Der U-Asta in Freiburg vertreibt seit einigen Jahren T-Shirts mit dem baden-württembergischen Wappen und dem Slogan "Wir können alles. Außer Bildungspolitik". Nun hat das Innenministerium des Landes den Verkauf untersagt. Begründung: Der Abdruck des Landeswappens sei gesetzlich verboten. Tatsächlich dürfen Privatpersonen Hoheitszeichen nämlich nicht uneingeschränkt nutzen.
Hoheitszeichen sorgen über das verwendete Wappen dafür, dass eine staatliche Stelle als solche erkennbar ist. Landläufig besteht aber die Meinung, man könne diese Symbole ohne Einschränkung nutzen – schließlich repräsentieren sie den Staat (Bund, Länder, Gemeinden) und damit ja letztlich uns alle.
Es erscheint deshalb auf den ersten Blick nahe liegend, dass jeder Einzelne das Recht hat, Hoheitszeichen wie etwa Wappen zu verwenden, um Zusammengehörigkeit, regionale Verbundenheit oder einfach Patriotismus auszudrücken.
Umgekehrt können Hoheitszeichen - wie im Fall der Freiburger Studenten - in kritischem Kontext verwendet werden, um auf Missstände hinzuweisen. So wird rasch der Adressat der Kritik – hier das Land Baden-Württemberg - erkennbar. Auch dann stehen die verwendeten Zeichen in einem öffentlichen Zusammenhang, und es erscheint deshalb nicht abwegig, dass man sich ihrer bedienen kann.
Ganz so einfach ist die Sache allerdings nicht, denn Hoheitszeichen dürfen nur in engen Grenzen verwendet werden.
Staatliche Symbole aus Ausdruck formeller Legitimität
"Der Staat" als Gesamtheit der Bürger hat sich als Rechtsperson emanzipiert. Er kann dem Bürger gegenübertreten, Recht setzen und dieses sogar gegen den Willen des Einzelnen durchsetzen.
Die inhaltliche Legitimation dieser staatlichen Hoheit ergibt sich daraus, dass wir alle als Souverän über demokratische Wahlen den gleichen Einfluss auf die politische Willensbildung nehmen können.
Die Hoheitszeichen sind formeller Ausdruck dieser Legitimation: Durch die Verwendung staatlicher Symbole ist hoheitliches Handeln erkennbar, der Staat als solcher identifizierbar. Diese Repräsentationsfunktion von Hoheitszeichen bedingt jedoch umgekehrt, dass auch deren eindeutige Zuordnung zu staatlichen Trägern bei der Erfüllung ihrer Aufgaben gewährleistet sein muss.
Recht zur Wappenführung
Die Identifikation erfolgt durch das Recht zur Wappenführung. Es steht staatlichen Hoheitsträgern wie Bund, Ländern und Gemeinden mit ihren Behörden und Gerichten zu und umfasst gewöhnlich die Wappenverwendung in Dienstsiegeln, amtlichen Briefköpfen, Amtsschildern und Dienstflaggen. Daneben gibt es Sonderregelungen für Bereiche, in denen erkennbar staatliche Hoheit ausgeübt wird. Dies ist beispielsweise bei der Ausgestaltung von Polizeiuniformen der Fall.
Von dem Grundsatz, dass Wappen ausschließlich von staatlichen Stellen in Ausübung ihrer hoheitlichen Aufgaben geführt werden dürfen, kann der Gesetz- oder Verordnungsgeber zumindest partiell Ausnahmen zulassen. Dadurch kann auch Dritten die Verwendung des Wappens gestattet werden. Dies ist häufig dann der Fall, wenn Hoheitszeichen zu wissenschaftlichen und kulturellen Zwecken oder der staatsbürgerlichen Bildung verwendet werden.
Daneben können auch spezielle Formen der Wappenverwendung gestattet sein. In Thüringen wurde zum Beispiel jüngst für die Verwendung des Landeswappens auf Flaggen, "sofern dies nicht in einer Weise oder unter Umständen geschieht, die dem Ansehen oder der Würde des Landeswappens abträglich sind", ein Ausnahmetatbestand geschaffen.
Schließlich sehen Hoheitszeichengesetze üblicherweise die Möglichkeit einer Genehmigung der Wappenführung durch die zuständige Stelle (meist die Staatskanzlei oder das Innenministerium) vor. Diese Option ist - abhängig vom jeweiligen Hoheitsträger - jedoch eher theoretischer Natur. Die Genehmigung kann für gewöhnlich nur in eng begrenzten Ausnahmefällen erteilt werden, um einer Erosion der rechtlichen und tatsächlichen Bedeutung des Wappens vorzubeugen.
Konsequenzen unerlaubter Wappenführung
Ein Dritter, der ohne Genehmigung und ohne zulässige Ausnahme ein staatliches Wappen oder diesem verwechselbar ähnliches Zeichen führt, muss damit rechnen, dass der betroffene Hoheitsträger diese formelle "Anmaßung" staatlicher Hoheit unterbindet. Sonst könnte bei anderen der Eindruck entstehen, der Dritte handele im staatlichen Auftrag, obwohl er zur Ausübung staatlicher Hoheit gar nicht berechtigt ist.
Um sicherzustellen, dass staatliche Hoheit ausschließlich von hierzu ermächtigten Personen ausgeübt wird, steht dem Hoheitsträger ein Unterlassungsanspruch zu, den die zuständige Stelle notfalls mit den Mitteln des Verwaltungszwangs (vom Zwangsgeld bis zum unmittelbaren Zwang) durchsetzen kann.
Außerdem stellt die unerlaubte Verwendung von Wappen des Bundes oder eines Landes eine Ordnungswidrigkeit nach § 124 Abs. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OwiG) dar, die gemäß § 124 Abs. 3 OwiG mit einer Geldbuße geahndet werden kann.
Alternativen zur Wappenverwendung
Um die genannten Konsequenzen zu vermeiden und den Bürgern dennoch über die zulässigen Ausnahmen hinaus die Möglichkeit zu geben, ihre Verbundenheit zum Ausdruck zu bringen, stellen beispielsweise die Bundesländer weitestgehend genehmigungsfrei verwendbare Alternativen zum offiziellen Wappen zur Verfügung.
Diese greifen prägende Elemente des hoheitlichen Wappens in abgewandelter Form auf, ohne dass hierdurch die Gefahr einer irrigen Annahme hoheitlichen Handelns begründet würde.
In Freiburg hätten die Studenten auf das "Baden-Württemberg-Signet" zurückgreifen können. Dieses bietet die Landesregierung zum kostenlosen Download auf ihrer Website an.
Dr. Carsten Schmidt, LL.M. oec. ist Referent im Thüringer Innenministerium. In dieser Funktion ist er für Fragen des Datenschutzes, Personenstands- und Staatsangehörigkeitsrechts, des Hoheitszeichenrechts sowie des Wahl- und Parteienrechts zuständig und bekleidet außerdem das Amt des behördlichen Beauftragten für den Datenschutz.
Freiburger Studenten: . In: Legal Tribune Online, 05.11.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/1869 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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