Mehrere hundert Anleger in Deutschland haben, vertreten durch Quinn Emanuel, Klage gegen die Volkswagen AG wegen des Abgasskandals eingereicht. Unterdessen will eine niederländische Stiftung einen Vergleich mit dem Autobauer erreichen.
Wie die auf Prozessführung spezialisierte Kanzlei Quinn Emanuel mitteilt, handelt es sich um die erste von zwei Klagen institutioneller Anleger gegen die Volkswagen AG, die gemeinsam mit dem Prozessfinanzierer Bentham Europe eingereicht wurde. Die Kläger, darunter Staatsfonds, internationale Vermögensverwalter, Pensionsfonds und Stiftungen, behaupten, durch den Fall des Aktienkurses Verluste von mehreren hundert Millionen Euro erlitten zu haben.
Bereits im Oktober 2015 hat die Anlegerschutz-Kanzlei Tilp die nach eigenen Angaben erste Klage gegen Volkswagen beim Landgericht Braunschweig eingereicht, inzwischen sollen mehr als hundert Verfahren anhängig sein.
Die Klagen stehen in Zusammenhang mit dem erheblichen Kursfall der Stamm- und Vorzugsaktie der Volkswagen AG in der Woche vom 21. September 2015. Volkswagen hatte damals eingestanden, seit Jahren "defeat device"-Software in Diesel-Pkw installiert zu haben. Dies könnte hohe Geldstrafen für das Unternehmen in den USA und anderen bedeutenden Märkte nach sich ziehen. Anlegervertreter sind der Meinung, dass Volkswagen die Öffentlichkeit zu spät über die Manipulationen bei der Abgasreinigung und die damit verbundenen Milliardenrisiken informiert hat. Das Unternehmen weist diese Vorwürfe jedoch zurück.
"Prüfstein für die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktrechts"
"Die Anlegerklagen gegen VW sind für die praktische Funktionsfähigkeit des deutschen Kapitalmarktrechts ein wichtiger Prüfstein", glaubt Dr. Nadine Herrmann, die für Quinn Emanuel das Verfahren in Deutschland führt. "Sollte es VW tatsächlich gelingen, mit fadenscheinigen Ausreden wie angeblich fehlender Kenntnis der gesellschaftsrechtlichen Vertretungsorgane von der systematischen Abgasmanipulation, eine Haftung zu vermeiden, wäre auch der Kapitalmarktstandort Deutschland dauerhaft beschädigt. Wenn es je einen Skandal gegeben hat, der eine nachhaltig spürbare Durchsetzung von Anlegerrechten im Bereich der Anlasspublizität erfordert, dann ist das sicherlich dieser Fall."
Unterdessen hat die niederländische Stiftung "Volkswagen Investors Claim" den Autokonzern erneut zu einem Vergleich aufgefordert, mit dem der finanzielle Schaden aus dem Diesel-Skandal für Investoren ausgeglichen werden könnte. Ein gerichtlich bestätigter Vergleich nach niederländischem Recht könnte europaweit angewendet werden.
Die Stiftung vertritt nach eigenen Angaben Investoren aus 26 Ländern mit 13 Milliarden Euro investiertem Kapital. Zu 95 Prozent handele es sich um Eigner von Unternehmens-Anleihen und Finanzprodukten. Zur Höhe des aus ihrer Sicht entstandenen Kapitalschadens äußerte sich die Stiftung nicht.
Deutsche Anleger müssen spätestens im September Klage einreichen, denn die Verjährungsfrist greift voraussichtlich am 18. September, dem Jahrestag der ersten VW-Veröffentlichung zum Abgasskandal.
ah/LTO-Redaktion mit Material von dpa
Dieselgate: . In: Legal Tribune Online, 21.06.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19743 (abgerufen am: 06.11.2024 )
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