Sie sind haben meist große Mengen Alkohol an Bord, sind langsam, laut und nicht nur vielen Kommunen ein Dorn im Auge. Am Mittwoch gab das OVG Münster ihnen Recht: Bier- und Partybikes brauchen eine Sondernutzungserlaubnis. Damit ist aber noch lange nicht Schluss mit lustig, erklärt Wolfram Schwetzel.
Man liebt sie oder hasst sie: Die Bier- oder Partybikes genannten Fahrzeuge haben vier Räder, die Sitzplätze für sicherlich ein Dutzend Personen sind um einen Tisch herum gruppiert und auf ebendiesem finden sich üblicherweise alkoholische Getränke in nicht unerheblichen Mengen. Die Hocker sind mit Pedalen versehen, mit denen die Passagiere das Fahrzeug per Muskelkraft antreiben Die typische Benutzer des Spaßgefährtes sind Junggesellenabschiede oder ähnliche Gruppen.
Bierbikes sind häufig in Stadtteilen anzutreffen, in denen die Kneipendichte hoch ist, wie etwa der Düsseldorfer Altstadt oder der Kölner Partymeile. Umstritten waren sie von Anfang an: Mit ihrem Leergewicht von rund 1000 kg können sie nur langsam fahren. Außerdem beschallen sie, vom durch ihre Insassen verursachten und mit steigendem Alkoholkonsum häufig steigenden Lärmpegel ihre Umgebung auch gern mit Partymusik.
Die Stadt Düsseldorf war gegen die Vermieter der Bier- und Partybikes mit einer Ordnungsverfügung vorgegangen. Sie begründete die Verfügung damit, dass diese eine straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis hätten einholen müssen. Die Betreiber ihrerseits wollten das nicht akzeptieren und gingen gegen die Ordnungsverfügung vor. Am Ende erfolglos, wie nun das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster im Hauptsacheverfahren entschied (Urt. v. 23.11.2011, Az. 11 A 2325/10 – Bierbike, 11 A 2511/11 – Partybike).
Klassiker des Straßenrechts: Gemeingebrauch oder Sondernutzung?
Der Streit dreht sich um ein klassisches Problem des Straßenrechts, nämlich ob für eine bestimmte Verhaltensweise auf öffentlichen Straßen oder Plätzen eine staatliche Genehmigung, die so genannte Sondernutzungserlaubnis, erforderlich ist.
Grundsätzlich dürfen die Straßen ohne Erlaubnis nur „zum Zwecke des Verkehrs“ benutzt werden. Jeglicher Gebrauch, der nicht von diesem so genannten Gemeingebrauch erfasst ist, ist eine Sondernutzung, welche die zuständige Behörde erlauben muss.
Bier- und Partybikes bewegen sich, wenn auch langsam, im Straßenraum. Sie verfolgen also zumindest auch einen Verkehrszweck. Die Frage, über die die Münsteraner Richter nun endgültig zu entscheiden hatten, war also: Betreibt man ein Bier- oder Partybike zum Zweck des Verkehrs oder doch vorrangig zu anderen Zwecken?
OVG Münster: Rollende Veranstaltungsfläche zum Feiern und für Parties
Das Verwaltungsgericht Düsseldorf als Vorinstanz sah die Fortbewegung des Bierbikes als Nebenzweck an. Nach dem äußeren Eindruck handele es sich, so die Richter am Rhein, um ein thekenähnliches Fahrzeug. Auch aus der eigenen Werbung gehe hervor, dass der gesellige Konsum alkoholischer Getränke im Vordergrund stehe. Die Stadt bekam Recht, eine Sondernutzungserlaubnis sei erforderlich.
Das OVG Münster, das im einstweiligen Rechtsschutzverfahren noch keine abschließende Bewertung vorgenommen hatte, hat dem nun am Ende zugestimmt. Im vorläufigen Verfahren hatte der 11. Senat sich noch nicht festlegen wollen, ob die Benutzung genehmigungsfrei sei. Am Mittwoch entschieden die Münsteraner Richter nun soweit ersichtlich bundesweit erstmalig, dass das Bier- oder Partybike sich "bei einer Gesamtschau als rollende Veranstaltungsfläche darstelle, deren Hauptzweck in der Durchführung von Feiern, Partys oder ähnlichem auf der Straße" liege.
Heizpilze und Grillwalker
Das Straßenrecht ist damit um eine weitere schillernde Episode reicher. Wer einen Werbeanhänger parken will, braucht dafür ebenso eine Sondernutzungserlaubnis wie derjenige, der Heizpilze oder Mülltonnen auf öffentlichen Verkehrsflächen aufstellen will.
Das OVG Berlin (Urt. v. 17.09.2003, Az. OVG 1 B 15.03) hatte zuvor schon den Grillwalker in die Pflicht genommen: Auf dem umgeschnallten Bratwurstgrill gebratene Würstchen auf öffentlichen Straßen oder Plätzen zu verkaufen, ist genehmigungspflichtig, urteilten die Richter in der Hauptstadt. Die Abwicklung gewerblicher Warenverkaufsgeschäfte gehöre grundsätzlich nicht zu den Tätigkeiten, denen das öffentliche Straßenland gewidmet sei.
Ob man das beklagen mag oder begrüßen: Es ist nicht zu erwarten, dass die Bierbikes vollständig von den Straßen verschwinden. Am Ende wird es vor allem darauf ankommen, wie die zuständigen Behörden die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen handhaben. Die scheidenden Junggesellen betrifft das ohnehin nur am Rande: Um die Genehmigung werden sich sicherlich die Vermieter der Bikes kümmern.
Der Autor Dr. Wolfram Schwetzel ist Rechtsanwalt bei CMS Hasche Sigle am Standort Köln. Er hat seinen Tätigkeitsschwerpunkt im öffentlichen Wirtschaftsrecht.
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OVG Münster: . In: Legal Tribune Online, 23.11.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/4881 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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