Viele Gerichte elektronisch nicht erreichbar: Lan­des­be­trieb "IT.NRW" lässt Anwälte ver­zwei­feln

von Hasso Suliak

21.04.2023

Seit Tagen sind die von der NRW-Behörde "IT.Justiz" gehosteten elektronischen Postfächer der Bundesgerichte, Staatsanwaltschaften und Gerichte in mehreren Bundesländern für Anwälte nicht per beA erreichbar. Ob Montag alles wieder läuft?

Anwältinnen und Anwälte, die in diesen Tagen den Bundesgerichten oder Gerichten und Staatsanwaltschaften in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg oder im Saarland über ihr besonderes elektronisches Anwaltspostfach (beA) Schriftsätze zuschicken wollen, schauen in die Röhre. Andauernd bekommen sie Fehlermeldungen - und das schon seit Dienstag.

Grund dafür ist nicht etwa ein Fehler in dem von der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) zu verantwortenden beA-System. Vielmehr findet sich der Defekt im Justizbereich und betrifft das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP).

Beim EGVP handelt es sich um eine eigenständige Anwendung, die es Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten ermöglicht, über das beA mit den Justizbehörden sicher zu kommunizieren. Das EGVP verschlüsselt automatisch die Nachrichten und erlaubt die elektronische Unterschrift (Signatur) von Dokumenten sowie die Prüfung dieser Signaturen.

Störungen im Saarland, BaWü, NRW und bei den Bundesgerichten

Von der aktuellen Störung betroffen sind indes ausschließlich Behördenpostfächer, die vom Landesbetrieb Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT.NRW) mit Sitz in Düsseldorf gehostet werden. Darunter fallen der Bund sowie die Länder Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und das Saarland.

Über die Störung informiert hat IT.NRW erstmals am Mittwoch auf der EGVP-Internetseite: "Aktuell liegt seit dem 18.04 um 18:00 Uhr eine Störung des Elektronisches Gerichts- und Verwaltungspostfaches (EGVP) vor. An der Ursachenbehebung wird gearbeitet. Deshalb sind unter anderem die Gerichte und Staatsanwaltschaften der Länder Nordrhein-Westfalen und Saarland sowie die Bundesgerichte und die Registergerichte in Baden-Württemberg auf diesem Wege vorläufig nicht erreichbar. Wann die Störung behoben ist, ist aktuell noch nicht absehbar. Wir entschuldigen uns für damit verbunden Unannehmlichkeiten."

IT.NRW: Update am Montag

Wann mit einem Ende der Störung zu rechnen ist, steht noch nicht sicher fest. Die verantwortliche Behörde zeigte sich indes auf Anfrage von LTO optimistisch: "Der Landesbetrieb Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT.NRW) geht im Rahmen der Störungsbehebung davon aus, dass dieser zum Beginn der nächsten Woche wieder verfügbar sein wird", erklärte eine Sprecherin. Am Montag, den 24. April 2023 um 10 Uhr werde es hierzu die nächste Mitteilung geben.

Eine Warnung für die Anwaltschaft gab die Behörde in ihrem Statement von diesem Freitag gleich mit auf den Weg: "Es kann nicht sichergestellt werden, dass Daten, die im Zeitraum vom 18.04.2023, 18:00 Uhr bis zur Einstellung des Produktionsbetriebs am 20.04.2023 um 8:30 Uhr versendet worden sind, beim adressierten Empfänger angekommen sind. Die in diesem Zeitraum versandten Daten müssten dann erneut eingereicht werden. Aktuell ist dies wegen des Betriebsunterbrechung über das EGVP nicht möglich. Daher müssen zurzeit die gesetzlich vorgesehenen alternativen Einreichungswege genutzt werden."

BRAK: Möglichkeit der Ersatzeinreichung beachten

Auch die BRAK verwies im Gespräch mit LTO darauf, dass Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte bei derartigen technischen Störungen die Möglichkeit der Ersatzeinreichung nach § 130d Zivilprozessordnung und den Parallelvorschriften in den anderen Verfahrensordnungen hätten. "So können zumindest die Fristen eingehalten werden", sagte Julia von Seltmann, stellvertretende Leiterin des Berliner BRAK-Büros und dort u.a. zuständig für Fragen rund um das beA.

Heißt mit anderen Worten: Anwältinnen und Anwälte können bzw. müssen bei Schreiben z.B. an die Gerichte in den betreffenden Bundesländern auf den guten alten Brief oder das Fax zurückgreifen. Bei der Einreichung in dieser Form muss laut Gesetz die vorübergehende Unmöglichkeit der elektronischen Übermittlung glaubhaft gemacht werden. In diesem Fall dürfte das einigermaßen unproblematisch sein, in anderen Fällen jedoch – wie kürzlich das vom Deutschen Anwaltverein DAV herausgegebene Anwaltsblatt dokumentierte – nicht immer.

Zitiervorschlag

Viele Gerichte elektronisch nicht erreichbar: . In: Legal Tribune Online, 21.04.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/51606 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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