Neue Top Level Domains: www.DieseMarke.sucks?

von Kristin Bonhagen (LL.M.)

08.09.2014

Vor wenigen Wochen musste Calvin Klein eine Niederlage einstecken im Kampf gegen den Inhaber der Domain "fuckcalvinklein.com", weil keine Verwechslungsgefahr bestehe. Mit den neuen Top Level Domains droht Ärger in ganz neuen Dimensionen: Endungen wie .sucks, .lol, .fail oder .rocks bieten viel Konfliktpotenzial. Das sollte man lieber vorab im Auge behalten, rät Kristin Bonhagen.

Schmähendes Beiwerk sehen Markeninhaber ungern. Sie selbst wollen diejenigen sein, die darüber entscheiden, in welchem Umfeld ihre Marke auftaucht. So zuletzt auch die Calvin Klein Trademark Trust & Calvin Klein, Inc., die sich gegen den Domainnamen "fuckcalvinklein.com" wehrte und vor ein Schiedsgericht zog. Sie verlor: Zwischen der Marke Calvin Klein und dem Domainnamen bestehe keine Verwechselungsgefahr, entschied das Schiedsgericht im April 2014.

Der Verkehr wisse aufgrund des vorangestellten "fuck", dass der Domaininhaber zum Inhaber der Marke in keiner Verbindung stehe. Es gebe auch keine Veranlassung, von einer solchen auszugehen, befanden die Richter (Calvin Klein Trademark Trust & Calvin Klein, Inc. v. Alan Sleator, FA1403001547828, Nat. Arb. Forum 11/04/2014). Ein Internetnutzer, der diesen Domainnamen eingebe, könne nicht ernsthaft erwarten, dass Calvin Klein damit in Verbindung stehe – oder in Verbindung stehen wolle.

Diese Entscheidung überrascht, steht sie doch im Widerspruch zu früheren Schiedssprüchen, die Domainnamen wie "fuckyahoo.com" oder "fuckaol.com" verboten haben. In der fuckcalvinklein.com Entscheidung werden diese älteren Entscheidungen jedoch mit keinem Wort erwähnt.

Effektiv auch für die neuen Top Level Domains: Internationales Schiedsverfahren

Diese Überlegungen zugrunde gelegt, werden Markeninhaber in Zukunft mit Domainnamen leben müssen, die auf die eine oder andere Weise auf ihre Marken Bezug nehmen, wenn diese sich deutlich genug von der eigenen Marke abgrenzen und dem Verkehr bewusst ist, dass keine Verbindung zum Markeninhaber besteht.

Dann fehlt es schon am Merkmal der Verwechslungsfähigkeit, das in dem auch von Calvin Klein gewählten Schiedsverfahren auf Basis der Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (UDRP) beziehungsweise des Uniform Rapid Suspension System (URS) ausschlaggebend ist.

Über dieses Verfahren kann der Inhaber einer Marke vor allem, wenn der Domainnameninhaber im Ausland sitzt, häufig effektiver als auf rein deutschem Rechtsweg die Löschung, Übertragung oder Sperrung des jeweiligen Domainnamens verlangen. Dem Schiedsverfahren, welches auch für die neuen Top Level Domains zur Verfügung steht, unterwirft sich jeder, der einen der neuen Namen für sich registriert.

Erfolg hat der Markeninhaber in dem Verfahren, wenn der angegriffene Domainname identisch oder verwechslungsfähig ähnlich ist mit seiner Marke, der Registrierte keine Rechte oder berechtigte Interessen an der Domain hat und sie bösgläubig registriert hat und nutzt.

".sucks" macht den Unterschied: In der Regel keine Verwechslungsgefahr

Bei neuen Top Level Domains, welche die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) derzeit schrittweise zur Registrierung freigibt, ist für die Verwechslungsgefahr möglicherweise noch nicht einmal mehr erforderlich, dass der Zusatz, welcher der Marke hinzugefügt wird, wie im Fall fuckcalvinklein.com ein abwertender ist.

Zur Abgrenzung kann vielmehr auch die Top Level Domain selbst ausreichen. In der Vergangenheit galt zwar, dass die Top Level Domain bei der Frage der Verwechslungsgefahr nicht mit berücksichtigt wird. In dem Verfahren Canyon Bicycles hat der Schiedsrichter in einer Art obiter dictum allerdings ausdrücklich dafür plädiert, in Zukunft auch Top Level Domains selbst als differenzierendes Merkmal in die Abwägung der Verwechslungsgefahr mit einzubeziehen (Canyon Bicycles GmbH v. Domains By Proxy, LLC / Rob van Eck (WIPO Case No. D2014-0206)). Sollte sich diese Auffassung durchsetzen, müssten Markeninhaber eine Top Level Domain wie ".sucks" als differenzierendes Merkmal womöglich immer hinnehmen.

Selbst wenn man dennoch von einer Verwechslungsgefahr ausginge, könnte sie dem Markeninhaber nicht viel helfen, wenn der Domainnameninhaber beispielsweise ein kritisches Forum betreibt. Dann könnte er ein berechtigtes Interesse an dem Domainnamen ins Feld führen. Auch eine Registrierung und Nutzung in bösem Glauben wären in diesen Fällen nicht selbstverständlich.

Verfahren vor ordentlichen Gerichten

Natürlich kann der Markeninhaber auch die ordentlichen nationalen Gerichte anrufen. Obgleich dieser Weg etwas beschwerlicher und langwieriger sein kann, wenn der Domaininhaber im Ausland sitzt, bietet ein zivilrechtliches Verfahren vor deutschen Gerichten mehr Argumentationsspielraum. Das deutsche Recht stellt unterschiedliche Anspruchsgrundlagen zur Verfügung, die allerdings je nach Einzelfall wiederum ganz unterschiedlich erfolgversprechend sein können.

So können markenrechtliche Ansprüche aus §§ 14, 15 Markengesetz  am "Handeln im geschäftlichen Verkehr" wie auch an der nötigen Waren- oder Dienstleistungsnähe scheitern, wenn der Inhaber bloß einen Domainnamen registriert hat (vgl. BGH, Urt. vom 24.04.2008, Az. I ZR 159/05 – Affilias).

Wettbewerbsrechtliche Ansprüche z.B. aus § 4 Nr. 10 oder § 5 des Gesetzes gegen den Unlauteren Wettbewerb wiederum verlangen ein Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien. Noch höhere Hürden bestehen für zivilrechtliche Ansprüche wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung zumBeispiel nach § 826 BGB.

Die Entscheidung in Sachen fuckcalvinklein schafft gerade mit Blick auf das laufende Registrierungsverfahren für die neuen Top Level Domains neuen Beratungs- und Beobachtungsbedarf für Markeninhaber: Im Zweifel im Vorfeld selbst sichern.

Die Autorin Kristin Bonhagen, LL.M. ist Rechtsanwältin mit Schwerpunkt Markenrecht bei Rasch Rechtsanwälte am Standort Hamburg.   

Zitiervorschlag

Neue Top Level Domains: . In: Legal Tribune Online, 08.09.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13112 (abgerufen am: 25.11.2024 )

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