Die Bundesnetzagentur hat zu Recht einen Hinweis auf verbotene Abrechnungen eines ausländischen Telefondienstanbieters veröffentlicht. Dies entschied nun das OVG Münster und macht deutlich, dass solche Firmen für ihre Praxis mit empfindlichen Konsequenzen rechnen müssen – inklusive eben auch einer Information der Öffentlichkeit. Von David Ziegelmayer.
"Cold Calls", also unerwünschte Telefonanrufe zu Werbezwecken sind verboten, so steht es im Gesetz. Was aber, wenn ein Unternehmen, das dagegen verstößt, von der zuständigen Behörde in Form einer Pressemitteilung an den Pranger gestellt wird? Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen in Münster hat damit kein Problem, solange dort keine falschen Tatsachen verbreitet werden (Beschl. v. 08.04.2011, Az. 13 B 237/11).
Rückblick: Die Bundesnetzagentur hatte im vergangenen Jahr ein "Verbot der Rechnungslegung und Inkassierung" gegen ein im Ausland ansässiges Unternehmen und die Telekom verhängt, die die Abrechnung vornahm: Über die Telefonrechnung wurden so den Verbrauchern Entgelte für Gewinnspieleintragsdienste von Drittfirmen berechnet. Dabei ging es um unverlangte Werbeanrufe mit unterdrückter Rufnummer.
Mitgeteilt wurden der Gewinn eines Kosmetikgutscheins im Wert von 100 Euro. Während des Gesprächs sollten die Verbraucher einen "Vertrag" über die Teilnahme an einem Gewinnspieleintragsdienst im Internet schließen.
Behördliche Pressemitteilung als Angriff auf das Unternehmen?
Alles unzulässig, befand die Bundesnetzagentur und verhängte wegen dieser Praxis ein so genanntes Rechnungslegungs- und Inkassierungsverbot. Betroffene Verbraucher durften die geltend gemachten Beträge von der Telekom nicht mehr in Rechnung gestellt oder eingezogen werden. All das teilte die Bundesnetzagentur in einer Pressemitteilung der Öffentlichkeit mit, wobei zumindest mittelbar erkennbar war, welches Unternehmen die Übeltaten verübt hatte.
Der betroffene Anbieter sah in dieser Pressemitteilung eine "üble Nachrede" sowie einen "Boykottaufruf", der die Kreditwürdigkeit gefährdet und zog vor Gericht. Nachdem das Verwaltungsgericht Köln den Antrag abgelehnt hatte, der Bundesnetzagentur im Wege der einstweiligen Anordnung die in der Pressemitteilung enthaltenen Äußerungen zu verbieten, legte es Beschwerde zum OVG Münster ein.
Dort musste sich das Unternehmen nun endgültig geschlagen geben. Das Gericht fand für das Unterlassungsbegehren des Anbieters zum Teil deutliche Worte und zeichnete den Pranger der Bundesnetzagentur in Form der Pressemitteilung frei.
Grundgesetz gilt nicht für ausländische Anbieter von Mehrwertdiensten
Zunächst sprachen die Richter dem Betreiber des "Mehrwertdientstes", der sich auf die Verfassung berief, die Grundrechtsfähigkeit ab. Da es sich bei dem Unternehmen um eine ausländische juristische Person handelt, könne sie sich nicht auf das Grundgesetz berufen.
Allenfalls komme eine einfachrechtliche Grundlage für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch in Betracht. Doch auch diese Ansprüche bestünden im konkreten Fall nicht. Der Tatbestand der Kreditgefährdung oder eines "Boykottaufrufs" sei nicht erfüllt, so die Richter.
Die Bundesnetzagentur habe in ihrer Pressemitteilung nur auf die zutreffende Rechtslage hingewiesen, als sie über die von ihr verhängten Rechnungslegungs- und Inkassierungsverbote informierte. Der darin enthalte Hinweis auf die Möglichkeit der Rückforderung des von Verbrauchern gezahlten Entgelts mithilfe juristischen Beistands stelle keinen Boykottaufruf zum Nachteil des Anbieters dar.
Anbieter hätte für Übermittlung der Rufnummer sorgen müssen
Auch die in der Pressemitteilung enthaltenen Angaben, wonach es sich um eine rechtswidrige Praxis des Anbieters handelt, waren gerechtfertigt, entschieden die Richter. Schon die Vorinstanz hatte dazu ausgeführt, dass die von der Antragstellerin veranlassten Anrufe, die auch der Bewerbung des von ihr angebotenen Gewinnspieleeintragsdienstes dienten, rechtswidrig seien, weil wegen fehlender vorheriger ausdrücklicher Einwilligung der angerufenen Verbraucher ein Verstoß gegen § 7 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vorliegt.
Dass nach Angaben des Betreibers Verbraucher nur "vereinzelt" mit unterdrückter Nummer angerufen worden seien, ändere an der Zulässigkeit der in der Pressemitteilung enthaltenen Informationen nichts. Das Unternehmen könne sich auch nicht damit "herausreden", dass es als ausländisches Unternehmen nichts dafür könne, dass die Rufnummer offenbar nicht beim "Kunden" angekommen sei. Nach § 102 Abs. 2 und Abs. 7 des Telekommunikationsgesetzes müsse auch ein ausländischer Anbieter für die Übermittlung der Rufnummer Sorge tragen.
Zuletzt scheiterte auch der Versuch des Diensteanbieters, der Bundesnetzagentur grundsätzlich die Berechtigung zur Herausgabe von Pressemitteilungen dieser Art insgesamt abzusprechen: "Die Verbreitung von inhaltlich zutreffenden und unter Beachtung des Gebots der Sachlichkeit sowie mit angemessener Zurückhaltung formulierten Informationen
durch einen Träger der Staatsgewalt ist aber zulässig", entschieden die Richter.
Auch wenn die Grundsätze zur Telefonwerbung durch die Entscheidung nicht angetastet werden, zeigt das Urteil: Unternehmen, die rechtswidrige Telekommunikationsdienste anbieten, haben nicht nur mit Sanktionen und Bußgeldern zu rechnen. Auch der mediale "Pranger", der durchaus auch von Behörden eingesetzt wird, droht den Delinquenten. Zusammen mit einem strengen Urteil wie diesem kann sich eine solche Praxis als rechtlicher und medialer Bumerang erweisen: Die Pressemitteilung ist bei der Bundesnetzagentur nicht nur weiterhin abrufbar, sondern wurde infolge der Entscheidung des OVG offenbar nachträglich ergänzt: Das Unternehmen wird nun namentlich genannt.
Der Autor David Ziegelmayer ist Rechtsanwalt bei CMS Hasche Sigle in Köln. Er ist Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz und berät Unternehmen in äußerungsrechtlichen Auseinandersetzungen.
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David Ziegelmayer, Zulässiger Inhalt von Pressemitteilungen: . In: Legal Tribune Online, 28.04.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/3139 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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