Marktmissbrauch, PRIIP- und Zentralverwahrerverordnung: Mitte 2016 kommt das erste von voraussichtlich zwei Paketen zur Finanzmarktrechtsreform. Ein Beitrag von Christian Schmies über die Neuerungen im Kapitalsektor inklusive Prognose.
Die Bundesregierung hat am 6. Januar 2016 den Entwurf eines "Ersten Finanzmarktnovellierungsgesetzes" (1. FimanoG) beschlossen. Der Entwurf befindet sich aktuell im parlamentarischen Verfahren, mit der Verabschiedung ist im ersten Halbjahr 2016 zu rechnen. Der Gesetzesentwurf dient der Umsetzung beziehungsweise Ergänzung verschiedener europäischer Rechtsakte, die recht unterschiedliche Bereiche der Finanzmarktregulierung betreffen:
- die überarbeitete Marktmissbrauchsrichtlinie (MAD II) sowie die dazugehörige Marktmissbrauchsverordnung (MAR),
- die Verordnung über Basisinformationsblätter für verpackte Anlageprodukte für Kleinanleger (sogenannte „PRIIP-Verordnung") sowie
- die Verordnung über Zentralverwahrer.
Der Entwurf des 1. FimanoG stellt dabei eine Auskopplung aus einem ursprünglich breiter angelegten Entwurf dar. Das Bundesfinanzministerium hatte im Oktober 2015 zunächst den Entwurf eines „Finanzmarktnovellierungsgesetzes“ vorgelegt. Mit diesem sollte neben den vorgenannten Rechtsakten auch die überarbeitete europäische Finanzmarktrichtlinie (MiFID II) sowie die dazugehörige Finanzmarktverordnung (MiIFR) umgesetzt werden. Da sich auf europäischer Ebene eine Verschiebung der Umsetzungsfrist von MiFID II um ein Jahr auf den 3. Januar 2018 abzeichnet, soll die Umsetzung dieser Rechtsakte durch ein "Zweites Finanzmarktnovellierungsgesetz" zu späterem Zeitpunkt erfolgen.
Insiderhandel wird mit drastischen Maßnahmen bestraft
Die überarbeitete MAD II sowie die dazugehörige MAR sind bereits im Juli 2014 in Kraft getreten. Sie sind bis zum 3. Juli 2016 in nationales Recht umsetzen beziehungsweise gelten im Falle der MAR ab diesem Zeitpunkt unmittelbar. Der europäische Gesetzgeber reagierte mit der Überarbeitung der Marktmissbrauchsrichtlinie unter anderem auf die Fortentwicklung der Handelsplätze seit der Ursprungsfassung aus dem Jahr 2003. Materiell geht damit unter anderem eine Erstreckung der Vorschriften zu Insiderhandel und ad-hoc-Pflichten auf Finanzinstrumente einher, die lediglich an Multilateralen Handelssystemen oder Organisierten Handelssystemen gehandelt werden.
Formell bedingen die Änderungen, dass ein Großteil der derzeitigen Regelungen im Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) zu Insiderhandel und ad-hoc-Publizität durch das 1. FimanoG entfallen wird, da diese künftig in der unmittelbar geltenden MAR geregelt werden. Neben der entsprechenden Bereinigung des WpHG sind im Hinblick auf MAD II und MAR im Rahmen des 1. FimanoG insbesondere die aufsichtsbehördlichen Befugnisse und Sanktionsmöglichkeiten der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zu regeln.
Im Einklang mit der jüngeren Tendenz der Finanzmarktregulierung führt das 1. FimanoG zu einer beträchtlichen Verschärfung des Sanktionsregimes. Hierzu gehören insbesondere umsatzabhängige Geldbußen gegen juristische Personen, die im Falle des Verstoßes gegen das Insiderhandelsverbot beziehungsweise das Verbot der Marktmanipulation bis zu 15 Prozent des Gesamtjahresumsatzes betragen können. Auch die strafrechtliche Sanktionierung des Insiderhandels wird durch das 1. FimanoG weiter verschärft.
Sukzessive Neuerungen im Kapitalmarktrecht 2016: . In: Legal Tribune Online, 10.02.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18425 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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