Auch wenn es um die Vorlage des eigenen Senats beim EuGH geht, ist die Reise zur mündlichen Verhandlung nach Luxemburg nicht dienstlicher Natur, so das BVerwG. Die Kosten für solche Fahrten bekommen deutsche Richter damit nicht erstattet.
Ein Richter, der ein Verfahren aussetzt, um dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) Fragen des Unionsrechts zur Vorabentscheidung vorzulegen, hat keinen Anspruch auf Erstattung seiner Reisekosten zu der mündlichen Verhandlung in diesem Verfahren nach Luxemburg. Das hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) am Donnerstag entschieden (Urt. v. 15.4.2021, Az. 2 C 13.20).
Anlass für die Grundsatzentscheidung gab die Reise des Bremer Richters Dr. Klaus Schromek zum Europäischen Gerichtshofs (EuGH) im Februar 2016. Den Luxemburger Richterinnen und Richtern hatte er mit seinem Strafsenat die Frage vorgelegt, ob die deutschen Justizbehörden Strafverfolgte ohne weiteres nach Ungarn oder Rumänien ausliefern müssen, trotz möglicherweise menschenunwürdiger Haftbedingungen. Er hörte sich die mündliche Verhandlung an und traf EuGH-Präsident Koen Lenaerts zu einem Gespräch in dessen Büro.
Zurück in Bremen stellte Schromek Antrag auf Erstattung der Reisekosten* in Höhe von rund 840 Euro. Den lehnte die damalige Präsidentin des Oberlandesgerichts (OLG) allerdings ab. Gegen diese Entscheidung ging Schromek schließlich gerichtlich vor, hatte allerdings weder vor dem Bremer Verwaltungsgericht noch vor dem Oberverwaltungsgericht erfolgt. Eine Revision ließ die Berufungsinstanz nicht zu.
Doch Schromek hatte mit einer Nichtzulassungsbeschwerde vor dem BVerwG Erfolg. Die Leipziger Bundesrichterinnen und -richter nahmen das Verfahren zum Anlass, grundsätzlich zu klären, "wie der Begriff des richterlichen Dienst- oder Amtsgeschäfts in Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 267 AEUV für Mitglieder eines vorlegenden deutschen Gerichts auszulegen ist."
Besuch der EuGH-Verhandlung zählt auch nicht als Fortbildung
Der 2. Senat entschied nun, dass es nicht zu einem richterlichen Amtsgeschäft gehöre, die mündliche Verhandlung des EuGH zu einem selbst vorgelegten Vorabentscheidungsverfahren vor Ort in Luxemburg zu verfolgen.
Als Maßstab zogen die Richterinnen und Richter dafür mehrere Kriterien heran. So könne zum einen ein Dienstgeschäft bei einem solchen Besuch alleine dann vorliegen, wenn es der Fort- und Weiterbildung diene - wovon das BVerwG in diesem Fall aber nicht ausging. Das BVerwG wies insbesondere darauf hin, dass der klagende Richter Schromek bei seinem Besuch in Luxemburg auch keine Möglichkeit habe, Beweis zu erheben.
Daneben geht aus der Leipziger Entscheidung zum anderen hervor, dass Dienstreisen grundsätzlich keiner Genehmigung bedürfen, wenn sie den richterlichen Amtsgeschäften dienten. Allerdings sei die unmittelbare Kommunikation zwischen dem EuGH und dem nationalen Gericht auf "schriftlichen, telefonischen und digitalen Dialog" angelegt. Reisetätigkeiten seien davon nicht erfasst.
Schromek kann das Urteil nicht nachvollziehen, wie er gegenüber LTO sagt: "Das Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 267 AEUV selbst und auch das Verfahren des Europäischen Haftbefehls, aus dem die vom 1. Strafsenat vorgelegten Fragen stammten, sind vollständig durch Unionsrecht geregelt", so der OLG-Richter. Deswegen kann seiner Auffassung nach allein der Gerichtshof in Luxemburg für die Gerichte der Mitgliedstaaten verbindlich klären, welche Rechte sie in den Vorlageverfahren hätten und wie der Informationsfluss stattfinden müsse.
*Zunächst war hier fälschlicherweise von einem Dienstreiseantrag die Rede; korrigert am Tag der Veröffentlichung, 14.49 Uhr
mgö/LTO-Redaktion
BVerwG verneint Kostenübernahme für Bremer OLG-Richter: . In: Legal Tribune Online, 16.04.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/44740 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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