Nach langem Hin und Her hat das OLG München die Urteilsbegründung im Fall Uli Hoeneß veröffentlicht. Lange hatte die Vorinstanz sich gesträubt, einen entsprechenden Beschluss zu erlassen. Die Richter waren der Ansicht, dazu nicht verpflichtet oder gar berechtigt zu sein. Das sieht Martin W. Huff völlig anders. Er zeigt, welche Stellung das Auskunftsrecht der Journalisten wirklich hat.
Siebeneinhalb Monate nach der Verurteilung von Uli Hoeneß liegt die detaillierte Urteilsbegründung jetzt der Öffentlichkeit vor. Nach Ablauf der Stellungnahmefrist für die Verteidiger habe die 5. Strafkammer des Landgerichts München II mit Beschluss vom Donnerstag entschieden, dass das Urteil anonymisiert veröffentlicht werden könne, teilte das Oberlandesgericht (OLG) München mit.
Das Steuerstrafverfahren gegen den Wurstfabrikanten wird für lange Zeit eines der spektakulärsten in der Bundesrepublik bleiben. Das Landgericht (LG) München II hatte den früheren Bayern-Präsidenten wegen Steuerhinterziehung von insgesamt 28,5 Millionen Euro zu drei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Eine ähnliche Aufmerksamkeit hatte gut 15 Jahre vorher das Verfahren gegen Peter Graf erfahren, der 1997 wegen Steuerhinterziehung vom Landgericht Mannheim zu 3 Jahren und neun Monaten Haft verurteilt worden war.
Beide Verfahren haben zudem eine weitere Gemeinsamkeit: Es gab Auseinandersetzungen um die Frage, ob das Gericht verpflichtet ist, die schriftlichen Urteilsgründe zu veröffentlichen. Nach dem Verfahren gegen Peter Graf musste die Frankfurter Allgemeine Zeitung, die intensiv über den Prozess berichtet hatte, erst Beschwerde gegen eine ablehnende Entscheidung einlegen, bis die Justiz ihr das anonymisierte Urteil zur Verfügung stellte.
Anonymisiertes Urteil
Das lange Ringen um die Veröffentlichung des Hoeneß-Urteils zeigt, dass es den Gerichten anscheinend auch heute noch immer schwerfällt, bestimmte Entscheidungen zu veröffentlichen, gerade auch auf Medienanfragen hin.
Dass Urteile überhaupt veröffentlicht werden, ist keine gängige Praxis in Deutschland, weil Gerichte in der Abwägung zwischen Persönlichkeitsrechten und dem öffentlichen Anspruch häufig gegen die Veröffentlichung des schriftlichen Urteils entscheiden. Können sie sich doch zur Veröffentlichung durchringen, dann geschieht das manchmal in einer etwas eigenartigen Fassung, so wie jetzt im Fall Hoeneß.
In der vergangenen Woche hat das OLG München zwar nach heftigen Diskussionen den Inhalt der Entscheidung, mit welcher Hoeneß verurteilt wurde, auf seiner Internetseite veröffentlicht – allerdings in einer gänzlich anonymisierten Fassung. Es sind weder das erkennende Gericht (das Landgericht München II), das Datum des Urteils (13.03.2014) oder das Aktenzeichen (W 5 KLs 68 Js 3284/13), noch die erkennenden Richter und sonstigen Verfahrensbeteiligten erkennbar.
Wer mit der Thematik und den beteiligten Personen nicht vertraut ist, verliert beim Lesen des Textes schnell den Überblick. Die Rede ist etwa von einem Zeugen T., einem Magazin F., einem Journalisten Z., einem Oberamtsrat U. und einem Finanzamt M. Auch Zahlen sind teilweise nicht exakt einzusehen. Grund seien der Persönlichkeitsschutz und das Steuergeheimnis, hieß es beim Oberlandesgericht München.
Warum diese Rechte aber gerade bei dem medial vielfach aufgegriffenen Fall des prominenten früheren Bayern-Präsidenten gegenüber dem Anspruch der Öffentlichkeit überwiegen sollten, bleibt das Geheimnis der Münchener Richter.
Die obersten Bundesgerichte wählen für ihre Veröffentlichungen jedenfalls eine deutlich klarere Form der Aufbereitung, unabhängig von dem tatsächlichen Interesse der Öffentlichkeit an dem Fall. Diese Praxis sollten die Gerichte der unteren Instanzen übernehmen.
Martin W. Huff, Urteil im Fall Hoeneß anonymisiert veröffentlicht: . In: Legal Tribune Online, 03.11.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13682 (abgerufen am: 20.11.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag