Das City Hostel auf dem Gelände der nordkoreanischen Botschaft in Berlin muss schließen. Der Betrieb verstößt gegen UN-Sanktionen. Das hat das VG Berlin entschieden.
Der Name Otto Warmbier fällt nicht. Der US-amerikanische Student, der 2016 in Nordkorea festgenommen und gefoltert wurde und 2017 an den Folgen starb hat – rein rechtlich – in der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht (VG) Berlin nichts zu suchen. Dennoch wäre es ohne diesen Fall womöglich gar nicht erst zu dem Verfahren gekommen. Die Eltern Warmbiers, Cindy und Fred Warmbier, haben es sich nach dem Tod ihres Sohnes zur Aufgabe gemacht, auf die Durchsetzung von UN-Sanktionen gegen das nordkoreanische Regime zu drängen.
Die Entscheidung des VG betrachten sie auch als ihren Erfolg: Das City Hostel auf dem Gelände der nordkoreanischen Botschaft in Berlin muss schließen. Es ist verboten, Immobilien der Volksrepublik Nordkorea zu mieten oder auch nur einer Tätigkeit nachzugehen, die mit der Nutzung von Immobilien zusammenhängt. Die EGI GmbH, die das Hostel seit 2007 betreibt, muss die Nutzung deshalb nun aufgeben. Das hat das VG am Dienstag entschieden (Urt. v. 28.1.2020, Az.: VG 4 K 135.19).
Der Anwalt der Warmbiers, Dr. Lothar Harings, Rechtsanwalt bei GvW Graf von Westphalen in Hamburg, hat das Verfahren beobachtet und ist erleichtert: "Das Berliner City Hostel war sehr wichtig für uns. Es kann nicht sein, dass Nordkorea mitten in der deutschen Hauptstadt Geschäfte macht und damit sein Atomprogramm finanziert." Das Atomprogramm von Diktator Kim Jong Un ist der eigentliche Anlass für die UN-Sanktionen.
Es ist ein ungewöhnlicher Fall, den die 4. Kammer des VG – eigentlich vor allem für Gewerberecht zuständig – an diesem Dienstag zu verhandeln hat. Er führt von den Höhen des UN-Sicherheitsrates in die Niederungen des Polizei- und Ordnungsrechts. Und er stößt auf großes öffentliches Interesse, es sind nicht nur zwei Anwälte für die Warmbiers da, auch das Auswärtige Amt beobachtet das Verfahren. Der Vorsitzende Richter Stephan Groscurth macht klar, dass es sich um einen nicht gerade alltäglichen Fall handelt.
Vorsitzender: "Natürlich wird im UN-Sicherheitsrat Weltpolitik gemacht"
Auf den Vorwurf des Anwalts der Betreiber, Felix Hahn, es handele sich um ein rein politisch motiviertes Verfahren, lässt Groscurth sich allerdings nicht ein: "Natürlich wird im UN-Sicherheitsrat Weltpolitik gemacht, insofern könnte man sagen, dieses Verfahren ist auch politisch. Das ist aber nicht verwerflich, wenn der Wille des Gesetzgebers durchgesetzt wird."
Der Vorsitzende geht den Fall lieber unaufgeregt der Reihe nach durch: Das Bezirksamt Berlin-Mitte hat also der EGI GmbH, die das City Hostel betreibt, im November 2018 die weitere Nutzung der Immobilie untersagt. Das Bezirksamt beruft sich dabei auf die polizei- und ordnungsrechtliche Generalklausel, § 17 Allgemeines Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG Bln).
Demnach können Polizei und Ordnungsbehörden die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine im einzelnen Falle bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwehren. Zur öffentlichen Sicherheit und Ordnung gehört auch das geltende Recht. Und zum geltenden Recht gehört die EU-Verordnung 2017/1509 vom 30.8.2017, mit der die UN-Sanktionen gegen Nordkorea durchgesetzt werden sollen.
Art. 20 Abs. 1 b) dieser EU-Verordnung untersagt es, Immobilien "unmittelbar oder mittelbar von Personen, Organisationen oder Einrichtungen der Regierung der Demokratischen Volksrepublik Korea zu pachten oder zu mieten". Hier wird es dann allerdings unübersichtlich: So richtig eindeutig sind die Verhältnisse auf dem Botschaftsgelände in der Glinkastraße nicht.
