Straßenverkehrsrecht: Blu­men­sch­muck und Blech­dosen am Brau­t­auto

Von einer Hochzeit sollen meist alle wissen. Das Brautauto wird mit Blumen geschmückt, "Just married" ersetzt das amtliche Kennzeichen und das Scheppern der angehängten Blechdosenkette geht im wilden Hupen des nachfolgenden Autokorsos fast unter. Was üblich ist, ist aber noch lange nicht legal. Alfred Scheidler mit einer verkehrsrechtlichen Analyse der Nach-Hochzeits-Gefahren.

Im Wonnemonat Mai sieht man sie am häufigsten: Frisch Vermählte, die von der Kirche oder vom Standesamt kommen, lassen sich am liebsten chauffieren. Dem Anlass entsprechend muss das Brautauto nicht nur repräsentativ, sondern auch auffällig sein. Es gibt einige beliebte Mittel, um dem Brautpaar die gebührende Aufmerksamkeit zu sichern. Als Hingucker wird gern ein üppiger Blumenschmuck gewählt, der das Auge nicht nur der frisch Verheirateten erfreut.

Allzu üppig sollte er aber nicht sein, vor allem dann nicht, wenn er vorne auf der Motorhaube angebracht ist. § 35b Abs. 2 der Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) schreibt nämlich vor, dass der Fahrzeugführer ein ausreichendes Sichtfeld haben muss. Ergänzt wird diese Vorschrift durch § 23 Abs. 1 der Straßenverkehrsordnung (StVO): Danach ist der Fahrzeugführer dafür verantwortlich, dass seine Sicht nicht durch den Zustand des Fahrzeugs beeinträchtigt wird.

Ein Verstoß gegen diese Vorschriften ist eine Ordnungswidrigkeit (§ 69a Abs. 3 Nr. 7a StVZO bzw. § 49 Abs. 1 Nr. 22 StVO), die gem. § 17 des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OWiG) mit einem Bußgeld zwischen fünf und eintausend Euro geahndet werden kann.

"Just-married"-Schild – mit einem Bein im Knast?

Bei Brautleuten beliebt ist es auch, die amtlichen Kennzeichen kurzzeitig auszutauschen gegen Schilder mit den Vornamen der frisch Vermählten oder dem Schriftzug "just married".

Süße Idee, aber auch das ist rechtlich betrachtet nicht ganz unproblematisch: Mit der Zuteilung eines Kennzeichens erfolgt gem. § 3 Abs. 1 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV) die Zulassung eines Kraftfahrzeugs zum Verkehr. Das amtliche Kennzeichen ermöglicht Halter- und Fahrerfeststellungen und sichert so die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen (Oberlandesgericht Bamberg, Urt. v. 25.09.2007, Az. 2 Ss 1/07).

Das Verdecken oder Beseitigen eines amtlichen Kennzeichens ist gemäß § 22 Abs. 1 Nr. 3 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) sogar eine Straftat. Dennoch steht das Brautpaar beziehungsweise sein Chauffeur nicht mit einem Fuß im Gefängnis. Strafbar wegen Kennzeichenmissbrauchs macht sich nur, wer "in rechtswidriger Absicht" handelt, also die Beweiskraft des Kennzeichens beeinflussen will.

Was jedoch bleibt, ist die Verpflichtung des Fahrzeugführers, dafür zu sorgen, dass die Kennzeichen stets gut lesbar sind (§ 23 Abs. 1 Satz 3 StVO). Als Verstoß hiergegen ist das Austauschen der amtlichen Kennzeichen streng genommen eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 22 StVO.

Scheppernde Blechdosen und andere vermeidbare Belästigungen

Oft bleibt es nicht bei der optischen Verwandlung des Brautautos in ein kleines Kunstwerk, sondern auch akustisch soll die Umwelt auf das gerade stattgefundene Ereignis aufmerksam gemacht werden. Die Blechdosenkette, die der Wagen hinter sich her zieht, ist dabei ein beliebtes Mittel.

Auch die scheppernden Dosen sind aber mit Blick auf § 30 Abs. 1 Nr. 1 StVZO straßenverkehrsrechtlich nicht unbedenklich. Denn dort heißt es unter anderem, dass Fahrzeuge so gebaut und ausgerüstet sein müssen, dass ihr verkehrsüblicher Betrieb niemanden mehr als unvermeidbar belästigt. Bei den lärmenden Büchsen kann das aber durchaus der Fall sein. Zuwiderhandlungen können gem. § 69a Abs. 3 Nr. 1 StVZO geahndet werden.

Nicht im Einklang mit dem Straßenverkehrsrecht stehen auch Hupkonzerte anlässlich einer Hochzeit. Denn nach § 16 Abs. 1 StVO dürfen Schallzeichen nur als Warnzeichen gegeben werden. § 49 Abs. 1 Nr. 16 StVO reglementiert den entsprechenden Bußgeldtatbestand.

Der Blick auf die einschlägigen Vorschriften des Straßenverkehrsrechts sollte den frisch Vermählten und den Hochzeitsgästen das Feiern aber trotzdem nicht vermiesen. Im Ordnungswidrigkeitenrecht gilt nämlich das Opportunitätsprinzip. Die Verfolgungsbehörden, allen voran die Polizei, können also gegen Verstöße vorgehen, müssen es aber nicht. Und so drücken die Ordnungshüter bei den geschilderten Verhaltensweisen ganz im Sinne der Brauchtumspflege in aller Regel beide Augen zu, wenn sich alles in einem vernünftigen Rahmen hält.

Der Autor Dr. Alfred Scheidler ist Oberregierungsrat in Neustadt an der Waldnaab und Autor zahlreicher Publikationen zum öffentlichen, insbesondere zum Verkehrsrecht.

 

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Zitiervorschlag

Alfred Scheidler, Straßenverkehrsrecht: . In: Legal Tribune Online, 14.05.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/3278 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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