2/2: Alkoholabhängigkeit und -missbrauch
Definitiv zum Fußgänger sollte werden, wer 3,0 Promille übersteigt. Hier geht man von einer Alkoholabhängigkeit im Sinne von Nr. 8.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) und damit ohne weiteres von der Ungeeignetheit zum Führen eines Fahrzeugs aus.
Eine solche Ungeeignetheit besteht auch bei Alkoholmissbrauch. Ein solcher liegt vor, wenn "das Führen von Fahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher getrennt werden kann". Auch ein missbräuchlicher Alkoholkonsum außerhalb des Straßenverkehrs kann der Fahrerlaubnisbehörde Anlass zu Eignungszweifeln und damit einen Grund für die Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens geben. Bereits ein schwerer Rausch – deutlich über 2 Promille – kann hier, wenn weitere Umstände (z. B. Berufskraftfahrer) hinzukommen, auf einen Alkoholmissbrauch hindeuten.
Eine Einladung zum "Idiotentest" erhält, wer mit 1,6 Promille unterwegs war. Nach § 13 S. 1 Nr. 2c FeV ordnet die Fahrerlaubnisbehörde an, dass ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen ist, wenn ein Fahrzeug im Straßenverkehr bei einer BAK von mehr als 1,6 Promille geführt wurde. Ein Unterschied zwischen "Nur-Radlern" und Personen, die im Rausch das Auto stehen lassen und sich stattdessen auf ihr Fahrrad schwingen, macht die Rechtsprechung nicht (BVerwG, Beschl. v. 20.06.2013, Az. 3 B 102/12). Wer solch hohe Werte aufweise, habe Alkoholprobleme. Ein Geselligkeitstrinker könne höchstens Spitzenwerte zwischen 0,8 Promille und 1,1 Promille, in besonderen Fällen auch 1,3 Promille, erreichen. Wer 1,6 Promille schafft, habe also erheblich von der Norm abweichende Trinkgewohnheiten (VG Aachen, Urt. v. 09.05.2012, Az. 3 K 1042/12). Die normalen körperlichen Symptome, die bei einem Rausch auftreten, wirken bei solchen Personen nicht mehr als Bremse, damit sie trotz Alkoholkonsums nicht mehr ins Auto steigen (VG Würzburg, Beschl. v. 02.12.2013, Az. W 6 S 13.1151).
Null-Promille-Grenze für Fahranfänger
Das Verkehrsrecht kennt aber auch schon eine faktische Null-Promille-Grenze: § 24c StVG sieht ein Alkoholverbot für Fahranfänger vor. Danach handelt ordnungswidrig, wer im Straßenverkehr alkoholische Getränke zu sich nimmt oder die Fahrt antritt, obwohl er alkoholisiert ist.
Erfüllt ist der Tatbestand bereits, wenn auch nur ein einziger Schluck Alkohol getrunken wird. Der Genuss alkoholhaltiger Süßwaren (z.B. Weinbrandbohnen) oder die Einnahme von Arzneimitteln wie Hustensaft fällt dagegen nicht unter das Verbot. Eine exakte Promille-Grenze kennt die Vorschrift deshalb nicht: Der Gesetzgeber hat sich zwar für ein striktes Alkoholverbot für Fahranfänger entschlossen, er wollte aber aus Beweisgründen nicht zugleich eine absolute Null-Promille-Grenze für diese Gruppe einführen. Denn schon die erste Schnapspraline könnte bei der Ausgereiftheit moderner Messmethoden die Grenze reißen.
Die radikale Forderung der Grünen macht daher nicht nur den Verkehr nicht wesentlich sicherer, sie ist in der Praxis auch schlicht nicht durchführbar. Autofahrer dürften dann nicht einmal mehr Apfelsaft (0,5 Volumenprozent), "alkoholfreies" Bier (bis zu 0,5 Volumenprozent) oder Kefir (0,6 Volumenprozent) trinken. Rechtsexperten sprechen sich dafür aus, als "alkoholhaltig" nur anzusehen, was mehr als 1 Volumenprozent aufweist. Sollte eine strikte Promille-Grenze kommen, wird man sich nicht nur von diesen Getränken verabschieden müssen, sondern darüber hinaus auch von manchen Torten, einem Malaga-Eis oder vom Sauerkraut.
Der Autor Dr. Adolf Rebler ist Regierungsamtsrat in der Regierung der Oberpfalz, Regensburg.
Adolf Rebler, Null-Promille-Grenze für Autofahrer: . In: Legal Tribune Online, 01.04.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/11509 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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