Wie aus heiterem Himmel schmeißen wichtige Leistungsträger die Brocken hin und kündigen – eine brenzlige Situation, die jede Kanzlei treffen kann. Erst vor wenigen Monaten ist das der mittelständischen Kanzlei Buse Heberer Fromm passiert. Sie musste den Weggang aller Frankfurter Partner verkraften, jetzt geht sie den Wiederaufbau an.
Jan Tibor Lelley, Equity-Partner bei Buse Heberer Fromm, erinnert sich noch gut an die Tage im vergangenen Herbst, als alle drei Vollpartner des Frankfurter Büros ihre Kündigung eingereicht haben: "Damit hatten wir nicht gerechnet", sagt er. "Es war eine unschöne Situation." Das Büro am Main stand nun plötzlich ohne Partner und damit ohne Führung da.
Dass die anderen Partner vom Ausstieg der Frankfurter derart überrascht waren, liegt an einer Besonderheit der Kanzlei. Buse Heberer Fromm hält das Subsidiaritätsprinzip hoch, wonach die einzelnen Standorte weitgehend autonom arbeiten und ein hohes Maß an Eigenverantwortung haben. Anders als in anderen Kanzleien, wo dem Ausstieg von Partnern meist ein schleichender und langwieriger Trennungsprozess vorausgeht – und am Ende alle Seiten froh sind, wenn es zum Abschied kommt – kam das Aus in Frankfurt Knall auf Fall.
Unterstützung von anderen Standorten, Seiteneinsteiger auf Partnerebene
Im Rückblick hält Lelley das zwar für die bessere Lösung, denn "ein längerer Prozess hätte das Risiko beinhaltet, dass auch das Klima vergiftet wird". Doch mit dem abrupten Weggang der drei Partner stellt sich für die Kanzlei auch die Frage nach der Zukunft des Frankfurter Standorts. In einer Sondersitzung beschloss der Partnerrat wenige Tage nach den Kündigungen, das Büro am Main nicht aufzugeben – eine Option, die allerdings ohnehin nicht ernsthaft diskutiert wurde.
Die Associates und das nicht-anwaltliche Personal erhalten die Zusage, dass es keine Entlassungen geben wird. Ein Schritt, der "Wunder bewirkt" und die angstvolle Situation bei der verbliebenen Frankfurter Mannschaft entspannt hat, wie Lelley berichtet. Er selbst erhielt vom Partnerrat den Auftrag, den Wiederaufbau zu koordinieren. Anwälte aus den Standorten Berlin und Essen unterstützen Frankfurt, bis das Büro wieder auf eigenen Beinen steht.
Mit Seiteneinsteigern auf Partnerebene will die Kanzlei den Bereich Bank- und Finanzrecht sowie Gesellschaftsrecht und M&A neu- bzw. wiederaufbauen. Hier konnte die Kanzlei zwar bislang noch keinen Vollzug melden, doch Lelley ist zuversichtlich, dass der Standort von aktuell neun Berufsträgern in den nächsten zwölf bis fünfzehn Monaten auf 25 Berufsträger anwachsen wird. "Damit haben wir eine gute Ausgangsbasis, um sowohl im Frankfurter Markt als auch innerhalb der Kanzlei die Flughöhe zu erreichen", sagt er.
Wetten auf den Zerfall
Nicht nur intern löst der Abgang wichtiger Partner immense Unsicherheit aus. Für die Außenwahrnehmung einer Kanzlei ist solch ein Ereignis wohl der größte anzunehmende Unfall. Die Personalwechsel bei Buse Heberer Fromm werden den Anwaltstratsch in Frankfurt einige Wochen lang bestimmt haben, und auch so mancher Mandant wird sich gefragt haben, was denn da bei seiner Kanzlei los ist. Man spekulierte damals laut, dass die Weggänge strategisch motiviert gewesen seien und einen Zerfall der gesamten Kanzlei einläuten würden. Denn kurz vor den Kündigungen hatte die Kanzlei das Ziel ausgerufen, mehr standortübergreifend zusammenzuarbeiten und sich stärker nach Branchen auszurichten – für eine Kanzlei, die bislang betont auf Eigenverantwortlichkeit setzte, ein weitreichender Entschluss, den vermutlich nicht alle Anwälte gleichermaßen befürworteten.
