Eine Münchener Firma hat eine App entwickelt, mit der Chefs den Gemütszustand ihrer Mitarbeiter überprüfen können. Arbeitsrechtlich liegt dieses Vorgehen mindestens in einer Grauzone, meint Christian Oberwetter.
Der digitale Markt ist in Bewegung, ständig entwickeln Anbieter neue Apps, die man bislang nicht vermisst hatte, die aber auf den ersten Blick sinnvoll oder nützlich erscheinen. In den USA händigen Unternehmen ihren Beschäftigten sogenannte Fitness-Armbänder aus; so lassen sich digital deren tägliche Bewegungen messen. Derartige Entwicklungen sind jedoch nicht nur in den Vereinigten Staaten möglich.
In Deutschland hat das Münchener Startup Soma Analytics eine App entwickelt, die dem Stress der Beschäftigten auf den Grund gehen soll. Die App auf dem Smartphone weiß, ob es uns gut geht. Anhand von Stimme, Tippverhalten und Bewegungen ermittelt sie, wie gestresst der Träger ist. Die App registriert, wie häufig wir auf unser Smartphone schauen und wie schnell wir Nachrichten tippen. Sie errechnet daraus, ob wir unter Druck stehen. Und sie prüft mit ihren Bewegungssensoren, ob wir gesund schlafen oder unruhig von einem Alptraum in den nächsten sinken.
Selbstüberwachung ist erlaubt
Blieben diese Daten allein beim Nutzer, wäre das kein Problem: Selbstüberwachung ist nicht verboten. Die App gibt die erhobenen Daten jedoch an den Chef weiter, damit dieser das Stresspotential in der Firma analysieren kann. Das Programm soll nicht etwa weniger belastungsfähige Mitarbeiter aussortieren, sondern vielmehr bei einer Vielzahl von gehetzten Mitarbeitern Maßnahmen zur Verminderung von Stress in Gang bringen. So könnte der Chef also auf digitaler Ebene seiner arbeitsvertraglichen Fürsorgepflicht nachkommen, wonach er den Beschäftigten vor Beeinträchtigungen seiner Gesundheit zu schützen hat.
In der Tat spricht grundsätzlich nichts dagegen, Software zum Schutz vor Gesundheitsgefahren einzusetzen. Problematisch wird es allerdings dann, wenn dazu umfassend personenbezogene Daten von Beschäftigten erhoben und verarbeitet werden. Eine solche Nutzung von Daten ist nur zulässig, wenn die Regelungen des Datenschutzrechts und das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Beschäftigten nicht verletzt werden. Personenbezogene Daten dürfen nach § 4 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) nur erhoben werden, wenn eine gesetzliche Vorschrift das zulässt oder wenn der Betroffene eingewilligt hat.
Christian Oberwetter, Arbeitnehmerkontrolle per Stimmungs-App: . In: Legal Tribune Online, 01.06.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15706 (abgerufen am: 03.11.2024 )
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