Studie zur Integrationspolitik: Auf die Behörden kommt es an

Gastbeitrag von Dr. Christian Rath

24.10.2018

Wie können Bund, Länder und Kommunen die große Aufgabe der Integration besser umsetzen? Sozial- und Rechtswissenschaftler geben in einer von der Mercator-Stiftung finanzierten Studie Antworten und Empfehlungen.

Die Mercator-Stiftung will nicht länger die falschen Fragen diskutieren. Angesichts der stark gesunkenen Zahl an Neuankömmlingen führten die Diskussionen über Zurückweisung an der Grenze und die Einrichtung von Transitzentren, die diesen Sommer bestimmten, in eine falsche Richtung. Viel wichtiger sei die Integration der Menschen, die in Deutschland bleiben werden. Immerhin hätten von Januar 2015 bis Juni 2018 rund 876.000 Personen einen positiven Bescheid des Bundesamts für Asyl und Migration (BAMF) erhalten, argumentiert die Stiftung.

In ihrer Studie "Bessere Verwaltung in der Migrations- und Integrationspolitik", die von den Verwaltungswissenschaftlern Professor Jörg Bogumil (Bochum) und Professorin Sabine Kuhlmann (Potsdam) sowie dem Verfassungsrechtler Professor Martin Burgi verfasst wurde, wählt die Stiftung bewusst einen technokratischen Ansatz. Es wird also nicht diskutiert, was Integration eigentlich ist, und es werden auch keine neuen Integrationskonzepte entwickelt. Die Studie geht vielmehr von den bestehenden Programmen aus, will sie aber effizienter umsetzen. Die richtige Ebene soll zuständig sein, Doppelarbeit und Reibungsverluste sollen vermieden werden. In dieser Untersuchung geht es um Behörden, nicht um Menschen - in der Verwaltungswissenschaft ist das aber ein durchaus legitimer Ansatz.

Kein Ausbau des BAMF zur "Bundesintegrationsagentur"

So soll das BAMF sich künftig auf die Bearbeitung von Asylanträgen konzentrieren, empfehlen die Autoren. Die Verantwortung für Sprach- und Integrationskurse soll dezentral auf Länder und Kommunen verlagert werden. Nur die Festlegung der Kursstrukturen und -inhalte sowie ihre Finanzierung soll beim BAMF verbleiben. Die Empfehlung wird auch rechtswissenschaftlich untermauert. Ein Ausbau des BAMF zu einer "Bundesintegrationsagentur" würde dem Grundgesetz widersprechen. Artikel 87 Abs. 3 Grundgesetz (GG), der die Zulässigkeit von selbständigen Bundesoberbehörden regelt, enthalte als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal die "Eignung für eine zentrale Aufgabenerledigung".

Innovativ sind die Ausführungen zum Datenmanagement von Zuwanderern. Das Ausländerzentralregister (AZR) soll als "Datendrehscheibe" gestärkt werden. Nötig sei dafür zunächst, dass das BAMF seine Entscheidungen dem AZR sofort zur Verfügung stellt, die Daten im Register sollten aktuell sein. Die AZR-Nummer solle dann als zentrale "Identifikationsnummer" die Ausländer begleiten - zumindest bis zur Erteilung eines unbefristeten Aufenthaltstitels. Wegen der großen Bedeutung der Integration sei der starke Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung gerechtfertigt. Eine Identifikationsnummer könne etwa das Datenmanagement bei der Verteilung von Flüchtlingen von Erstaufnahme-Einrichtungen auf die Kommunen erleichtern.

Rechtsprofessor Burgi befasst sich auch ausführlich mit den von der Großen Koalition geplanten Anker-Zentren - obwohl es hier ja eher um die Verhinderung von vorschneller Integration geht, indem die Verteilung von Flüchtlingen auf die Kommunen prinzipiell von einem positiven Abschluss des Asylverfahrens abhängig gemacht wird. Burgi stellt fest, dass der Bund solche Ankerzentren nicht als Bundeseinrichtungen betreiben könnte.

Mehr Rechtsmittel gegen die Überlastung der Gerichte?

Ebenso wäre unzulässig, die Bundespolizei zur Aufrechterhaltung der Sicherheit dort einzusetzen. Allerdings könne der Bund die Länder gesetzlich zur Einrichtung von Anker-Zentren verpflichten, so Burgi. Außerdem könnte der Bund deren Praxis mit Hilfe von allgemeinen Verwaltungsvorschriften steuern.

Ein weiterer Teil der Studie betrifft die Überlastung der Verwaltungsgerichte mit asylrechtlichen Klageverfahren. Im Einklang mit der bisherigen Fachdiskussion empfiehlt auch die Mercator-Studie eine Ausweitung der im Asylrecht stark eingeschränkten Rechtsmittel. Auf diese Weise könnten wichtige rechtliche oder tatsächliche Streitfragen schneller einer einheitlichen Behandlung zugeführt werden. Burgi will zusätzliche Rechtsmittel allerdings nur fakultativ und nicht verpflichtend gewähren. So will er verhindern, dass etwa der gerichtliche Verzicht einer Vorlage an das Bundesverwaltungsgericht dann von findigen Anwälten in Karlsruhe als Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter gerügt wird.

Die Studie befasst sich also nur mit ausgewählten Problemen des Integrationsverwaltungsrechts. Wichtige Felder der Integrationspolitik, etwa die berufliche Integration oder die Verschaffung von Wohnraum, spielen lediglich am Rand eine Rolle.

Zitiervorschlag

Studie zur Integrationspolitik: . In: Legal Tribune Online, 24.10.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/31677 (abgerufen am: 24.11.2024 )

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