2/2: Fall über das AGG nicht zu lösen
Ein Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), welches auch einen Schutz vor Benachteiligungen im Zivilrechtsverfahren bietet, greift nach den Ausführungen des Gerichts jedenfalls nicht, weil in § 19 Abs. 1 AGG die Staatsangehörigkeit nicht explizit genannt sei. Kann aber ein ausländisches Gesetz, das Menschen nach ihrer Staatsangehörigkeit ganz offensichtlich diskriminiert, Grundlage in einem deutschen Gerichtsverfahren sein?
Jedenfalls verbietet Art. 14 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) eine Diskriminierung wegen der Staatsangehörigkeit ganz explizit. Im deutschen Recht kommt der EMRK seit der Ratifikation im Dezember 1952 auch eine dem Bundesgesetz übergeordnete Rolle zu. Auch wenn sie keinen Verfassungsrang hat, so entsprechen die Grundrechte der EMRK überwiegend denen des Grundgesetzes. Insofern erscheint es in einem deutschen Verfahren mehr als nur angebracht, ein offensichtlich diskriminierendes Gesetz im Lichte der EMRK auszulegen.
Im Übrigen sind auch im Bereich des Luftfahrtrechts, beispielsweise nach der Fluggastrechteverordnung der Europäischen Union (EU), die ein hohes Schutzniveau für Fluggäste schafft und den Erfordernissen des Verbraucherschutzes gerecht werden will, keine Gründe ersichtlich, die eine Nichtbeförderung des israelischen Staatsbürgers gerechtfertigt hätten. Denn in Art. 2 lit. j) dieser Verordnung werden beispielhaft als Grund für eine Nichtbeförderung lediglich die Gesundheit der Reisenden, die allgemeine oder betriebliche Sicherheit oder fehlende Reiseunterlagen genannt.
Vergleichbares schon in der Schweiz und den USA
In ähnlich gelagerten Fällen sind Israelis bereits in der Schweiz und auch in den USA gegen Kuwait Airways vorgegangen. Obgleich es sich bei diesen Fällen sogar um Nonstopflüge – also ohne einen Zwischenstopp in Kuwait City – gehandelt hat, weigerte sich die Fluggesellschaft, die Beförderung von israelischen Staatsbürgern durchzuführen. Das Department of Transportation in den USA bejahte jedenfalls im Jahr 2015 den Verstoß gegen das Antidiskriminierungsgesetz, als ein Israeli, der mit Kuwait Airways von New York nach London fliegen wollte, nicht befördert wurde.
Aber statt diese diskriminierende Geschäftspraktik zu unterlassen, haben Kuwait Airways die Flüge New York-London aus dem Flugplan gestrichen und das Programm umgestellt. Die damit verbundenen wirtschaftlichen Folgen wurden offensichtlich hingenommen. Auch die Beschwerde eines israelischen Passagiers gegen Kuwait Airways beim Schweizer Bundesamt für Zivilluftfahrt führte dazu, dass im Jahr 2016 die Flüge von Genf nach Frankfurt am Main gestrichen wurden.
Es bleibt also abzuwarten, wie sich das LG Frankfurt in dieser Rechtssache entscheiden wird. Es sprechen aber viele Gründe im Bereich des Verbraucherschutzes und der Grundrechte dafür, die Klage des israelischen Staatsbürgers auf Erfüllung des Vertrages nicht abzuweisen.
Die Autorin Dr. Eva Ghazari-Arndt, LL.M. ist Rechtsanwältin und Dozentin auf dem Rechtsgebiet des Privatrechts.
Kuwait Airways verweigerte Fluggastbeförderung: . In: Legal Tribune Online, 12.09.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/24467 (abgerufen am: 06.11.2024 )
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