BVerwG zu natürlichem Nitrit in Bio-Fleisch: Chemie ist erlaubt, Gemü­se­kon­zen­trat nicht

von Dr. Eva Ghazari-Arndt, LL.M.

11.12.2015

2/2: Gemüsekonzentrate sind keine Lebensmittel

Das BVerwG hat nun endgültig entschieden, dass die Gemüsemischung und das Gemüsesaftkonzentrat Lebensmittelzusatzstoffe im Sinne der vorgenannten Regelung sind, weil diese den Fleischerzeugnissen zur Farbstabilisierung und zum Schutz vor schädlichen Auswirkungen der Oxidation, also aus technologischen Gründen absichtlich zugesetzt worden sind.

Bei Gemüsekonzentraten handele es sich zudem auch nicht um Stoffe, die üblicherweise selbst als Lebensmittel verzehrt werden, so das BVerwG. Dagegen sprächen zum einen der stark erhöhte Nitratgehalt der Konzentrate und zum anderen gesundheitliche Erwägungen, die nahelegten, die Nitrataufnahme über Gemüse so gering wie nur möglich zu halten. Zudem fehle es bei den Konzentraten nach Ansicht des BVerwG an geschmacklichen oder optischen Gesichtspunkten für einen Verzehr.

Auch eine Zulässigkeit nach Art. 3 Abs. 2 lit. a) ii) LMZSVO komme nicht in Betracht. Danach gelten Lebensmittel in getrockneter oder konzentrierter Form, die einem anderen Lebensmittel wegen ihrer aromatisierenden, geschmacklichen oder ernährungsphysiologischen Eigenschaften beigegebenen werden und eine färbende Nebenwirkung haben, nicht als Lebensmittelzusatzstoff. Allerdings erfüllten die Gemüsekonzentrate diese Voraussetzungen nicht, weil sie nicht als Farbstoff eingesetzt werden - die beabsichtigte Umrötung sei nur Nebenzweck, nicht Hauptwirkung, so das BVerwG.  

Schließlich könnten Gemüsekonzentrate nicht als charakteristische Zutat für Fleischerzeugnisse eingestuft werden, denn ihnen käme keine prägende Wirkung für derartige Lebensmittel zu, so die Bundesrichter. Die Hersteller von Bio-Fleischwaren handhabten die Verwendung von künstlichem Nitritpökelsalz sehr unterschiedlich.  

Gemüsekonzentrate könnten aber in die Liste aufgenommen werden

Die Entscheidungsgründe des BVerwG und das damit verbundene Ergebnis sind aufgrund der derzeitigen Rechtslage nachvollziehbar. Faktisch wäre es jedoch begrüßenswert, Gemüsekonzentrate in die Liste der zugelassenen Lebensmittelzusatzstoffe aufzunehmen, da sie für Bio-Fleischerzeugnisse eine natürliche Alternative zum künstlichen Nitritpökelsalz darstellen.

Dies ist auch immer noch möglich, indem sie in die Gemeinschaftsliste im Anhang II der Verordnung als zugelassene Lebensmittelstoffe aufgenommen werden. Trotz der BVerwG-Entscheidung sind Gemüsekonzentrate nämlich nicht automatisch vom Anwendungsbereich der Verordnung im Sinne von Art. 3 Abs. 2 lit. a) ii) LMZSVO ausgeschlossen.   

Zudem hat das BVerwG festgestellt, dass bei dem von dem Kläger durchgeführten Fermentierungsprozess von Nitrat zu Nitrit der Nitritgehalt im fertigen Fleischprodukt teilweise niedriger war als bei Zugabe des als Lebensmittelzusatzstoff zugelassenen Nitrits. Da die Europäische Union bereits seit Jahren die Senkung des zulässigen Gehalts an Nitraten und Nitriten in Fleischerzeugnissen anstrebt, dürfte dieser alternative Fermentierungsprozess für eine Erweiterung der Gemeinschaftsliste durchaus interessant sein.  

Dr. Eva Ghazari-Arndt, LL.M. ist Rechtsanwältin und Dozentin auf dem Rechtsgebiet des Privatrechts. Sie erwarb ihren "Master of Laws" am Europa-Institut Saarbrücken und promovierte auf dem Rechtsgebiet des europäischen Privatrechts zum Thema "Gemeinsames Europäisches Kaufrecht".

Zitiervorschlag

BVerwG zu natürlichem Nitrit in Bio-Fleisch: . In: Legal Tribune Online, 11.12.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17836 (abgerufen am: 04.11.2024 )

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