2/2: Im Übrigen Beweislastentscheidung zu Lasten der Kommission
Hinsichtlich der anderen Rügen der Kommission hat der EuGH deren Klage hingegen abgewiesen und das letztlich mit der nicht erfüllten Beweislast begründet.
Mit ihrer ersten Rüge hatte die Kommission bemängelt, die Gewinnabführungsvereinbarungen im DB-Konzern erlaubten es unter Verstoß gegen das Unionsrecht, Eisenbahnverkehrsleistungen mit der Eisenbahninfrastruktur vorbehaltenen öffentlichen Geldern (in Form von Subventionen oder Zuschüssen) zu finanzieren. Hierzu führt der EuGH in seinem Urteil jedoch näher aus, dass die von der Kommission vorgelegten Beweise zu den von Deutschland (naturgemäß) bestrittenen Tatsachen "kaum bis überhaupt nicht dokumentiert" und hauptsächlich Indizien seien.
Ohne zu überprüfen, ob die von der Kommission behaupteten Gewinnübertragungen als "Gelder" im Sinne der Richtlinie einzustufen seien, gebe es schon gar nicht hinreichende Anhaltspunkte, um feststellen zu können, dass die streitigen Gewinnabführungsvereinbarungen einen Unionsrechtsverstoß erlaubt hätten, so der Gerichtshof.
An dieser Stelle bleibt dann allerdings die Frage offen, ob das Unionsrecht nicht auch eine solche Transparenz in den mitgliedstaatlichen Regelungen beziehungsweise durch sie fordert, dass solche Quersubventionen von vornherein ausgeschlossen sind und der Markt somit darauf vertrauen kann, dass alle Finanzströme "sauber" sind.
Die Europäische Kommission rügte auch, dass die Entgelte für die Nutzung der Fahrwege durch die Gewinnabführungsverträge im DB-Konzern zu anderen Zwecken als der Finanzierung der Unternehmenstätigkeit des Infrastrukturbetreibers eingesetzt würden. Doch auch insoweit hat Brüssel nach Auffassung des EuGH nicht "rechtlich hinreichend nachgewiesen", dass die Gewinne der Infrastrukturbetreiber des DB-Konzerns ganz oder zum Teil aus Entgelten für die Infrastruktur stammten oder für andere Zwecke als die Finanzierung der Eisenbahninfrastruktur verwendet worden seien.
Keine Pflicht zum Ausweis von Subventionen für den SPNV
Mit der letzten Rüge machte die Kommission schließlich einen Verstoß Deutschlands gegen die (vermeintliche) Pflicht geltend, die öffentlichen Zuwendungen für gemeinwirtschaftliche Personenverkehrsleistungen in den Bilanzen der Verkehrsunternehmen des Konzerns getrennt auszuweisen.
Eine solche Pflicht verneinte der EuGH aber: Die Aufgabe, für ihre gemeinwirtschaftliche Tätigkeit erhaltenen Gelder individuell nach Verträgen getrennt auszuweisen, könne nicht aus den maßgeblichen Sekundärrechtsakten abgeleitet werden. Deutschland könne daher auch nicht vorgeworfen werden, dass in den Rechnungen der maßgeblichen DB Regio AG die Zuwendungen für gemeinwirtschaftliche Verkehrsleistungen nur global ausgewiesen würden.
Folgerungen aus dem Urteil: Neue Trennungsdiskussion?
Nach dem Richterspruch des EuGH steht fest, dass der deutsche Gesetzgeber die unlängst erst in das Eisenbahnregulierungsgesetz überführten (darauf geht der EuGH interessanterweise überhaupt nicht ein) Vorschriften zur buchhalterischen Entflechtung im Sinne der vom Gerichtshof geforderten Transparenz nachbessern muss.
An sich sollte es auch im deutschen Interesse liegen, dass alle Marktteilnehmer durch die entsprechende Transparenz der Finanzströme auf die völlige Diskriminie-rungsfreiheit der DB-Konzernstruktur vertrauen können und sich deshalb (vermehrt) auf das deutsche Schienennetz wagen werden.
Dazu wäre es ein guter Anreiz, die jetzt vom EuGH mangels Beweisbarkeit nicht aufgegriffenen Vorwürfe durch entsprechende Rechtsänderungen ebenfalls im Keim zu ersticken. Andernfalls droht vielleicht erneut eine Debatte um die völlige "Zerschlagung" des DB-Konzerns als klarste und transparenteste Lösung. Das wäre im Vergleich zu den Rechtsänderungen ein sehr hoher Preis für die nach wie vor zahlreichen Befürworter des Verbundes von Netz und Betrieb.
Der Autor Prof. Dr. Urs Kramer ist Inhaber der Lehrprofessur für Öffentliches Recht und Sprecher des Institutes für Rechtsdidaktik der Universität Passau. Er ist Autor diverser Veröffentlichungen zum Eisenbahn- und Personenverkehrsrecht.
Urs Kramer, EuGH zu Finanzströmen im DB-Konzern: . In: Legal Tribune Online, 29.06.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23317 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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