Staatliche Parteienfinanzierung: Kein Geld mehr für bös­ar­tige Zwerge

von Dr. Sebastian Roßner

11.04.2017

Verfassungsfeindlichen Parteien, die wegen ihrer Bedeutungslosigkeit nicht verboten werden können, soll die staatliche Parteienfinanzierung entzogen werden. Das Vorhaben ist verständlich, aber nicht zu begrüßen, meint Sebastian Roßner.

Politische Vorschläge mit Realisierungschance, die spontan das Glückszentrum im Hirn stimulieren, vernimmt man nicht oft. Jetzt sorgen überraschenderweise der sonst wenig glamouröse Bundesrat und der grimmige Terroristenbekämpfer Bundesinnenminister de Maizière für einen dieser seltenen Momente. Misstrauen gegenüber dem Glücksgefühl ist aber gerechtfertigt.

Die Inspiration für Bundesrat- und innenminister kam aus Karlsruhe. Am 17. Januar hatte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) judiziert, die NPD könne man zwar wegen ihrer politischen Bedeutungslosigkeit nicht verbieten. Es sei aber möglich, verfassungsfeindliche Parteien von der staatlichen Parteienfinanzierung auszuschließen, indem man das Grundgesetz und die übrigen einschlägigen Gesetze ändere.

Die Politik nahm den Ball rasch auf. Am 10. März verabschiedete der Bundesrat zwei Gesetzentwürfe (Bundesratsdrucksachen 153/17 (B) und 154/117 (B)), um Art. 21 Grundgesetz (GG) sowie das Parteiengesetz, das Bundesverfassungsgerichtsgesetz, das Einkommenssteuergesetz und das Körperschaftssteuergesetz zu ändern.

Kein Entzug des Geldes ohne Potential der Partei

Die Entwürfe zielen darauf, beim BVerfG ein neues Verfahren zum Entzug der staatlichen Finanzierung für Parteien einzurichten, die nach der alten, mit dem zweiten NPD-Urteil vom 17. Januar 2017 überholten Rechtsprechung die Kriterien für ein Parteiverbot erfüllt hätten.

Für einen Finanzierungsentzug soll es danach zukünftig ausreichen, wenn eine Partei aktiv-kämpferisch darauf ausgeht, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen. Um verboten zu werden, müsste die entsprechende Partei hingegen nach der neuen Verbotsrechtsprechung zusätzlich "Potentialität" aufweisen, was bedeutet, dass die Verwirklichung der gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten Parteiziele nicht völlig ausgeschlossen scheint.

Folgen des Finanzierungsentzugs sollen vor allem ein Ausschluss von der staatlichen Parteienfinanzierung nach dem Parteiengesetz und ein Ende der einkommenssteuerlichen Privilegierung von Spenden an die Partei sein.

Einen ähnlichen Vorstoß unternahm Anfang April auch Bundesinnenminister de Maizière mit einer "Formulierungshilfe" für die Spitzen der Koalitionsfraktionen im Bundestag, die faktisch einem Gesetzentwurf entspricht.

Widerspruch ist bei Finanzierungsentzug schärfer

Es ist verständlich, dass die Politik schnell das aus Karlsruhe vorgegebene Thema des Finanzierungsentzugs aufgriff, denn es ist widersprüchlich, Parteien mit Steuergeldern zu unterstützen, die sich aktiv gegen die Freiheit und die Demokratie wenden. Dennoch ist es besser, diesen Widerspruch auszuhalten, als mit dem Finanzierungsentzug einen neuen und schärferen Widerspruch zu schaffen.

Zunächst kann es taktisch-politisch unklug sein, wenn der Staat einzelnen Teilnehmern ein Handicap auferlegt. Einerseits fügt der Staat einer betroffenen Partei zwar finanziellen Schaden zu, andererseits aber schafft dies für die Partei Publicity und die gewissermaßen amtliche Bestätigung der eigenen Opferrolle, was gerade die Anhängerschaft von radikalen Parteien mobilisieren kann.

Zitiervorschlag

Sebastian Roßner, Staatliche Parteienfinanzierung: . In: Legal Tribune Online, 11.04.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22634 (abgerufen am: 05.11.2024 )

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