Die GEMA hat ihre Tarifstruktur für Musikveranstaltungen vereinfacht. Die Diskothekenbetreiber aber laufen Sturm gegen die Neuregelungen, mittelgroße Veranstalter fürchten gar den Ruin durch die Lizenzgebühren für die Partymusik. Man sollte die hochgekochte Debatte sachlich führen, schlägt Rolf Schwartmann vor.
Das neue System, das die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA) nun veröffentlicht hat, funktioniert denkbar einfach. Ab 2013 sollen nur noch zwei statt der derzeit elf Tarife für Livemusik und Tonträgerwiedergaben etwa in Diskotheken gelten. Ein Tarif regelt Veranstaltungen mit Livemusik, einer die Vergütung für Musiknutzung in Diskotheken, Clubs, Hochzeitfeiern mit DJ und ähnliches. Reine Konzerte sind von den neuen Regelungen ausgenommen.
Der aktuelle Tarif für Musikveranstaltungen wurde für zu kompliziert gehalten, zu viele Tarife brächten Rechtsunsicherheit, so die Begründung der GEMA für die Vereinfachung der Tarifstruktur. Dennoch steht die Verwertungsgesellschaft, die die Rechte der Urheber wahrnimmt, indem sie Lizenzen unter anderem für Veranstaltungen mit Livemusik und Tonträgerwiedergaben vergibt, nun stark in der Kritik.
Dabei will die GEMA neben der Vereinfachung nach eigenen Angaben kleine Veranstalter entlasten. Die Vergütung nach den neuen Tarifen soll an der wirtschaftlichen Größe der Veranstaltung linear ausgerichtet werden. Raumgröße und Eintrittspreis einer Veranstaltung sind die Parameter, an der sich die Preise orientieren.
Es geht insgesamt um eine gerechtere Vergütung der Urheber. Laut GEMA führt das neue Modell "bei nahezu allen Veranstaltungen mit geringen Raumgrößen und moderaten Eintrittspreisen zu deutlichen Vergünstigungen". Das ist der positive Effekt. Der negative ist, dass größere Veranstaltungen mit höheren Abgaben rechnen müssen als nach dem bisherigen Modell.
Diskothekenbetreiber befürchten existenzbedrohende Auswirkungen
Die Bundesvereinigung der Musikveranstalter wirft der GEMA mangelnde Kompromissbereitschaft und Ausnutzung ihrer Monopolstellung vor, die Rechteverwertungsgesellschaft wolle "ihre Einnahmen auf Kosten der Musikveranstalter erheblich steigern". Durch die Zusammenführung der Tarife gehe ein großer Teil der durch die unterschiedlichen Tarife erzielten Einzelfallgerechtigkeit verloren. Die Diskothekenlobby befürchtet, dass die neue Struktur für mittelgroße Diskotheken gar existenzbedrohende Auswirkungen haben könne, weil die Lizenzgebühren deutlich steigen würden.
Die Verwertungsgesellschaft setzt dennoch auf die lineare Ausrichtung anhand der wirtschaftlichen Größe der Veranstaltung. Ihre Logik: Je größer der Raum und je höher der Eintrittspreis, desto höhere Gebühren sind zumutbar, weil eine große Veranstaltung mehr abwirft als eine kleine. Dafür fallen bei kleineren Veranstaltungen in Clubs oder bei privaten Feiern geringere Kosten an. Das System ist also in sich ausgewogen.
Hinzu kommt ein wichtiger Punkt: Der jetzt veröffentlichte Tarif ist nicht in Stein gemeißelt, sondern bereits aktuell Gegenstand eines von der GEMA eingeleiteten Schiedsgerichtsverfahrens. Das hat sie getan, weil zu erwarten ist, dass Tarifpartner mit denen die GEMA im Hinblick auf die Musiknutzung kontrahieren muss, den Tarif, der ab 2013 gelten soll, nicht akzeptieren werden und die Angemessenheit des neuen Tarifs bestreiten. Die bekannt gemachten Tarife gelten so lange als angemessen, wie ihre Unangemessenheit nicht festgestellt ist, die Tarifpartner können sie aber überprüfen lassen. Dazu schreibt das Urheberrechtswahrnehmungsgesetz zunächst die erfolglose Durchführung eines Schiedsverfahrens bei der Schiedsstelle des Deutschen Patent- und Markenamtes als Voraussetzung einer gerichtlichen Überprüfung vor. Auf diese Weise kann nun eine gütliche Einigung oder danach gegebenenfalls eine gerichtliche Klärung erfolgen, um zu klären, ob die Tarifstruktur insgesamt ausgewogen ist oder ob sie einen Teil der Musikveranstalter über die Maßen belastet.
Am Ende ist klar, dass die Urheber angemessen vergütet werden und große wie kleine Veranstalter mit der Tarifstruktur leben können müssen. Das neue Tarifsystem ist daraufhin zu überprüfen und erforderlichenfalls interessengerecht auszutarieren, so dass es zu einem fairen Ausgleich kommt.
Der Autor Rolf Schwartmann ist Professor an der Fachhochschule Köln und Leiter der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht.
Rolf Schwartmann, Neuer Diskothekentarif der GEMA: . In: Legal Tribune Online, 19.04.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6030 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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