Unwillkürlich werden Erinnerungen wach an Graf von Westphalen, die 2010 den Verlust der Büros in Freiburg und Köln verkraften musste. Damals hatte ein neues Management verschiedene Maßnahmen angestoßen, um Kanzleistrukturen zu modernisieren und die Zusammenarbeit zwischen den Standorten zu stärken. Die Büros in Freiburg und Köln wollten dies in der geplanten Form nicht mittragen und reichten – für Außenstehende völlig überraschend – die Kündigung ein. Auf einen Schlag verlor die Kanzlei ein Drittel der Berufsträger, und in der Szene wurden schon Wetten darauf abgeschlossen, wie lange es dauern würde, bis die Traditionskanzlei komplett zerfällt.
Nichts davon ist geschehen, im Gegenteil: Sowohl GvW Graf von Westphalen als auch Friedrich Graf von Westphalen & Partner, wie die beiden Kanzleien heute heißen, gehen ihren Weg und zeigten sich zuletzt recht expansiv. GvW machte den Verlust des Standorts im Rheinland mit einem neuen Büro in Düsseldorf wett, die Freiburg-Kölner Sozietät eröffnete Anfang 2014 ein Büro in Frankfurt. Heute sorgt nur noch die verwirrende Namensähnlichkeit der Kanzleien für Gesprächsstoff.
Auch bei Buse Heberer Fromm sollten die Schwarzmaler nicht Recht behalten. Die Trennung läuft relativ geräuschlos ab, innerhalb weniger Monate haben Kanzlei und Partner ihre Geschäftsbeziehungen beendet. Denn auch wenn es nach der reinen Lehre im Kanzleimanagement wirtschaftlich nicht vorteilhaft ist, dass jeder Partner seinen eigenen Mandantenstamm betreut und es keine Synergien mit anderen Praxisgruppen gibt – im Fall einer Abspaltung erleichtert das vieles, weil kein heftiger Kampf um die Mandanten entbrennen muss.
Gardening Leave soll Wechsler abschrecken
Ganz anders laufen Partnerweggänge in straff gemanagten Großkanzleien ab. Anwälte, die Umsätze in Millionenhöhe einbringen, lässt keiner gerne ziehen. Die Drohung eines "Gardening Leave" soll schon manchen Wechselwilligen abgeschreckt haben. So beharren einige Kanzleien auf einer langen Kündigungsfrist und koppeln den Partner zugleich möglichst vom Mandantenkontakt ab.
In letzter Zeit hatten darunter einige Anwälte zu leiden, die zu Allen & Overy wechseln wollten. Die Kanzlei hat einige hochkarätige Partner von Wettbewerbern abgeworben – und war jedes Mal sehr schnell damit, die Neuzugänge zu vermelden, ohne dass feststand, wann der Wechsel überhaupt stattfinden wird. Einige der abgebenden Kanzleien haben – aus purer Verärgerung über das Vorgehen von Allen & Overy – die wechselwiligen Partner so lange in ihrer Kanzlei gehalten, wie es die Kündigungsfrist erlaubte, das war teilweise mehr als ein Jahr. Und sie haben die Zeit natürlich genutzt, die Mandanten vom abtrünnigen Partner loszueisen.
Andere Kanzleien handeln nach dem Motto "Reisende soll man nicht aufhalten", und auch Lelley findet: "Es macht die Sache nicht besser, wenn man noch ein Jahr lang gemeinsam in einem Büro sitzt. Denn in Gedanken ist sowohl die Kanzlei als auch der Partner, der gehen will, schon beim nächsten Schritt."
Die nächsten Schritte bei Buse Heberer Fromm hat das Management jedenfalls schon klar definiert: Das wiederbelebte Frankfurter Büro soll zum Vorzeigeprojekt der neuen Kanzleistrategie werden, die Anwälte werden von Anfang an eng mit den Kollegen anderer Standorte zusammenarbeiten und in Praxisgruppen integriert. Nun muss die Kanzlei ein gutes Händchen bei der Auswahl der Neuzugänge beweisen. Dann könnte es dazu führen, dass ausgerechnet die Partnerweggänge in Frankfurt den entscheidenden Schub geben für die Neuausrichtung von Buse Heberer Fromm.
Anja Hall, Kanzleien in der Krise: . In: Legal Tribune Online, 30.07.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/12724 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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