Nach Schuss auf Großkanzlei-Anwalt: Alex­ander Falk muss ins Gefängnis

von Tanja Podolski

23.11.2022

Alexander Falk wird eine Haftstrafe verbüßen müssen. Der Erbe des Stadtplanverlags soll zu einem Schuss auf einen Wirtschaftsanwalt vor gut zwölf Jahren angestiftet haben. Der BGH hat seine Revision verworfen.

Der Erbe des Stadtplanverlages Alexander Falk wird in wenigen Wochen eine Haftstrafe antreten müssen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat seine Revision als unbegründet verworfen (BGH, Urt. v. 23.11.2022, Az. 2 StR 142/21). Damit ist das Urteil des Landgerichts (LG) Frankfurt am Main rechtskräftig (Urt. v. 09.07.2020, Az. 5/22 Ks 3390 Js 203753/19). Das Gericht hatte den heute 53-Jährigen wegen Anstiftung zur gefährlichen Körperverletzung schuldig gesprochen und ihn zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Es war überzeugt, dass Falk hinter dem Schuss auf den Anwalt einer Großkanzlei steckte. 

Im Februar 2010 hatten unbekannte Täter dem Rechtsanwalt vor dessen Wohnung in Frankfurt aufgelauert auf und ihm aus nächster Nähe ins linke Bein geschossen, als dieser in sein Auto einsteigen wollte. Der Durchschuss aus ca. 10 Zentimeter Entfernung war lebensgefährlich. Schon vor dieser Tat hatte es einen Anschlag auf die Wohnung des Anwalts und Bedrohungen gegeben. 

Das LG war davon überzeugt, dass Alexander Falk zu dieser Tat angestiftet hatte. Sein Motiv soll eine Entschädigungsklage gewesen sein, die der Anwalt – zunächst für Clifford Chance, später als Partner bei DLA Piper – gegen Falk vorbereitete. Denn der hatte beim Verkauf seines Unternehmens die Zahlen manipuliert. Falk habe von "schikanösen, ungerechtfertigten Angriffen durch J." gesprochen, hatte im BGH-Verfahren der Berichterstatter in diesem Fall, Alexander Meyberg, im Juli bei der Revisionsverhandlung berichtet.

Falk war wegen der Manipulation u.a. wegen versuchten Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt worden. Als er diese Haftstrafe verbüßte, hatte der Unternehmer Kontakt zu einem Bruderpaar bekommen, das später selbst oder durch weitere Täter den Anschlag auf den Anwalt verübte. 

So jedenfalls stellte sich der Sachverhalt nach der Hauptverhandlung für das LG dar. 

Anklage zunächst: Versuchte Anstiftung zum Mord

Angeklagt war seinerzeit allerdings zunächst versuchte Anstiftung zum Mord in Tateinheit mit Anstiftung zur gefährlichen Körperverletzung. Im Laufe der Hauptverhandlung änderte die Staatsanwaltschaft den Tatvorwurf hin zur Anstiftung zur gefährlichen Körperverletzung, einen entsprechenden Hinweisbeschluss hatte das LG erlassen. 

Gleichwohl war der veränderte Tatvorwurf einer der Gründe, auf die die Verteidiger von Falk ihre Revision stützen. So ging es bei der Verhandlung vor dem BGH im Juli 2022 detailliert um die Frage, ob noch ein einheitlicher Lebenssachverhalt und damit Tatidentität bestanden habe. 

Auch für den 2. Strafsenat am BGH war dies – ebenso wie zuvor für die Vorinstanz - zweifellos der Fall: "Die Staatsanwaltschaft fasst einen Sachverhalt in der Anklage zusammen, umreißt das Geschehen und verbindet dies mit einer rechtlichen Bewertung", erläuterte der Vorsitzende Richter des 2. Strafsenats, Ulrich Franke, bei der Urteilsverkündung am Mittwoch in Karlsruhe. Der Sachverhalt könne sich aber durchaus so ändern, dass die Bewertung von Mord auf Totschlag gehe, das sei in einer Hauptverhandlung ständige Praxis. Wichtig sei der – hier erfolgte – Hinweis und dass die "Nämlichkeit der Tat" gewahrt sei, also eine Tat iSd § 264 Strafprozessordnung (StPO) vorliege. "Das ist die ständige Rechtsprechung des BGH zum Tatbergriff des § 264 StPO", so Franke.

