Staatliche Parteienfinanzierung: Kein Geld mehr für bös­ar­tige Zwerge

von Dr. Sebastian Roßner

11.04.2017

2/2: Abwägung: Finanzieller Nachteil oder propagandistischer Vorteil

Ob der finanzielle Nachteil oder der propagandistische Vorteil für eine Partei schwerer zu gewichten ist, lässt sich nicht allgemein bestimmen. Bei der Entscheidung, ob man Parteien die staatliche Finanzierung entzieht, wird es aber stets um bösartige Zwerge gehen, die man gerade wegen ihrer Bedeutungslosigkeit nicht verbieten kann.

Die staatliche Finanzierung ist in solchen Fällen nicht sehr hoch, denn die Höhe der Geldüberweisung durch den Staat an die Parteien ist abhängig vom Erfolg bei Wahlen in der Vergangenheit und von der Höhe eigener Spendeneinnahmen. Die NPD allerdings würde hart getroffen, falls man ihr die staatlichen Mittel entzöge, da sie einerseits seit längerem in finanziellen Nöten schwebt und andererseits, vor allem wegen der relativ vielen gewonnenen Stimmen bei den Landtagswahlen in Sachsen, gegenwärtig immerhin über eine Million Euro vom Staat zu erwarten hat, wobei diese Summe in Zukunft  wegen fehlender neuer Erfolge aber schrumpfen wird.

Regeln nicht für den Einzelfall

Regeln des politischen Wettbewerbs werden jedoch nicht für einen Einzelfall gemacht und sollten nicht lediglich anhand von Einzelfällen beurteilt werden. Auf lange Sicht schädigen die Pläne für den Finanzierungsentzug die Demokratie subtil, aber nachhaltig. Denn Demokratie beruht auf Gleichheit, wie Aristoteles in seiner "Politik" feststellt. Im Ursprung beruht sie auf der Gleichheit der wählenden Bürger, davon abgeleitet auf der Gleichheit der Kandidaten und auf der Gleichheit der Gewählten, kurz, auf der Gleichheit des politischen Wettbewerbs. Deshalb schützt das Grundgesetz mit Art. 38 Abs. 1, Art. 21 und Art 3 Abs. 1 verschiedene Bestandteil dieses Wettbewerbs in besonderer Weise.

Ob die Gleichheit beachtet wird, ist folglich der Prüfstein für die demokratische Qualität politischer Verfahren. Entzieht der Staat bestimmten Parteien aus inhaltlichen Gründen die staatliche Finanzierung, greift er in die Gleichheit der politischen Parteien ein. Das ist zwar technisch möglich, indem man - wie geplant - das Grundgesetz entsprechend ändert. Doch Demokratie zieht ihre Stärke daraus, dass politische Auseinandersetzungen in einem friedlichen Wettbewerb von Interessen und Personen entschieden werden können. Dies setzt voraus, dass die Ergebnisse der Wahlen und Abstimmungen unanfechtbar sind, weil sie in einem untadeligen Verfahren zustande gekommen sind, das insbesondere allen Wettbewerbern gleiche Bedingungen bietet.

Die Weisheit des Grundgesetzes

Das Grundgesetz hat daher mit Art. 21 Abs. 2 eine weise Regelung getroffen. Nur wenn eine Partei den demokratischen Wettbewerb selbst gefährdet, darf sie ausnahmsweise ausgeschlossen werden. Alle anderen Parteien können unter gleichen Bedingungen am politischen Wettbewerb teilnehmen. Dieses Entweder - Oder schützt die Überzeugungskraft des demokratischen Prozesses.

Die Pläne zum Finanzierungsentzug widersprechen dagegen den Prinzipien des demokratischen Wettbewerbs, so wie eine Regelung dem Gedanken des sportlichen Wettbewerbs widerspräche, die für minder schwere Dopingfälle anordnet, dass der Delinquent mit zehn Metern Rückstand zum olympischen Hundertmeterlauf antreten muss. Die Goldmedaille würde entwertet. Für den politischen Wettbewerb ist es besser, zähneknirschend die bösartigen Kleinparteien weiterhin finanziell zu unterstützen, als sich in Widerspruch zur demokratischen Gleichheit zu setzen.

Der Autor Dr. Sebastian Roßner ist Habilitand am Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Rechtstheorie und Rechtssoziologie an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.

Zitiervorschlag

Sebastian Roßner, Staatliche Parteienfinanzierung: . In: Legal Tribune Online, 11.04.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22634 (abgerufen am: 22.11.2024 )

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