Beschuldigten sind.
Wie das Wasser stets bergab fließt, bahnt sich auch die "Entlastung" in einem Justizsystem ihren Weg durch die Gebirge der Vorschriften und Prinzipien. Dies geht erst recht dynamisch voran, wenn das Ergebnis auch noch als besonderes Verdienst und erstrebenswerte Förderung des Gemeinwohls dient. Eine Geldauflage in Höhe von 100 Mio. Euro zu Gunsten der Staatskasse etwa, anstatt einer quälend langen Hauptverhandlung mit ungewissem Ausgang, hat ja durchaus viele Vorzüge (Fall Ecclestone), und dass die materielle Gerechtigkeit eines solchen Ergebnisses geringer ist als die eines gerichtlichen Schuldspruchs mit einer moderaten Freiheitsstrafe, darf bezweifelt werden.
Missbrauch
Wo immer auf dieser Welt Machtgefälle bestehen, gibt es deren Missbrauch. Das gilt auch im Strafprozess. Hier gibt es die scheinbar eherne Macht der staatlichen Gewalt. Sie ist im Grundsatz unüberwindlich. Entgegen hierzulande heute weit verbreiteter Ansicht ist der Staat kein treusorgendes Elternpaar, das seine Kinder mit fürsorgender Kontrolle überzieht, mit liebevoller Strenge erzieht und mit Wohltaten beglückt.
Macht und Gewalt des Staats gegenüber den Rechtsunterworfenen sind im Strafprozess verfassungsrechtlich "eingehegt". Es geht nicht (mehr) nur darum, wer die meisten Gewehre hat, sondern um eine Einschränkung der äußersten Macht in einer Balance von "Rechten". Eine Änderung der in Art. 1 und Art. 20 GG formulierten Grundsätze ist, solange die Bundesrepublik besteht, nicht möglich (sog. "Staatsidentität", siehe Art. 79 Abs. 3 GG).
Gegenmacht ist im Strafprozess rechtsgestützte "Verteidigungsmacht". Diese kann sich – auch – aus der Struktur und Gestalt eines Prozesses ergeben, der eigentlich gerade das Gegenteil bewirken will. Wenn etwa der Staat, statt wie jahrhundertelang zuvor ganz überwiegend nur Angehörige sozial machtloser Schichten wegen weithin "übersichtlicher" Straftaten zu verfolgen, sich entschließt, das Kriminalrecht ernsthaft und praktisch in einen Bereich auszudehnen, welcher die grundlegenden Strukturen und Bewegungsgesetze der Gesellschaft berührt, wird es schwierig:
"Untreue" (§ 266 StGB), "Betrug" (§ 263 StGB), geschäftliche Korruption (§§ 299 ff. StGB), Subventionsbetrug (§ 264 StGB) oder Steuerhinterziehung (§ 380 Abgabenordnung) sind Straftatbestände, die zwar nach volkstümlich verbreitetem Narrativ allesamt kriminell und nach Mitteilung entsprechender Wahlkampf- und Fensterreden "unnachgiebig" sowie "mit der vollen Härte des Gesetzes" zu verfolgen und zu bestrafen seien. Ganz so einfach ist es freilich nicht. Das fällt jedem Vertreter solcher Parolen spätestens dann auf, wenn er selbst wegen Betrugs zu Lasten der Arbeitsagentur verfolgt wird oder sämtliche Konten des von ihm geführten Handwerksbetriebs wegen Anfangsverdachts der Schwarzgeldzahlung gesperrt werden.
In zahllosen Fällen der Wirklichkeit, in denen tatsächliche oder angebliche Sprachrohre der Gerechtigkeit von der "vollen Härte" fantasieren, würde deren Entfaltung einen Aufwand voraussetzen, der organisatorisch schlichtweg nicht zu leisten, finanziell nicht zu verantworten und rechtspolitisch kaum zu vertreten wäre. Wenn die "Ausermittlung" eines Vergehens mit einem Schaden von 10.000 € voraussichtlich zwei Jahre dauern und Kosten in Höhe von 40.000 € verursachen würde, ist die Verlockung, die Sache gegen die Zahlung einer gemeinnützigen Geldbuße in Höhe von 15.000 € zu beerdigen, ziemlich groß. Das gilt für die Beamten der Staatsanwaltschaft, die im Zweifel noch weitere 400 "offene" Verfahren auf Lager haben, wie für die Bearbeiter bei den Amts- und Landgerichten mit monatlich 100 bzw. 10 Verfahrenseingängen.