Betreiber-Anwalt: Die Miete wird schon lange nicht mehr gezahlt
Klar ist: Das Grundstück gehört der Bundesrepublik, für die beiden Plattenbauten, die dort stehen, ist allerdings die nordkoreanische Regierung als Eigentümerin eingetragen – dass Grundstücks- und Gebäudeeigentum auseinanderfallen, ist ein Relikt aus DDR-Zeiten. In dem einen Gebäude ist die nordkoreanische Botschaft untergebracht.
Das andere Gebäude hat die Botschaft an die EGI GmbH vermietet, die dort das City Hostel betreibt. Jedenfalls gibt es einen entsprechenden Mietvertrag aus dem Jahr 2016, demnach zahlt die GmbH monatlich 38.000 Euro Miete.
Rechtsanwalt Hahn erklärte allerdings, es sei gar nicht klar, ob dieses Mietverhältnis noch bestehe und gezahlt werde auch schon lange nicht mehr. Tatsächlich hat die nordkoreanische Botschaft – weil sie vom Auswärtigen Amt dazu aufgefordert wurde – den Mietvertrag im August 2017 gekündigt. Inzwischen ist beim Landgericht (LG) Berlin eine Kündigungs- und Räumungsklage anhängig.
Das City Hostel gibt es aber immer noch, es wirbt auf seiner Internetseite mit Zimmerpreisen ab 17 Euro pro Nacht und einer Entfernung zum Deutschen Bundestag von nur 1,5 Kilometern. Hahn betont, schon seit April 2017 seien keine Mietzahlungen mehr geflossen. So richtig nachweisen lässt sich das allerdings nicht, denn schon vorher wurde die Miete gelegentlich bar bezahlt.
Jetzt müsse erstmal das LG entscheiden, ob überhaupt weiter ein Mietverhältnis besteht, meint Hahn. Im Übrigen habe das Mietverhältnis aber jedenfalls schon bestanden, bevor die EU die Verordnung zur Durchsetzung der UN-Sanktionen beschlossen habe. Hahn argumentiert, die EU-Verordnung könne sich nur auf Neuvermietungen beziehen.
Letztlich könnten diese Fragen aber offen bleiben, entschied das VG. Denn die EU-Verordnung untersagt nicht nur, Immobilien der nordkoreanischen Regierung zu mieten, sondern gem. Art. 20 Abs. 1 c) auch sich mit einer Tätigkeit zu befassen, die mit der Nutzung solcher Immobilien zusammenhängt. Das sei hier jedenfalls gegeben.
Anwalt der Warmbiers: In wenigen Wochen könnte man das Hostel schließen
Im Übrigen ändere auch die hohe außenpolitische Relevanz nichts daran, dass das Bezirksamt zuständig sei. Und da das auf dem UN-Sanktionenrecht beruhende Verbot zwingend sei, sei das Ermessen der Behörde in diesem Fall auch auf Null reduziert gewesen – sie habe gar nicht anders entscheiden können.
Berufung ließ die Kammer nicht zu. Allerdings kann gegen das Urteil Antrag auf Zulassung der Berufung zum Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg gestellt werden.
Harings hofft, dass das Bezirksamt diese Entscheidung nicht abwartet, sondern einen neuen Bescheid erlässt und Sofortvollzug anordnet. "Dann könnte das Hostel innerhalb weniger Wochen geschlossen werden." Zwar könnte die GmbH gegen einen solchen Bescheid ebenfalls vorgehen – dann allerdings im Eilverfahren. Und das würde ebenfalls bei der 4. Kammer des VG landen.
"Die Haltung des Gerichts ist klar, jetzt liegt es an den Behörden, die Entscheidung konsequent durchzusetzen", meint Haring. Er hofft darauf, dass das Urteil auch für andere EU-Mitglieder eine Signalwirkung hat. Nordkorea verfolge ähnliche Geschäftsmodell nämlich etwa auch in Bulgarien, Polen und Rumänien. Die Warmbiers werden also weitermachen und die Behörden drängen, nun Sanktionen durchzusetzen – auch wenn sie selbst juristisch keine Mittel in der Hand haben.
VG Berlin zu City Hostel auf Botschaftsgelände: . In: Legal Tribune Online, 28.01.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/39959 (abgerufen am: 17.11.2024 )
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