Im Zuge des Verbots zweier Motorradclubs in NRW beschlagnahmte die Polizei u. a. mehrere Zweiräder als Vereinsvermögen. Die Rocker gehen nun dagegen vor – und ihre Chancen stehen grundsätzlich nicht schlecht, meint Florian Albrecht.
Am 18.10.2017 wurde das vom nordrhein-westfälischen Innenministerium ausgesprochene Verbot der Vereine Hells Angels MC Concrete City sowie Clan 81 Germany vollstreckt. Die Rockervereine mit Stammsitz in Erkrath wurden aufgrund der Annahme strafrechtlich relevanter Aktivitäten verboten. Vorausgegangen waren unter anderem Massenschlägereien zwischen verfeindeten libanesischen Großfamilien, wobei eine Seite Unterstützung aus Rockerkreisen erfahren haben soll.
Die Verbotsverfügung spricht insoweit von tumultartigen Auseinandersetzungen, die nur unter hohem personellem Einsatz der Polizei eingedämmt werden konnten. Hierbei wurden Beamte angegriffen und verletzt. Die Maßnahme der Innenbehörde ist Bestandteil einer Zero-Tolerance-Strategie, mit der Rockervereine unter Druck gesetzt und aus dem öffentlichen Leben verbannt werden sollen. Im Zuge der Vollstreckung wurden u. a. neun Motorräder sichergestellt.
Während die Polizeiaktion seitens des Landesinnenministeriums als großer Erfolg beschrieben wurde, ließ auch die Reaktion der Rocker nicht lange auf sich warten. Diese kritisierten über einen Rechtsanwalt, es seien im Zusammenhang mit der Vollziehung des Verbots Gegenstände beschlagnahmt worden, die nicht zum Vereinsvermögen gehörten.
Seitens der Behörde wurde hingegen insbesondere die Mitnahme der neun Motorräder gerechtfertigt. Diese sollen nach dem Verbot der Vereine gem. § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VereinsG als Vereinsvermögen der Beschlagnahme und Einziehung unterliegen. Was genau beschlagnahmt werden kann, muss aber in jedem einzelnen Fall sorgfältig geprüft werden.
Zwischen Eigentumsschutz und effektivem Verbotsverfahren
Zum Vermögen eines Vereines gehören alle Gegenstände, die der Verein nutzt oder zu nutzen beabsichtigt, um die von ihm verfolgten Zielsetzungen zu erreichen, ohne dabei von der Zustimmung Dritter abhängig zu sein. Der staatliche Zugriff auf dieses Vereinsvermögen dient vor allem dazu, einem bspw. strafgesetzwidrigen Verein die Grundlage für die Fortsetzung seiner Aktivitäten zu entziehen. Daher erfolgt die Zuordnung eines Gegenstandes zum Vereinsvermögen auch nicht anhand der Eigentumsverhältnisse, sondern auf der Grundlage einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise.
Zum Vereinsvermögen gehören aber nicht nur Gegenstände, die eine wirtschaftliche Bedeutung aufweisen, sondern auch solche ideeller Prägung (also etwa Jubiläumsgeschenke, Ehrenurkunden, Kleidungsstücke usw.). Die Rechtsprechung geht insoweit zutreffend davon aus, dass wegen des berechtigten staatlichen Interesses an einer effektiven Gefahrenabwehr der Begriff des Vereinsvermögens weit ausgelegt werden darf (VG Berlin, Urt. v. 01.09.2015 – 29 K 237.13).
Gleichzeitig ist aber auch zu berücksichtigen, dass mittels eines zu weit reichenden Vermögensbegriffs in unverhältnismäßiger Weise auf das Privateigentum der Vereinsmitglieder zugegriffen werden könnte (VG Göttingen, Urt. v. 14.10.2015 – 1 A 240/14).
Folglich muss ein Weg gefunden werden, der verhindert, dass eine möglicherweise übereifrige Verbotsbehörde das Privatvermögen eines Vereinsmitglieds (bspw. ein von diesem geführtes Unternehmen) dem Vereinsvermögen zurechnen und beschlagnahmen kann, ohne dass ein Zusammenhang mit dem verbotenen Verein bestünde. Gleichzeitig muss das Verbotsverfahren aber effektiv bleiben.
Die verwaltungsgerichtliche Praxis unterscheidet dazu bei der Zuordnung i. d. R. drei Varianten: So ist darauf abzustellen, ob sich die Vermögensbestanteile im Gewahrsam des Vereins (also bspw. in einem Clubheim oder auf einem verschlossenen Clubgelände), eines Vereinsvorstandes oder im Gewahrsam eines einfachen Vereinsmitglieds befinden.
Florian Albrecht, Nach der Beschlagnahme von Vereinsvermögen: . In: Legal Tribune Online, 02.11.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/25329 (abgerufen am: 06.11.2024 )
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