BVerwG zum Entgelt für Ressourcennutzung durch die Industrie: Der NRW-Was­ser­cent bleibt

von Dr. Stefan Altenschmidt und Dr. Sabrina Desens

20.11.2017

2/2: Der Unterschied zur Wasserpfennig-Entscheidung

Die Entscheidung der Leipziger Richter überzeugt nicht. Unbestritten ist zwar, dass die Bundesländer berechtigt sind, Wasserentnahmeentgelte zu erheben. Das BVerfG hatte dies bereits 1995 mit seiner Wasserpfennig-Entscheidung gebilligt. Karlsruhe rechtfertigte dies damals aber mit dem Gedanken, der in der gewährten Möglichkeit, die knappe Ressource Wasser zu nutzen, liegende Sondervorteil könne abgeschöpft werden. In den jetzt vom BVerwG entschiedenen Fällen lag die Sache aber anders.

Tatsächlich werden die Unternehmen der Rohstoffindustrie in NRW dafür belastet, dass sie das Wasser aus ihren Steinbrüchen, Tagebauen und Baggerseen abpumpen und sodann wieder in den Wasserhaushalt zurückführen. Damit ist aber ein Ausschluss anderer von der Nutzung dieses Wassers, den das BVerfG als Anknüpfungspunkt dafür sah, das ein Sondervorteil gegeben ist, nicht erkennbar. Verfehlt erscheint daher auch der Ansatz, auf die Vorteilhaftigkeit des späteren Braunkohleabbaus abzustellen. Die Leipziger Richter billigen hierdurch faktisch die Bepreisung wirtschaftlichen Erfolges, der womöglich gar nicht eintritt.

Auch die Ausführungen des BVerwG zur konkreten Höhe des Wasserentnahmeentgelts in NRW sind kritisch zu werten. Es gehört zwar zu den schwierigsten Fragen der Umweltökonomie, wie der mit Ressourcennutzungsentgelten wie dem Wasserentnahmeentgelt abzuschöpfende Sondervorteil konkret bemessen werden könnte. Diese entbinden nach der Rechtsprechung der Karlsruher Kollegen aber nicht davon, die Höhe der Abgabe zumindest durch Anknüpfung an vernünftige Kriterien zur Bewertung des Vorteils zu plausibilisieren.

Sümpfwasser "teurer" als Kühlwasser – aber wieso?

Vor diesem Hintergrund hätte ausreichender Anlass für das BVerwG bestanden, genauer zu beleuchten, warum die Sümpfung von Wasser in NRW viel teurer ist als die Verwendung von Wasser zur Durchlaufkühlung, bei der das Wasser immerhin mit veränderten physikalischen Eigenschaften (Aufwärmung) zurückgeführt wird und ein stärkerer Ressourcenzugriff erfolgt. Der Verweis Leipzigs auf ein Konzept des Gesetzgebers in NRW hilft dort nur bedingt weiter.

Die obersten Verwaltungsrichter scheinen insofern nicht ausreichend gewürdigt zu haben, dass der reduzierte Gebührensatz für die Durchlaufkühlungsnutzung dem Lenkungsanliegen des Gesetzes zum schonenden Umgang mit der Ressource Wasser Rechnung trägt: Denn bei dieser Nutzungsform wird der Wasserhaushalt im Ergebnis nicht bzw. nur mit einer geringen Wärmelast belastet. Nichts anders gilt aber für die Sümpfungswässer.

Lässt die Leipziger Entscheidung in der noch ausstehenden Urteilsbegründung Fragen offen, können die Unternehmen noch das BVerfG mit einer Urteilsverfassungsbeschwerde einschalten. Die Verfassungsrichter betonen regelmäßig, dass die Vorgaben des Grundgesetzes für die Belastung mit Steuern und nichtsteuerlichen Abgaben auch dazu dienen, den Zugriff des Staates auf die nicht unerschöpflichen Finanzressourcen der Bürger und Unternehmen zu beschränken.

Die Autoren Dr. Stefan Altenschmidt und Dr. Sabrina Desens sind von Düsseldorf sowie von Leipzig aus als Rechtsanwälte in der Praxisgruppe Umwelt, Planung, Regulierung der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH tätig.

Dr. Altenschmidt vertritt aktuell einen Braunkohlekraftwerksbetreiber aus NRW in einem Verfassungsbeschwerdeverfahren zur Zulässigkeit von Ressourcennutzungsentgelten im Klimaschutz beim Bundesverfassungsgericht. Dr. Desens ist häufiger mit dem sächsischen Wasserentnahmeentgelt befasst.

Zitiervorschlag

BVerwG zum Entgelt für Ressourcennutzung durch die Industrie: . In: Legal Tribune Online, 20.11.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/25599 (abgerufen am: 05.11.2024 )

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