Mit Exportkreditgarantien schützt die Bundesrepublik Exporte deutscher Unternehmer ins Ausland vor Ausfällen. Für die Türkei könnte das künftig nicht mehr gelten, erläutert Sandra Pfister.
Exportkreditgarantien – umgangssprachlich auch "Hermesdeckungen" genannt – sind Versicherungen der Bundesrepublik Deutschland für Exporte deutscher Unternehmen in politisch oder wirtschaftlich unsichere Länder. Sie sind seit nunmehr knapp 70 Jahren Bestandteil der deutschen Ausfuhrförderungspolitik der Bundesrepublik und dienen der Absicherung von Ausfuhrgeschäften deutscher Unternehmen gegen wirtschaftlich oder politisch bedingte Zahlungsausfälle.
Die Hermesdeckungen sind in unterschiedliche internationale Regeln und Vereinbarungen zum Schutz des freien Welthandels eingebunden, darunter der in das EU-Recht übernommene OECD-Konsensus. Dieser ist für alle OECD-Länder verbindlich und setzt bereits seit 1978 einheitliche Mindeststandards für Exportkredite mit einer Mindestlaufzeit von zwei Jahren, die wie die Hermesdeckungen durch eine staatliche Exportkreditversicherung unterstützt werden.
Damit soll sichergestellt werden, dass der Wettbewerb über den Preis und die Qualität der Exportprodukte geführt wird und nicht über Umfang und Konditionen der staatlichen Unterstützung. Darüber hinaus bilden das Grundgesetz, das jährliche Haushaltsgesetz sowie untergesetzliche Richtlinien des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) die rechtliche Grundlage für die Übernahme von Hermesdeckungen in Deutschland.
Welche Exporte abgesichert werden
Antragsberechtigt sind deutsche exportierende Unternehmen ("Exporteur") und deutsche Kreditinstitute, die Geschäfte solcher Exporteure finanzieren. Weitere Voraussetzungen für die Ausstellung einer Hermesdeckung sind:
- das zu versichernde Ausfuhrgeschäft betrifft ein Käuferland mit erhöhten Risiken;
- das Ausfuhrgeschäft ist förderungswürdig, d.h. neben dem allgemeinen Exportinteresse werden etwa Arbeitsplätze gesichert oder außenpolitische Ziele erfüllt; die Förderungswürdigkeit entfällt immer dann, wenn dem Ausfuhrgeschäft wichtige Interessen der Bundesrepublik Deutschland entgegenstehen; und
- es besteht eine vernünftige Aussicht auf einen schadenfreien Verlauf.
Der Exporteur zahlt für die Hermesdeckung eine Prämie, bestehend aus Bearbeitungsgebühr und Entgelt für die Deckungsübernahme. Die Höhe der Bearbeitungsgebühr ist von der Höhe des Auftragswerts abhängig. Die Höhe des Entgelts hingegen richtet sich im Wesentlichen nach der Länderkategorie, in die das Käuferland eingestuft ist ("Länderrisiko"). Diese Einstufung berücksichtigt zum Beispiel das Risiko des Zahlungsausfalls durch kriegerische Ereignisse, Enteignungen, Nichtkonvertierung von Währungen oder Beschlagnahmen.
Der Exporteur trägt sodann je Schadensfall eine Selbstbeteiligung von regelmäßig fünf Prozent für politische Risiken und 15 Prozent für Nichtzahlung- beziehungsweise Insolvenzrisiken des Käufers. Anträge auf Hermesdeckungen werden über die Euler Hermes Aktiengesellschaft abgewickelt. Über Grundsatzfragen und die Indeckungnahme großer Exporte entscheidet ein Interministerieller Ausschuss unter Federführung des BMWi.
Das Länderrisiko Türkei
Zuletzt hat Euler Hermes am 22. Juni 2017 Informationen über die Einschätzung des Länderrisikos Türkei veröffentlicht. Danach liegt das Länderrisiko des NATO-Partners Türkei auf einer Skala von AA1 bis D4 auf C3 ("sensitive"). Positives sieht Euler Hermes in der wichtigen geostrategischen Lage der Türkei in Vorderasien und der damit verbundenen Möglichkeit, als Bindeglied zwischen Europa, dem Mittleren Osten und Nordafrika sowie Asien zu dienen. Angemessen bewertet sie zudem die türkische Staatsfinanzierung und dasGeschäfts- und Wirtschaftsumfeld.
Als problematisch stuft Euler Hermes die Anfälligkeit der Wechselkurse, die (mangelnde) wirtschaftspolitische Reaktionsfähigkeit, das anhaltend hohe Leistungsbilanzdefizit und das Refinanzierungsrisiko insbesondere kleinerer Banken und Unternehmen ein.
Allerdings spricht Euler Hermes in Bezug auf die Türkei auch von einer "Achterbahnfahrt", die sich wohl auch in der Eskalation der deutsch-türkischen Beziehungen in der jüngeren Vergangenheit widerspiegelt. Hierzu zählt beispielsweise der Streit um den Besuch deutscher Parlamentarier bei in der Türkei stationierten Bundeswehrsoldaten auf dem NATO-Stützpunkt Konya. Oder die willkürliche Inhaftierung auch deutscher Staatsangehöriger in der Türkei.
Hinzu kommt der erst dementierte und jetzt als Versehen deklarierte Vorwurf der Türkei, dass auch prominente deutsche Unternehmen Verbindungen zu Terrororganisationen hätten. All dies und das Wissen um die Zwangsverwaltung von beinahe 1.000 Unternehmen Stand Mai 2017 nach dem gescheiterten Putsch im Juli 2016 aufgrund angeblicher Terrorsympathien fördert das Vertrauen in Transparenz und Rechtstaatlichkeit nicht. Außenminister Gabriel formulierte daher kürzlich: "Man kann niemandem zu Investitionen in einem Land raten, wenn es dort keine Rechtssicherheit mehr gibt und sogar Unternehmen, völlig unbescholtene Unternehmen, in die Nähe von Terroristen gerückt werden."
Politik überdenkt Hermesdeckung: . In: Legal Tribune Online, 26.07.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23629 (abgerufen am: 07.11.2024 )
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