2/2: Berufsperspektive für "Knöllchen-Horst"
Knöllchen-Horst könnte sich nun als Fahrer bei der Rheinbahn bewerben. Fahrdienstmitarbeiter könnten mit selbstgemachten Rheinbahn-Knöllchen und mit dem Ordnungsamt drohen. In den allermeisten Fällen ist damit zu rechnen, dass die Anzeigen auch bearbeitet werden. Vorausgesetzt die Rheinbahn wurde auch tatsächlich behindert.
Der Rheinbahn steht als Unternehmen sogar ein Auskunftsrecht zu. Nur ein Schicksal würde auch Knöllchen-Horst nicht umgehen können: § 46 Abs. 3 S. 3 OWiG schließt das Klageerzwingungsverfahren aus. Das war es auch, was das OVG Lüneburg besonders betont hat: Nur die Ordnungsbehörde entscheidet über Einleitung des Verfahrens und Verfolgung des Verstoßes, keine Privaten.
Schon 1996 stellte das Amtsgericht (AG) Tiergarten fest: "Denn die Feststellung von Ordnungswidrigkeiten im Rahmen der Verkehrsüberwachung ist eine typische Hoheitsaufgabe, die zum Kernbereich staatlicher Verwaltung gehört. Zur Mitwirkung bei der Feststellung von Ordnungswidrigkeiten sind Privatpersonen (…) grundsätzlich nicht befugt. Die Verkehrsüberwachung ist Ausfluss der Zuständigkeit für die Verfolgung von Straßenverkehrsordnungswidrigkeiten (§ 36 I Nr. 1 OWiG, § 26 I 1 Straßenverkehrsgesetz, StVG). (...) Zur Verfolgung gehört auch die selbstständige und eigenverantwortliche Ermittlungsarbeit. In dieser Ermittlungsarbeit ist der Beginn der Verfolgungshandlung zu sehen. (...)" (Urt. v. 24.04.1996, Az. 304a OWi 467/96; NStZ-RR 1996, 277). Daran hat sich im Kern nichts geändert.
Keine Amtsanmaßung durch die Fahrer
Bleibt die Frage offen, was die Rheinbahn eigentlich unter den Scheibenwischer klemmt. Ein "Knöllchen" ist es nicht, das folgt erst durch das Ordnungsamt. Aber der Hinweiszettel sieht so ähnlich aus. Layout und Formulierung sind eng an vergleichbare Schreiben von Ordnungsämtern angelehnt. Geriert sich damit die Rheinbahn wie ein Ordnungsamt? Handelt es sich um eine Amtsanmaßung im Sinne des § 132 StGB?
Wohl nein. Denn die Postkarte der Rheinbahn stellt bei Lichte betrachtet nur möglichen weiteren Schriftverkehr in Aussicht. Zwar klingt es amtlich, wenn bereits auf die Möglichkeit eines Einspruchs hingewiesen wird. Aber anmaßend im strafrechtlichen Sinne ist es nicht.
Und so müssen sich also weder Rheinbahnfahrer noch Knöllchen-Horst hierum Sorgen machen. Auch andere Verkehrsbetriebe haben keinen Grund zu neidischen Blicken in die NRW-Landeshauptstadt. Zwar klang es ein bisschen wehmütig, als etwa ein Sprecher der Duisburger Verkehrsbetriebe (DVG) mitteilte, Mitarbeiter seien in Duisburg "nicht befugt Knöllchen zu verteilen" und auch neugierig, als ein Sprecher der Kölner Verkehrsbetriebe (KVB) "von Düsseldorfern lernen" wolle. Nun ist die Katze aber aus dem Sack: die Düsseldorfer kochen auch nur mit Wasser. Sie sind auch nicht befugt "Knöllchen" zu verteilen. Sie haben nur eine knackige Überschrift für eine Pressemitteilung gefunden.
Der Autor Robert Hotstegs ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht in der Hotstegs Rechtsanwaltsgesellschaft, Düsseldorf, und dort leidenschaftlicher Rheinbahn-Fahrgast.
Robert Hotstegs, Düsseldorf: Straßenbahnfahrer verteilen "Knöllchen": . In: Legal Tribune Online, 15.07.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23445 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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