2/2: Kein Einfluss auf Werbung in Fremdproduktion?
Sport1 hatte die beanstandete Sendung nicht als Product Placement gekennzeichnet –vermutlich, weil ihm nach dem Lizenzvertrag mit der Produktionsfirma jegliche Bearbeitung der Sendung untersagt war.
Gegen die Einordnung als Schleichwerbung führte der Sender ins Feld, es handele sich um zulässige sogenannte aufgedrängte Werbung. Dabei geht es um Reklame, die unvermeidbar ist – sei sie aus Gründen der Dramaturgie in einem fiktiven Geschehen notwendig oder Bestandteil eines tatsächlichen Geschehens, das wiedergegeben wird. Darunter fallen beispielsweise Sponsorenlogos bei der Übertragung von Sportwettkämpfen.
Im Übrigen argumentierte der Sender, er habe nicht mit der für Schleichwerbung per Gesetz erforderlichen Werbeabsicht gehandelt. Eine solche könne ihm nicht einfach unterstellt werden. Er habe gemäß dem Lizenzvertrag mit dem US-Produktionsunternehmen die eingekaufte Sendung nicht bearbeiten dürfen. Letztlich hätte er auf die Werbebotschaften nur durch eine gänzliche Absage der Ausstrahlung verzichten können.
Dieser faktische Zwang verletze ihn schließlich auch in seinem Grundrecht der Rundfunkfreiheit. Die Darstellung des Logos der Poker-Seite füge sich dabei aus programmlichen Gründen in seinen verfassungsrechtlichen Programmauftrag ein.
Werbung zu intensiv für Verbraucher
Von dieser Argumentation zeigte sich das BVerwG unbeeindruckt. Von der für Schleichwerbung erforderlichen Werbeabsicht geht der Senat aus. Darauf könne, so die Leipziger Richter, bei einem Rundfunkveranstalter dann geschlossen werden, wenn programmlich-redaktionelle Erfordernisse die Darstellung nicht rechtfertigten.
Für die Frage, ob eine Darstellung gerechtfertigt ist, stellte das Gericht die verfassungsrechtlich geschützte redaktionelle Freiheit des Senders dem Schutzzweck des Verbots gegenüber. Geschützt werden soll der Zuschauer vor "Irreführung über die Bedeutung" der Sendung. Letztlich argumentierte das Gericht, die Werbung sei zu intensiv, um unter Verbraucherschutzgesichtspunkten noch gerechtfertigt zu sein. Dagegen hatte die Vorinstanz die Werbeabsicht schon aus der objektiven Werbewirkung der Darstellung gefolgert.
Mit dieser Gesamtbetrachtung hat das BVerwG die Möglichkeit verpasst, sich zu der Frage zu positionieren, wann eine Werbedarstellung "gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung erfolgt". Das Gesetz schließt bereits aus einer solchen Gegenleistung auf die für Schleichwerbung erforderliche Werbeabsicht (§ 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 8 S. 2 RStV). So hatte die Landesmedienzentrale in der Vorinstanz argumentiert, die wirtschaftlichen Vorteile des Senders im Rahmen der Verträge mit der US-Produktionsfirma stellten eine "ähnliche Gegenleistung" dar.
Die neue Werbefeindlichkeit des BVerwG
Das BVerwG hat mit dieser Entscheidung seine zuletzt werbefreundliche Linie verlassen. Im Urteil vom 23. Juli 2014 (Az. 6 C 31.13) hatte das Gericht Liveschaltungen von einem Fußballspiel in das Hasseröder-"Männercamp" gebilligt, während die Aufsichtsbehörde noch von einer nach § 7 Abs. 7 S. 2 Nr. 3 RStV unzulässigen zu starken Herausstellung von Hasseröder-Bier ausgegangen war. Anders jedoch die Richter: Unzulässig wäre das Product Placement nur, wenn der Werbezweck dominiere.
Die nun ergangene Entscheidung spricht eine andere Sprache. Auch trägt sie dem Verbraucherschutz nur auf dem ersten Blick Rechnung. Das BVerwG übersieht, dass Werbung nicht nur eine Gefahr für unmündige Verbraucher sein kann. Es ist Werbung, die den Privatsendern und damit letztlich den Verbrauchern ein vielfältiges Programm ermöglicht. Letzteres gefährdet die nun ergangene Entscheidung zusätzlich. Sie erschwert es Fernsehsendern, dem heimischen Publikum ausländische TV-Produktionen zu zeigen. Das betrifft allerdings weniger die beliebten US-Serien, sondern eher Show-Formate wie etwa American Idol, in denen Product Placement wesentlich präsenter ist als in Deutschland. Wollte ein Sender solche Formate in Deutschland zeigen, müsste er genauer hinschauen – und Platzierungen entsprechend kennzeichnen.
Die Autoren Dr. Robert Heine, LL.M. (Chicago) und Martin Bastius sind bei Raue LLP in Berlin tätig und u.a. auf Urheber- und Medienrecht spezialisiert.
BVerwG beanstandet US-Pokersendung wegen Schleichwerbung: . In: Legal Tribune Online, 23.06.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19773 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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