Ein Sonderproblem ist die Zuweisung der auferlegten Geldbußen. Zwar sind Fälle selten, in denen Richter die Bußen bevorzugt der Kita ihrer eigenen Kinder oder ihrem eigenen Sportverein zuwenden. Es gibt aber gemeinnützige Vereine, die sich regelmäßig mit kleinen Aufmerksamkeiten (Kalender, Schreibtischutensilien) in Erinnerung bringen. Auch gelegentliche Einladungen zu kleinen Vorträgen können angenehm sein, ohne schon die Grenze zur Vorteilsannahme zu überschreiten. Zwar gibt es überall offizielle Listen der für eine Zuwendung in Betracht kommenden Organisationen, aber bei der Auswahl sind die Staatsanwälte oder Richter frei.
Deal
Aus dieser hier nur andeutungsweise skizzierten Gemengelage entsteht in der Praxis ein kompliziertes Gefüge von Rechtsanspruch, Machtdrohung und Erschwerungspotenzial. Missbrauchsmöglichkeiten bestehen auf jeder Seite: Es gibt einerseits Verteidiger-Anrufe bei Staatsanwaltschaft oder Gericht mit der Botschaft "Wir können entweder zwei Jahre lang verhandeln oder die Sache innerhalb von zwei Stunden erledigen". Es gibt ebenso oft Hinweise von Strafverfolgungsbehörden, wonach dem Beschuldigten ein günstiger Verfahrensausgang in vielleicht zwei Jahren gewiss auch nichts mehr nützen werde, weil bis dahin seine Existenz vernichtet sei, ein passendes "freimütiges" Geständnis die Lage für alle Beteiligten aber wesentlich entspannen könne.
Das ähnelt der Zustellung eines Strafbefehls (§ 407 StPO), mit dem Geldstrafen und bei verteidigten Beschuldigten sogar zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr* verhängt werden können. Es handelt sich auch hier in vielen Fällen um "Deal"-Angebote unterhalb des (oder: neben dem) gesetzlichen Absprache-Verfahrens. Es kann für alle Seiten erhebliche Vorteile mit sich bringen, und bleibt fast vollständig unterhalb der Schwelle öffentlichen Bekanntwerdens. Gerade da, wo lange und aufwändige Verhandlungen und öffentliche Skandalisierung eine mögliche Strafe fast schon vorwegnehmen oder gar übertreffen (z. B. Wirtschaftsstrafverfahren), bietet sich die Zustimmung zu einem solchen Vorschlag nicht selten als geringeres Übel an, selbst wenn die Schuld weiterhin bestritten wird.
Schon im Bereich des "offiziellen" Abspracheverfahrens nach der StPO (siehe § 257c StPO) ist es nicht möglich, aus der jeweiligen Sache erwachsenden informellen Macht-Konstellationen und -Kompromisse zu vermeiden. Im regelfernen, illegalen Bereich, der nach Kenntnis des Bundesverfassungsgerichts weiterhin einen erheblichen Teil der Strafrechtspraxis ausmacht, besteht überhaupt keine Kontrolle außer der Omertá der Beteiligten. Dies ist hier deshalb zu erwähnen, weil die Regelungen zur Absprache nach der Entscheidung des BVerfG vom 19.3.2013 (2 BvR 2628/10, BVerfGE 126, 170) bekanntlich nur unter der Bedingung verfassungskonform sind, dass sie in der Praxis ernsthaft durchgesetzt werden. Das zur entsprechenden Überprüfung erstattete Gutachten zur Überprüfung erbrachte, dass auch nach acht Jahren das Gegenteil der Fall ist (siehe Jahn/Altenhain/Kinzig, Die Praxis der Verständigung im Strafverfahren, 2021). Konsequenz des "Volle Härte"-Gesetzgebers: Null.
Deal und Absprache
Zwischen der Formalisierung des Opportunitätsprinzips in § 153a StPO und der gesetzlichen Legitimierung der Absprache in § 257c StPO (mit allerlei Begleit- und Folge-Regelungen) im Jahr 2009 besteht eine dogmatisch nebelhafte, gleichwohl von der herrschenden Meinung als wenig belangvoll angesehene geheime Verbindung.
