Kanzleien können in Deutschland in engen Grenzen Erfolgshonorare mit Mandanten vereinbaren. Dadurch werden sie mit ins Risiko genommen. Eine ernsthafte Option? Worauf müssen Kanzleien achten? Wann lohnt sich das überhaupt?
Ein Stoff wie aus einem Hollywood-Film: Zwei US-amerikanische Erben von Juden, die in der Nazi-Zeit enteignet wurden, kämpfen um eine Entschädigung. Sie sind weitgehend mittellos und sprechen deshalb mit ihrer deutschen Rechtsanwältin ab, dass sie für die rechtliche Beratung und Vertretung ein Drittel der Entschädigungssumme bekommt, wenn sie erfolgreich ist.
Die Anwältin schafft es, dass die zuständige Oberfinanzdirektion einen Entschädigungsanspruch festsetzt. Sie behält entsprechend der Vereinbarung ihren Anteil der Entschädigungssumme ein - und bekommt vom Anwaltsgericht eine Geldbuße von 25.000 Euro aufgebrummt.
Der Fall kommt vor das Bundesverfassungsgericht. Und das Gericht stellt fest: Das ausnahmslose Verbot für Anwälte, mit ihren Mandanten eine Erfolgsvergütung zu vereinbaren, ist verfassungswidrig.
Anwälte sollen Teil des Risikos tragen
Das deutsche Berufsrecht hat einige Zeit gebraucht, um die strengen Gebührenvorschriften, die lange Zeit für Anwälte galten, zu lockern und Anwälten Freiräume zu geben, weitergehende Vereinbarungen mit ihren Mandanten zu treffen. Seit 2008 ist das Erfolgshonorar nun erlaubt. Von BRAK und DAV wurde dieser Schritt ausdrücklich begrüßt. Aber ist es heute für Kanzleien eine ernsthafte Option?
Es bestehe ein gewisses Bedürfnis der Mandanten nach einem Share-the-Pain, heißt es in einer großen deutschen Kanzlei. Der Rechtsanwalt oder die Kanzlei soll beim Risiko mit ins Boot geholt werden. Der Gedanke dahinter: Kosten fallen erst dann an, wenn "geliefert" wird. Und wer Risiken mitträgt, geht die Vertretung mit mehr Elan an, als ohne.
Unter Kanzleien gibt es zwei Haltungen hierzu: Die einen glauben, dass man dem Mandanten entgegenkommen müsse, weil man ihn sonst verliere. Die anderen sind davon überzeugt, dass ein guter Anwalt, der seinen Beruf seriös ausübt, immer und ausschließlich die Interessen seines Mandanten verfolgen werde. Ein Erfolgshonorar sei dafür nicht notwendig.
Viel Spielraum im deutschen Recht
Kein Rechtsanwalt ist dazu gezwungen, seinem Mandanten diese Honorarart anzubieten. Wer es jedoch tut, muss einiges beachten. Denn zu einer vollständigen Öffnung konnte der sich Gesetzgeber dann doch nicht durchringen.
Im internationalen Vergleich lässt das deutsche Recht viel Spielraum, Erfolgshonorare zu vereinbaren. Während in vielen Ländern etwa Straf- und Familienrechtssachen vom Erfolgshonorar ausgenommen sind, können in Deutschland in sämtlichen Rechtsgebieten entsprechende Vereinbarungen getroffen werden. Und auch bei der Ausgestaltung sind die Freiräume in Deutschland groß. Von der kleinen Lösung, etwas mehr Geld bei Erfolg zu bekommen und etwas weniger bei Misserfolg, bis zur großen Lösung, nämlich bei Misserfolg überhaupt kein Honorar vom Mandanten zu bekommen, ist in Deutschland alles möglich.
Doch in einem wesentlichen Punkt gibt es eine Einschränkung: Das Erfolgshonorar steht unter der Bedingung, dass der Mandant wegen seiner wirtschaftlichen Verhältnisse ohne die Vereinbarung eines Erfolgshonorars von der Rechtsverfolgung abgehalten würde. Dies ist zum Beispiel in Konstellationen denkbar, bei denen Rechtsverfolgungskosten sehr hoch und gleichzeitig Erfolgschancen recht niedrig sind.
Henning Zander, Erfolgshonorar: . In: Legal Tribune Online, 19.06.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15904 (abgerufen am: 21.11.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag