Vor der Kammerversammlung in Düsseldorf: Anwälte wollen neue Struk­turen - und ihr Geld zurück

von Pia Lorenz

15.02.2017

In Düsseldorf wollen Anwälte eine neue Führungskultur: Ein neuer Präsident soll eine transparente Kammer führen, die kein Vermögen bildet. Wie auch Kollegen in Berlin wollen die Rheinländer Mitgliedsbeiträge in Millionenhöhe zurück.

Offenbar wollen sie es wieder tun: Auf der Tagesordnung der anstehenden Kammerversammlung, die derzeit in den Briefkästen von über 12.000 Anwälten landet, stehen gleich vier Anträge, die dafür sorgen sollen, dass am 26*. April mindestens 1.000 wahlberechtigte Anwälte in den Düsseldorfer Rheinterrassen erscheinen. 

Dass die Düsseldorfer mobilisieren können, zeigten sie zuletzt bei der fast legendär gewordenen Kammerversammlung 2015, als im Zuge der Syndikus-Anwalts-Debatte über 1.000 Anwälte 13 der 15 Vorstandsmitglieder der örtlichen Rechtsanwaltskammer (RAK) austauschten. Ein fast beispielloser Vorgang in Strukturen, in denen Funktionäre regelmäßig über Jahre, nicht selten über Jahrzehnte denselben Job machen.

Nicht nur das soll sich ändern, wenn es nach den Antragstellern um den PWC-Legal-Partner Dr. Sven-Joachim Otto geht. Die Anwälte wollen mit ihren Anträgen,wissen, wie es um die Kündigungsschutzverfahren gegen die Geschäftsführerin Dr. Susanne Offermann-Burckart steht und wie viel diese die Kammer kosten. Sie wollen Entschädigungen und Sitzungsgelder offen gelegt sehen, Führungsstrukturen grundlegend ändern und verlangen ein Compliance-Konzept. Und nach LTO-Informationen wollen sie auch einen neuen Präsidenten stellen. So würde Herbert Schons, der seit 28 Jahren an der Spitze der Düsseldorfer Kammer steht, nicht mehr für eine weitere Amtszeit wieder gewählt. Aber auch der Kandidat, den die Gruppe aufstellen will, ist nicht unumstritten.

Das Ziel: ein neuer Präsident in einer anderen Struktur

Nach LTO-Informationen sollen 15 neue Vorstandsmitglieder vorgeschlagen werden. Als Präsident soll Dr. Karl-Heinz Göpfert antreten. Der Steuerstrafrechtler war bereits bis 2015 Mitglied des Vorstands und Vizepräsident der RAK Düsseldorf. Mit seiner Nominierung will die Gruppe zeigen, dass sie nicht bloß Rebellen sind, die alles anders machen wollen, sondern dass es ihnen um eine ernsthafte Verbesserung bestehender System gehe. Allerdings kandidierte der erfahrene Göpfert auch bei der turbulenten Kammerversammlung im Jahr 2015 – und verlor, insbesondere weil die Syndikusanwälte sich von ihm nicht repräsentiert fühlten. Mehr als ein Jahr nach dem Inkrafttreten des Syndikus-Anwalts-Gesetzes dürften die Unternehmensjuristen aber bei der Kammerversammlung 2017 eine eher untergeordnete Rolle spielen. 

Göpfert soll ein anderer Präsident werden, wenn es nach den Reformern geht. Einer, der nicht zu jeder Veranstaltung geht, sondern sich auf die Repräsentanz und rechtsgeschäftliche Vertretung der Kammer konzentriert, die ihm das Gesetz überträgt. Überhaupt wollen die Anwälte von PWC Legal und Hengeler Müller, aber auch die aus kleineren Einheiten und einzelne Unternehmensjuristen, welche die vier Anträge unterzeichnet haben, nach eigenen Angaben zurück zum Auftrag aus der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO). Die sieht nur vier, nicht sieben Präsidiumsmitglieder vor. Deshalb soll das Präsidium nach dem Willen der Antragsteller künftig neben dem Präsidenten und seinem Vize nur noch aus Schatzmeister und Schriftführer bestehen. 

Das verkleinerte Präsidium soll weniger Macht haben, der Vorstand wieder mehr Entscheidungskompetenzen bekommen. Die Führungskultur soll zeitgemäßer werden, Sitzungen sollen effektiver vorbereitet, Vorstandsberatungen und -entscheidungen öffentlich zugänglich gemacht werden. 

Weniger Spesen, mehr Transparenz

Aufwandsentschädigungen und Sitzungsgelder sollen für den Präsidenten und seinen Vize nicht mehr gezahlt werden, die Ehrenamtler sollten mit ihren Pauschalen von maximal 3.500 Euro (für den Präsidenten) vollständig abgefunden sein, so der Antrag der Düsseldorfer. Ihre Vergütungen sollten genau wie Bürokostenpauschalen und Sitzungsgelder aller anderen Vorstandsmitglieder offen gelegt werden, damit die Mitglieder wissen, wie ihre Kammerbeiträge verwendet werden.   

Zudem wollen die Anwälte, unter ihnen Compliance-Spezialisten, eine Richtlinie zur Korruptions-Prävention in der RAK Düsseldorf, eine weitere für einen sauberen Einkauf und wenn nötig einen Ombudsmann als Ansprechpartner für die Beschäftigten. 

Einen direkten Anspruch auf so viel Transparenz gibt es nicht, das Transparenzgesetz NRW bindet nur öffentliche Unternehmen und Kommunen, für das Kammerwesen ist dort nichts geändert worden. Die Horte der Selbstverwaltung bleiben außen vor, weil sie nicht steuerfinanziert sind, also der Staat auch nicht – quasi von Amts wegen – für Transparenz sorgen muss. Das müssen die beitragsfinanzierten Kammern vielmehr selbst übernehmen. 

Aber manches, was in Unternehmen längst als selbstverständliche Grundlage einer modernen Unternehmenskultur gilt, ist im Kammerwesen noch nicht angekommen. So veröffentlicht die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) etwa weiterhin keine Zahlen über die Kosten und Finanzierung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs, für das die Anwälte zahlen, obwohl sich seine Einführung um fast zehn Monate verzögerte und das mangels Schnittstellen von den meisten genutzten Kanzlei-Softwares noch immer nicht nutzbar ist. Die BRAK ist der Auffassung, nicht an das Informationsfreiheitsgesetz gebunden zu sein. Ein Rechtsstreit ist anhängig, im Gesetzgebungsverfahren zur kleinen BRAO-Reform gibt es einen Änderungsantrag der Fraktionen von CDU/CSU und SPD, der die Bundesregierung auffordert, zu überprüfen, ob die BRAK aus dem Anwendungsbereich des IFG auszunehmen ist

Die Düsseldorfer Anwälte aber wollen für ihren Kammerbereich anderes erreichen. Sie glauben, dass das System der Selbstverwaltung sich nur so dauerhaft erhalten lässt. So fordern sie auch Informationen über das pikante Kündigungsschutzverfahren der Kammer mit ihrer Noch-Hauptgeschäftsführerin und nicht zuletzt: ihr Geld zurück. 

*Korrektur am 16.02.2017, 9:45h

Zitiervorschlag

Pia Lorenz, Vor der Kammerversammlung in Düsseldorf: . In: Legal Tribune Online, 15.02.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22106 (abgerufen am: 19.11.2024 )

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