Denn wie auch immer man die in § 153a StPO vorausgesetzte "Zustimmung" der jeweils anderen Verfahrensbeteiligten einschätzen mag, handelt es sich doch in der Sache offenkundig um ein Verfahren der "Verständigung": Staatsanwaltschaft, Gericht und Beschuldigter vereinbaren – wo, warum, wie und wann auch immer – es stehe die Schwere der (voraussichtlichen) Schuld der beschuldigten Person einer Verfahrenseinstellung vor oder nach Anklageergebung, im Ermittlungs-, Zwischen- oder Hauptverfahren "nicht entgegen". Ausgeschlossen vom Zustimmungserfordernis sind, wie auch bei der gesetzlichen Verfahrensabsprache, Nebenkläger und Verletzte. Denn von ihrer Seite würde die Zustimmung vermutlich oft verweigert, was die angestrebte "Verschlankung" des Verfahrens verhindern würde. Da ein Beschluss nach § 153a StPO auch nicht anfechtbar ist, steht die von der Tat verletzte Person dem Lauf der Justizentlastung also nie entgegen.
Von vermutlich 99,9 Prozent dieser Vereinbarungen über Zustimmungen erfährt die Öffentlichkeit, also die Rechtsgemeinschaft, in deren Namen und Interesse dies geschieht, nichts. Dies wird dem Beschuldigten zur Appetitanregung auch regelmäßig versichert. Ausnahmen kommen vor (Kohl, Ecclestone, HSH-Nordbank), werden kurz so oder so skandalisiert und versinken alsdann im Orkus einer medial geschürten allgemeinen Unzufriedenheit wegen angeblich allgegenwärtiger Ungerechtigkeit.
Da stellt sich die Frage, was die "Opportunität" im Sinne von § 153a (und § 153) StPO mit der "Absprache" im Sinne von § 257c sowie deren Vorbereitungsstadien (siehe §§ 160b, 202a, 257b StPO) zu tun hat. Im Verfahren gegen Ofarim erklärte, Presseberichten zufolge, der Vorsitzende im letzten Hauptverhandlungstermin: "Wir haben da etwas vorbereitet".
Dies kam, soweit ersichtlich, als menschelnde Justiz verbreitet gut an und war gewiss gut gemeint. Gleichwohl wirft es einen bezeichnenden Schatten aufs Prozedere und aufs Ganze: Die rechtswirksame und revisionsfeste Vereinbarung einer Absprache im formellen Sinn verlangt, nach der Rechtsprechung des BVerfG und ständiger Rechtsprechung des BGH, eine aufwändige, präzise und umfangreiche Dokumentation der Absprache-Gespräche. Dabei müssen – unter anderem – sowohl die wesentlichen Argumente als auch die Vorschläge der Absprache-Beteiligten im Einzelnen aufgezeichnet und vom Gericht in der öffentlichen Hauptverhandlung mitgeteilt werden. Auch alle Aktivitäten zur Anbahnung solcher Gespräche müssen nachvollziehbar, lückenlos und glaubhaft in den Akten dokumentiert werden.
Die Methode "Wir haben da was vorbereitet" als Einführung und (formal ausreichende) abschließende Legitimation einer Vereinbarung über eine Verfahrenseinstellung gem. § 153a StPO erscheint demgegenüber wie ein Scherz aus einer vergangenen Prozesswelt. Es ist darauf hinzuweisen, dass im konkreten Fall Ofarim das Gericht durchaus weitergehenden öffentlichen Begründungsaufwand betrieben hat; der Fall wird hier daher auch nur – wegen des zitierten schönen Einführungssatzes – als Aufhänger benutzt. Die Frage kann an dieser Stelle nicht vertieft behandelt werden.
Antworten im Ergebnis
1. Verfahrenseinstellungen nach § 153a StPO oder § 153 StPO sind seit 1974 "Deals". Seit 2009 sind sie "Deals ohne Absprachen", eine legalisierte Form von Absprachen unter Außerachtlassung aller für diese geregelten formellen Voraussetzungen.
2. Die Praxis der Absprachen im Strafprozess widerspricht schon im Allgemeinen in weiten Bereichen evident den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts. Dies gilt erst recht für die Praxis der Anwendung von § 153a StPO, die in der Sache eine Verständigung über das Maß der Schuld sowie eine schuldangemessene Sanktionierung durch eine weisungsgebundene Exekutivbehörde (Staatsanwaltschaft) oder ein Gericht voraussetzt.
3. Die formelle und materielle Behandlung der Verfahrenseinstellung nach § 153a StPO steht im Widerspruch zur Regelung und zu den rechtlichen Anforderungen einer Verfahrensabsprache.
* An dieser Stelle hieß es zunächst, im Strafbefehlsverfahren sei eine Bewährungsstrafe von bis zu zwei Jahren möglich. Korrigiert am 02.01.2024, 17:58 Uhr (Red.).
Eine Frage an Thomas Fischer: . In: Legal Tribune Online, 30.12.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/53519 (abgerufen am: 15.11.2024 )
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