2/2: "Verpackte" Finanzprodukte
Über Jahre wurde auf europäischer Ebene über einheitliche vorvertragliche Informationen für Finanzprodukte gerungen. Derartige Kurzinformationen sind in ähnlicher Weise bereits im Bereich der Verbraucherdarlehen in Gestalt der "Europäischen Standardinformationen für Verbraucherkredite" beziehungsweise im Bereich von Investmentvermögen nach der OGAW-Richtlinie in Gestalt der "wesentlichen Anlegerinformationen" vorgesehen. Ergebnis der Diskussionen war die sogenannte "PRIIP-Verordnung". Dabei steht PRIIP für "packaged retail and insurance-based Investment Products", also "verpackte" Anlageprodukte für Kleinanleger.
"Verpackung" bedeutet, dass die Anlegergelder in Produkte investiert wird, bei denen der Rückzahlungsanspruch an andere Investments oder Referenzwerte gekoppelt ist oder die Geldanlage am Kapitalmarkt lediglich vermittelt über ein anderes Instrument erfolgt. Die PRIIP-Verordnung gilt daher für ein breites Spektrum von Anlageprodukten, unter anderem für strukturierte Finanzinstrumente, Versicherungen mit Investmentzweck sowie Investmentvermögen. Reine Versicherungsprodukte wie zum Beispiel Unfallversicherungen, aber auch Risikolebensversicherungen, unterfallen der Verordnung hingegen nicht.
Die PRIIP-Verordnung regelt im Wesentlichen Form und Inhalt der ab dem 31. Dezember 2016 einzusetzenden Basisinformationsblätter. Soweit der Anwendungsbereich der PRIIP-Verordnung nicht eröffnet ist, können auch in Zukunft vergleichbare Kurzinformationen in Gestalt der wesentlichen Anlegerinformationen nach dem Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) beziehungsweise der Produktinformationsblätter nach dem WpHG erforderlich sein. Anbieter von Kapitalanlageprodukten müssen daher sorgfältig prüfen, welcher Dokumententypus einzusetzen ist. Das 1. FimanoG ergänzt die PRIIP-Verordnung durch Vorschriften zu den Befugnissen der BaFin sowie durch neue Bußgeldtatbestände, mit denen Verstöße gegen die PRIIP-Verordnung sanktioniert werden können. Aufgrund der Unterschiedlichkeit der erfassten Produkte sind insofern Änderungen sowohl im WpHG, KAGB, Kreditwesengesetz (KWG) als auch im Versicherungsaufsichtsgesetz vorgesehen.
Strengere Regulierungen für Zentralverwahrer
Zentralverwahrer (in Deutschland die Clearstream Banking AG) spielen für die Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren sowie für die Abwicklung von Wertpapiertransaktionen eine entscheidende Rolle. Gleichwohl unterlagen Zentralverwahrer auf europäischer Ebene bislang keinen einheitlichen Regulierungsstandards. Die europäische Zentralverwahrer-Verordnung, üblicherweise kurz mit "CSDR" (Central Securities Depositary Regulation) abgekürzt, führt nun erstmals einheitliche europäische Regelungen für die Zulassung und die Beaufsichtigung von Zentralverwahrern ein. Die Erlaubnis für Zentralverwahrer, deren Notwendigkeit sich in Deutschland bislang aus dem KWG ergibt, wird durch eine Erlaubnis nach CSDR abgelöst.
Dies entspricht einem Ansatz, der auf europäischer Ebene zuvor schon für einen anderen wichtigen Typus von Finanzmarktakteuren, die zentralen Gegenparteien (CCP), eingeschlagen wurde. Bereits durch das Gesetz zur Umsetzung der Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie entschied der Gesetzgeber, dass die BaFin auch unter der Zentralverwahrer-Verordnung für die Zulassung und die laufende Beaufsichtigung von Zentralverwahrern zuständig bleibt. Der Entwurf des 1. FimanoG sieht einen umfassenden Katalog von Ordnungswidrigkeiten vor, deren Verletzung – der jüngeren Entwicklung der Finanzmarktregulierung auch hier entsprechend – mit erheblichen Bußgeldern sanktioniert werden kann, die sich – je nach höherem Betrag - auf bis zu 20 Millionen Euro oder ein Zehntel des Gesamtjahresumsatzes im Geschäftsjahr vor der Sanktionierung belaufen können.
Nach diversen "Förderungsgesetzen", "Modernisierungsgesetzen" und einer Vielzahl anderer finanzmarktbezogener Gesetzgebungsprojekte in den vergangenen Jahren wird auch das Jahr 2016 ein Jahr reger Gesetzgebung im Finanzsektor werden. Obleich ein wesentlicher Teil des ursprünglichen Finanzmarktnovellierungsgesetzes, die Umsetzung von MiFID II, vorerst zurückgestellt wurde, bringt schon das 1. FimanoG erneut erhebliche Neuerungen im Bereich der Finanzmarktregulierung mit sich.
Der Autor Dr. Christian Schmies ist Partner im Frankfurter Büro von Hengeler Mueller Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB.
Sukzessive Neuerungen im Kapitalmarktrecht 2016: . In: Legal Tribune Online, 10.02.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18425 (abgerufen am: 23.11.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag