2/2: EuGH: festgelegt und beständig verbunden
Das Urteil war auch in der Fachwelt lange erwartet worden, zumal die neue Unionsmarkenverordnung (die allerdings erst seit Oktober 2017 gilt) bereits deutlich präzisere Regelungen zum bisherigen "Neuland" der Kombinations-Farbmarkenanmeldung enthält, die insbesondere aus der Rechtsprechung des EuGH zu Farbmarken resultierten.
Der EuGH ging bislang zwar von der prinzipiellen Markenfähigkeit einer Mehrfarbenmarke aus. In seinem Grundsatzurteil Heidelberger Bauchemie (Urt. im Vorabentscheidungsverfahren vom 24. 06. 2004, Az. T-49/02 -Blau und Gelb) erkannte er erstmals die Zusammenstellung zweier Farben als ein Zeichen im Rechtssinne an, sofern "feststeht, dass diese Farben oder Farbzusammenstellungen […] sich tatsächlich als Zeichen darstellen und die Anmeldung eine systematische Anordnung enthält, in der die betreffenden Farben in vorher festgelegter und beständiger Weise verbunden sind."
Wenn die Farben hingegen bloß form- und konturlose zusammengestellt seien oder der Anmelder sie gar "in jeglichen denkbaren Formen" für sich in Anspruch nehme, sei die Anmeldung einer Zwei- oder Mehrfarbenmarke nicht möglich. Solche Darstellungen ließen nämlich zahlreiche unterschiedliche Kombinationen zu, die es dem Verbraucher nicht erlaubten, "eine bestimmte Kombination zu erkennen und in Erinnerung zu behalten, auf die er sich mit Gewissheit für weitere Käufe beziehen könnte, und auch den zuständigen Behörden und den Wirtschaftsteilnehmern nicht ermöglichten, den Umfang der geschützten Rechte des Markeninhabers zu kennen".
Eben vor diesem Hintergrund stellte das Amt an die Darstellung und Beschreibung der abstrakten Zweifarbenmarke „Blau/Silber“ im Fall Red Bull sehr strenge Anforderungen. Die Beschreibung in der Markenanmeldung, wonach die Farben im Verhältnis von "ungefähr 50%–50%" und einander gegenübergestellt auf dem Produkt erscheinen, hielten sowohl das Markenamt als auch die Beschwerdekammern und nun eben auch der EuG in seinem ersten Urteil dazu für nicht hinreichend präzise. Die Beschreibung lasse zahlreiche Erscheinungsbilder und Zuordnungen der Farben zu, so die Richter in Luxemburg. Mit anderen Worten: Red Bull hätte nicht nur zwei aneinandergrenzende Rechtecke, sondern jedwede 50-50-Nutzung seiner Farben für sich monopolisiert.
EuG: Ungefähr 50%/50% reicht nicht
Vergeblich brachte das österreichische Unternehmen vor, dass diese strenge Sicht die Registrierung einer zweifarbigen Marke letztlich unmöglich mache. Der EuG weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass zwar bei einer solchen Markenanmeldung das Prinzip "What you see is what you get" gelte – also genau das geschützt werde, was in Form der grafischen Wiedergabe zu sehen ist. Dieses Prinzip werde aber unterlaufen, wenn Red Bull versuche, durch die textliche Beschreibung den Schutzumfang durch die Hintertür zu erweitern; wenn nämlich angegeben werde, dass beide Farben beansprucht würden und ihr Verhältnis zueinander "ungefähr" 50% zu 50% betrage.
Dasselbe gelte für die Beschreibung der von Red Bull später "nachgeschobenen" Marke, bei der von "gleichen [Farb-An-]Teilen" die Rede war, die aneinander angrenzten. Hier kam dem englischen Begriff "juxtaposed" ("angrenzend", "nebeneinander", "kontrastierend“") aus der Markenanmeldung eine große Bedeutung zu: Denn dieser spreche nicht unbedingt für eine klare systematische Anordnung der Farben. Der Ausdruck sei daher ebenfalls nicht geeignet, die Anordnung beziehungsweise Marke eine klaren Konkretisierung der Anordnung bzw. Wiedergabe der Marke geeignet.
Auch der Gleichbehandlungsgrundsatz sei nicht verletzt, sofern Red Bull auf ähnliche Markenanmeldungen Dritter verweise: Im Unrecht gebe es bekanntlich keine Gleichheit.
Die Entscheidung hat weitreichende Folgen sowohl für schon existierende Kombinationsmarken, die von der Löschung bedroht sein können, als auch für die Praxis der Markenanmeldung. Man sollte sich tunlichst an die den (neuen) Wortlaut der unionsrechtlichen Regelungen halten, die eine Angabe der Farbkodierung zwingend vorschreibt. Und sich gut überlegen, ob zusätzlich eine weitere, optionale, aber ganz eindeutige Beschreibung aufgenommen wird, deren Fehlen Red Bull hier zum Verhängnis wurde.
Ob man sich im Salzburger Flachgau mit diesem Ergebnis zufrieden gibt, kann bezweifelt werden: Der Weg zum EuGH ist – beschränkt auf Rechtsfragen – noch möglich. Eine dritte Kombinationsmarke des Konzerns befindet sich außerdem im Register. Sie dürfte für weiteren Streit sorgen.
Der Autor David Ziegelmayer ist Rechtsanwalt und Partner der Kanzlei LEXANTIS . Er ist als Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz spezialisiert auf das Marken- und Wettbewerbsrecht für Unternehmen.
David Ziegelmayer, EuG zur Farbkombinationsmarke von Red Bull: . In: Legal Tribune Online, 30.11.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/25781 (abgerufen am: 05.11.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag