Nachdem die Berliner Richterin Malsack-Winkemann als mutmaßliche Umstürzlerin festgenommen wurde, will Justizsenatorin Kreck sie möglichst schnell endgültig aus dem Dienst entfernen. Dafür gibt es mehrere Wege.
Gegen die im Zuge der Razzia in der Reichsbürgerszene verhaftete Richterin und frühere AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann läuft ein Disziplinarverfahren nach § 73 Abs. 1 Berliner Richtergesetz (RiGBln) i.V.m. § 17 Abs. 1 Berliner Disziplinargesetz. Das bestätigte ein Sprecher der Berliner Justizsenatorin Lena Kreck (Linke) gegenüber LTO.
Kreck kündigte zudem am Donnerstagmorgen im rbb an, in den kommenden Tagen Eilanträge zu stellen, damit Malsack-Winkemann möglichst schnell aus dem Dienst entfernt wird. Dazu kämen Eilanträge nach § 35 Deutsches Richtergesetz (DRiG) und § 75 RiGBln in Betracht, so der Sprecher gegenüber LTO.
Malsack-Winkemann war bis zu ihrer Festnahme Richterin am Landgericht (LG) Berlin. Am Mittwochmorgen wurde sie bei einer bundesweiten Razzia verhaftet, sie soll zu einer Gruppe von Reichsbürgern gehören, denen der Generalbundesanwalt Umsturzpläne vorwirft. Die terroristische Vereinigung habe die staatliche Ordnung in Deutschland stürzen und durch eine eigene ersetzen wollen – Malsack-Winkemann sei dabei als Justizministerin in einer neuen Regierung vorgesehen.
Bereits am Mittwoch hatte der Präsident des LG Berlin Dr. Holger Matthiessen auf die Festnahme reagiert. Er teilte mit, dass der Geschäftsverteilungsplan per Eilverfügung geändert wurde, Malsack-Winkemann schied aus der Zivilkammer 19a aus. Zudem leitete Matthiesen ein Disziplinarverfahren ein.
Disziplinarverfahren und Eilanträge
Nach § 74 RiGBln sind als Disziplinarmaßnahmen unter anderem die Entfernung aus dem Dienst und die Aberkennung des Ruhegehalts möglich. Das unterscheidet das Disziplinarverfahren von dem bisherigen Verfahren, das Kreck bereits im Juni gegen Malsack-Winkemann angestrengt hatte: Dabei ging es lediglich um eine vorzeitige Versetzung in den Ruhestand. Das Richterdienstgericht hatte den Antrag der Justizsenatorin im Oktober abgelehnt, Malsack-Winkemann durfte an das Landgericht zurückkehren, nachdem sie vier Jahre lang für die AfD im Bundestag gesessen hatte.
Nach Angaben der Justizsenatorin wurde am Mittwoch gegen das Urteil des Dienstgerichts Berufung zum Dienstgerichtshof am Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt – unabhängig vom Bekanntwerden der Ermittlungen und der Festnahme der Reichsbürger-Gruppe. Nun kann die Berufung innerhalb von vier Wochen näher begründet werden, dann dürften auch die neueren Erkenntnisse mit einfließen. Kreck sagte gegenüber dem rbb, sie habe Malsack-Winkemann von Anfang an für "brandgefährlich" gehalten, wie gefährlich sie tatsächlich sei, habe sie aber auch erst am Mittwochmorgen erfahren.
Für die Berufung dürfte die Senatsverwaltung nun gute Chancen haben, allerdings ging es in diesem Verfahren bisher lediglich um die Versetzung in den Ruhestand im Interesse der Rechtspflege nach § 81 RiGBln i.V.m § 31 DRiG. Gegen das nun zusätzlich geführte Disziplinarverfahren kann Malsack-Winkemann ebenfalls vor dem Richterdienstgericht bzw. dem Dienstgerichtshof vorgehen.
Um schnell Klarheit zu schaffen, erwägt die Justizsenatorin deshalb zusätzlich im Eilverfahren eine vorläufige Entfernung von Malsack-Winkemann aus dem Dienst. So kann das Berliner Dienstgericht gem. § 75 RiGBln auf Antrag der Justizsenatorin über die vorläufige Dienstenthebung und die Einbehaltung von Bezügen entscheiden. Zudem kommt die vorläufige Untersagung der Amtsgeschäfte nach § 35 DRiG in Betracht - diesen Weg hatte auch die sächsische Justizministerin eingeschlagen, als Malsack-Winkemanns ehemaliger AfD-Bundestagskollege Jens Maier ebenfalls wieder als Richter tätig werden wollte. Inzwischen hat in diesem Fall auch das Dienstgericht am LG Leipzig entschieden, dass Maier in den vorzeitigen Ruhestand versetzt werden darf. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.
Verhaftete Berliner Richterin: . In: Legal Tribune Online, 08.12.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/50410 (abgerufen am: 15.11.2024 )
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