Zu wenig Platz beim NSU-Prozess: OLG München könnte Bilder in Medienraum übertragen

von Martin W. Huff

06.03.2013

2/2: Aus der Perspektive des Zuschauers: Statische Kamera

Doch schließt dieses Verbot die Übertragung der Gerichtsverhandlung per Video in einen Medienarbeitsraum tatsächlich aus? Es steht außer Frage, dass die Journalisten diese nicht zu einer Weiterübertragung nutzen dürfen. Diese wünschen sich vielmehr vor allem, alle Aussagen, Stimmen und Geschehnisse durch die Bildübertragung auch den jeweils handelnden Personen zuordnen zu können.

Klar muss sein, dass per se nur solche Bilder in einen Medienarbeitsraum übertragen werden dürften, welche dieselbe Perspektive zeigen, die auch der Zuschauer im Saal hat. Der Gerichtssaal darf keinen Raum geben für eine Inzenierung wie in einem Fernsehspiel.

Denkbar wäre also nur eine  "statische Kamera", die den Saal vor dem Zuschauerraum umfasst, also die Richter, Staatsanwälte, Angeklagte und Verteidiger so zeigt, wie man sie auch als sitzender Zuschauer sähe. Es darf keine Bilder geben, die zum Beispiel von vorne auf den Angeklagten gerichtet sind. Auch ein Zoomen oder ähnliches wäre auf keinen Fall erlaubt.

Wenn diese Voraussetzung erfüllt ist, ist die Übertragung in einen Nebenraum erlaubt. Sie würde bloß eine "erweitere Saalöffentlichkeit" herstellen, nicht aber eine öffentliche Übertragung nach außen. Denn es würde ja nur ein Bild übertragen, das zeigt, was man auch im Saal sähe. Es ist sogar weniger, denn Stimmungen der Zuschauer etc. würden von der statischen Kamera  nicht erfasst.

Journalisten müssten Kamerahandys abgeben

Auch das Argument, dass dieser Saal der sitzungspolizeilichen Befugnis des Vorsitzenden nach § 176 GVG entzogen ist, greift nicht durch. Seine Vorgaben könnte auch in dem Saal für die Pressevertreter etwa durch die Anwesenheit von Wachtmeistern durchgesetzt werden. Dieser könnte auch Rückmeldungen an den Vorsitzenden geben. Tumulte oder ähnliche  dürften im einem  Medienarbeitsraum nicht vorkommen  und eine Störung der Hauptverhandlung ist sowieso ausgeschlossen.

Es spräche also nichts dagegen, eine solche Übertragung zuzulassen. Allerdings wäre es gut, wenn der Vorsitzende diese Maßnahmen mit der Verteidigung, Nebenklage und der Staatsanwaltschaft abspräche.

Außerdem müssten die Journalisten quasi im Gegenzug einige Vorkehrungen in ihrem Medienarbeitsraum akzeptieren. So wäre etwa ein Verbot, Mobiltelefone, Laptops etc. mit Kamerafunktion mit in den Arbeitsraum zu nehmen, sicherlich angemessen, um die Gefahr der öffentlichen Übertragung auszuschließen.

Die Münchener Justiz sollte überlegen, ob sie diesen Weg angesichts des Medieninteresses nicht doch gehen sollte. Die Auseinandersetzung mit dem Prozess sollte inhaltlicher Art sein und nicht um die Frage der Berichterstattung aus dem Saal geführt werden.

Der Autor Martin W. Huff ist Rechtsanwalt und Lehrbeauftragter für Medienrecht an der Fachhochschule Köln. Er schrieb früher selbst als Redakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung über große Strafprozesse etwa gegen Jürgen Schneider und Peter Graf und bildet heute Pressesprecher an Gerichten aus.  

Zitiervorschlag

Martin W. Huff, Zu wenig Platz beim NSU-Prozess: . In: Legal Tribune Online, 06.03.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8273 (abgerufen am: 22.11.2024 )

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