Falk habe die Brüder nur zu einer Körperverletzung, nicht zum versuchten Mord angestiftet – die Tatrichtung sei dabei aber identisch. "Die Tat richtet sich gegen die körperliche Unversehrtheit des Dr. J.", so Franke, damit verlasse die abgeurteilte Tat nicht den einheitlichen Lebenssachverhalt. 

Rechtlich bedenklich, aber kein Beruhen

Auch mit den weiteren Rügen kamen die Verteidiger von Falk nicht durch. Sie hatten moniert, dass die aus ihrer Sicht nur angeblich angestifteten Brüder nicht vor der Kammer oder in der Türkei kommissarisch oder per Videovernehmung vernommen worden sind. 

Die entsprechenden Anträge hatten die Verteidiger in der Hauptverhandlung mehrfach in verschiedenen Varianten gestellt, das LG hielt die Zeugen allerdings für unerreichbar und eine kommissarische oder audiovisuelle Vernehmung für nicht hinreichend ergiebig. 

An diesem Ergebnis äußerten die Richter am BGH jedoch rechtliche Bedenken. Eine Vernehmung der Brüder sei sicherlich schwierig gewesen, aber doch unter Umständen möglich.

Zwar hätten die Brüder ihr Erscheinen vor dem LG mehrfach abgelehnt, u.a. auch, weil gegen sie in Frankfurt und in Hamburg Verfahren anhängig waren. Dass sie sich also zur Sache geäußert hätten, könne bezweifelt werden – auch, weil sie ihre Aussagen immer wieder an neue Bedingungen knüpften. 

Auch die audiovisuelle Vernehmung zurückzuweisen, sehe der Senat aber mit rechtlichen Bedenken. Die habe er auch hinsichtlich der abgelehnten Verlesung von Stellungnahmen der Brüder. 

Allerdings habe sich die Kammer mit allen Punkten befasst, so dass der 2. Strafsenat davon ausgehe, dass das Urteil nicht auf diesen Gründen beruhe. 

Schlechteste Variante für Falk 

Für Alexander Falk ist heute das schlechteste Ergebnis herausgekommen, denn es wären zwei weitere Ergebnisse denkbar gewesen: Alternativ hätte der Senat die Entscheidung aufheben und an das Landgericht zurückverweisen können – dann wäre alles bei Null wieder neu verhandelt worden.

Oder der Senat hätte das Urteil des LG Frankfurt aufheben und selbst entscheiden können, falls er zu der Erkenntnis gekommen wäre, dass tatsächlich die falsche Tat angeklagt war. Dann hätte maximal noch eine Anstiftung zu einer gefährlichen Körperverletzung im Raum stehen können, die inzwischen verjährt wäre.

Für Verteidiger Prof. Dr. Björn Gercke ist das Ergebnis enttäuschend: "Der BGH ist leider auf halber Strecke stehen geblieben. Denn niemand kann wirklich sicher ausschließen, dass es jedenfalls bei Vernehmung der angeblichen Auftragnehmer nicht zu einem Freispruch gekommen wäre."

Der oder die Täter sind übrigens bis heute nicht gefunden, dabei hatten Clifford und DLA gemeinsam eine Belohnung in Höhe von 100.000 Euro ausgelobt.

Zitiervorschlag

Nach Schuss auf Großkanzlei-Anwalt: . In: Legal Tribune Online, 23.11.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/50259 (abgerufen am: 23.11.2024 )

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