EuGH zur Verletzung der geografischen Angabe "Scotch Whisky": Auf­re­gung im Land der Glens und Bens

von Marcel Schneider

07.06.2018

Eine deutsche Brennerei vertreibt schwäbischen Single Malt Whisky. Dessen Name könne aber Assoziationen an eine vermeintlich schottische Herkunft wecken, beklagt die Scotch Whisky Association vor dem EuGH. Der hat nun geurteilt.

Schottland begeistert Besucher unter anderem mit seiner traumhaften Landschaft, die vor allem von rauen Bergen (Bens) und den weiten Tälern (Glens) zwischen diesen gekennzeichnet ist. Der nördlichste Teil Großbritanniens ist international aber auch für seinen erstklassigen Whisky (Scotch) bekannt. Viele der dort ansässigen Destillerien selbst und häufig auch ihre Produkte sind nach der jeweiligen Ortsbezeichnung oder den Besonderheiten der Region benannt, in der sie brennen beziehungsweise gebrannt werden, so etwa Glengoyne, Glenfiddich oder Glen Moray.

Eine schwäbische Brennerei, die den "Glen Buchenbach" auf den Markt gebracht hat, ist deswegen von der Scotch Whisky Association (SWA) vor dem Landgericht (LG) Hamburg verklagt worden. Die Vereinigung meint, die Verwendung des Begriffs "Glen" wecke bei Verbrauchern die unrichtige und damit irreführende Vorstellung, dass das deutsche Erzeugnis aus dem Schwabenland etwas mit Schottland, genauer gesagt mit der eingetragenen geografischen Angabe "Sotch Whisky" zu tun haben könnte. Und zwar unabhängig davon, dass die deutsche Brennerei auf dem Etikett des Glen Buchenbach darauf verweist, dass es sich um ein deutsches Produkt handelt, so die SWA.

Das mit dem Fall beschäftigte LG Hamburg richtete schließlich ein Vorabentscheidungsgesuch an den Europäischen Gerichtshof (EuGH), der nun am Donnerstag antwortete. Um festzustellen, ob eine nach dem Unionsrecht unzulässige "Anspielung" vorliegt, muss das LG Hamburg nun prüfen, ob ein Verbraucher unmittelbar an Scotch Whisky denkt, wenn er ein vergleichbares Erzeugnis mit der Bezeichnung Glen vor sich hat, entschieden die Luxemburger Richter (Urt. v. 07.06.2018, Az. C-44/17).

"Irgendwas mit Schottland" genügt nicht

Der EuGH macht dabei von Anfang an klar, dass eine bloße, wie auch immer geartete Assoziation mit der geschützten Angabe nicht ausreicht, um die eingetragene geografische Angabe zu verletzen. So reicht es womöglich nicht, wenn der Kunde beim Produktnamen Glen Buchenbach lediglich an die schönen, mit buntem Heidekraut bewachsenen schottischen Highlands denkt. Auch wenn sich dort so manche Whiskybrennerei niedergelassen hat.

Die Begründung des EuGH: Aus Wortlaut, Kontext und Zweck der einschlägigen Verordnung (EG) 110/2008 ergebe sich, dass eine "indirekte gewerbliche Verwendung" einer Angabe nur dann vorliegt, wenn der streitige Bestandteil in einer Form verwendet wird, die mit dieser Angabe identisch oder klanglich/visuell ähnlich ist. Deswegen müsse ein Verbraucher für eine Verletzung auch konkret an Scotch Whisky denken. Eine fernerliegende Assoziation lässt der EuGH deshalb nicht genügen.

Sodann gibt der EuGH dem LG Hamburg den Bewertungsmaßstab für die Beurteilung der Frage vor, ob der Glen Buchenbach ein "Glen" bleiben darf. Ob eine "Anspielung" auf die eingetragene Angabe Scotch Whisky besteht, hängt nach Auffassung der Luxemburger Richter davon ab, was ein "normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger europäischer Durchschnittsverbraucher" denkt. Also davon, ob er den Glen Buchenbach gedanklich mit schottischem Whisky verbindet.

Das Etikett interessiert nicht

Die Luxemburger Richter entschieden aber auch, dass das LG Hamburg bei der Beurteilung der Frage nicht berücksichtigen darf, dass die schwäbische Brennerei ihr Produkt auf dem Etikett als deutsches ausweist. Solche Angaben dürften nicht dazu führen, dass der Schutz durch die Verordnung aufgeweicht wird. Damit kommt es nun in Hamburg allein auf die Eingangsfrage an:

Denkt der europäische Durchschnittsverbraucher an Scotch Whisky, wenn er ein vergleichbares Erzeugnis mit der Bezeichnung "Glen" vor sich hat?

Rechtsanwalt Dr. Sven J. Mühlberger von MS Concept Rechtsanwälte vertritt die schwäbische Brennerei. Er zeigt sich mit der Entscheidung vom Donnerstag zufrieden: "Das Urteil heute geht ganz klar in die richtige Richtung. Der Gerichtshof hat ausdrücklich betont, dass beim Wort 'Glen' bloße Assoziationen an Scotch Whisky für eine Verletzung der geografischen Angabe nicht ausreichen."

Er sagt, es handele sich um einen Präzedenzfall. Deshalb rechne er auch nicht mit einer Entscheidung des LG Hamburg vor 2020: "Es geht um die grundsätzliche Frage: Reicht das Wecken bloßer Assoziationen zu einer geschützten Herkunftsangabe für eine Rechtsverletzung aus? Wir meinen nein - und wissen jetzt den Europäischen Gerichtshof hinter uns."

Zitiervorschlag

Marcel Schneider, EuGH zur Verletzung der geografischen Angabe "Scotch Whisky": . In: Legal Tribune Online, 07.06.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/29009 (abgerufen am: 05.11.2024 )

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