Eigentlich wollten sie ihren Anwalt wegen Fehlberatung verklagen. Aber ihr neuer Vertreter versäumte sowohl die Frist für die Berufung als auch die für die Wiedereinsetzung. Pech gehabt, nicht genug Zeit fürs Fax einkalkuliert, so der BGH.
Rechtsanwälte haben den rechtzeitigen Eingang eines Telefax' bei Gericht zu beweisen. Wird ein Schriftsatz erst kurz vor 24 Uhr gefaxt, muss der Prozessvertreter vortragen, dass nach seinen Erfahrungswerten bei einer üblichen Übertagungsdauer von einem vollständigen Eingang vor Mitternacht auszugehen ist, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in einer nun veröffentlichten Entscheidung (Beschl. v. 27.09.2018, Az. IX ZB 67/17).
Wegen einer angeblichen anwaltlichen Fehlberatung wollten drei Mandanten die vereinbarten Gebühren nicht bezahlen und verlangten ihrerseits Schadensersatz von ihrem ehemaligen Vertreter. Das Landgericht (LG) gab aber ihrem früheren Anwalt Recht. Tatsächlich wären sie bei dem vielleicht besser geblieben. Der neue Prozessvertreter verpasste nämlich bei dem Versuch, Berufung gegen das abweisende Urteil des LG einzulegen, sowohl die Frist für die Einlegung des Rechtsmittels als auch die für die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand.
Er begann am letzten Tag der Frist um 23:58 Uhr die Berufungsbegründung an das Gericht per Telefax zu übermitteln. Die Einzelverbindungsnachweise zeigten allerdings, dass die Datenübermittlung erst beendet worden war, als schon 34 Sekunden des Folgetages vergangen waren. Einen Tag später, am 24. März 2017, erfuhr der Anwalt auf eigene telefonische Nachfrage hin von dem nicht rechtzeitigen Eingang. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aber beantragte er dann aber wiederum erst am 2. Mai.
Wie lange das Fax pro Seite brauchen darf - laut BGH
Die Beschwerde dagegen hatte nun vor dem BGH keinen Erfolg. Der Anwalt konnte den Senat nicht davon überzeugen, die Berufungsbegründung rechtzeitigt gefaxt zu haben. Wenn ein fünfseitiger Schriftsatz an ein Gericht gegen 23:58 Uhr gefaxt werde, der aber erst nach 24:00 Uhr eingehe, sei es an ihm, die Fristwahrung nachzuweisen, so der IX. Zivilsenat. Das gelinge nur, wenn er vortrage, dass bei einer üblichen Übertragungsdauer erfahrungsgemäß von einem Eingang vor Mitternacht auszugehen wäre.
Gerade bei einer Faxübermittlung nur wenige Minuten vor Fristablauf sei aber wegen der schwankenden Übertragungsgeschwindigkeiten eine gewisse Zeitreserve einzuplanen. Hat ein Rechtsanwalt grundsätzlich einen Zeitbedarf von 30 Sekunden je Seite anzusetzen, müsste mit einer voraussichtlichen Übermittlungsdauer von 2:30 Minuten gerechnet werden, so dass der Eingang auch erst am Folgetag zu erwarten war.
Auch habe die Monatsfrist für den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 234 Abs. 1 Satz 2 Zivilprozessordnung (ZPO) habe der Anwalt nicht gewahrt, so die Karlsruher Richter. Denn diese beginne zu laufen, sobald der Prozessbevollmächtigte von dem Gericht fernmündlich oder schriftlich auf die Fristversäumnis hingewiesen werde. Das sei dem Telefongespräch am 24. März 2017 geschehen, so dass er den Wiedersetzungsantrag bis zum 25. April 2017 hätte stellen müssen.
Auch eine Wiedereinsetzung in die versäumte Wiedereinsetzungsfrist wegen einer Erkrankung lehnten die Richter ab. Ein Einzelanwalt muss für solche Fälle schließlich einen Vertreter mit der Erledigung fristgebundener Arbeiten betrauen. Die Verhinderung sei, zumal der Anwalt Vorerkrankungen hatte, auch nicht so plötzlich gewesen, dass er außerstande gewesen wäre, einen Vertreter zu benachrichtigen.
mgö/LTO-Redaktion
BGH zur Fristwahrung per Fax: . In: Legal Tribune Online, 30.10.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/31771 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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