BVerfG zu NPD-Wahlwerbespot: Volks­ver­het­zung auch im Wahl­kampf nicht erlaubt

von Tanja Podolski

29.04.2019

Das ZDF hat die Ausstrahlung eines Wahlwerbespots der NPD abgelehnt. Am Samstag hat das BVerfG diese Entscheidung bestätigt: Die Aussagen erfüllten den Tatbestand der Volksverhetzung.

Die zweite Kammer des ersten Senats am Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat am Samstag gearbeitet und einen Eilantrag der NPD abgelehnt. Die verfassungswidrig agierende Partei hatte beim ZDF einen Wahlwerbespot zur Europawahl eingereicht, der Sender lehnte die Ausstrahlung jedoch ab. Der gegen diese Weigerung gerichtete Eilantrag der NPD hatte in Karlsruhe aber keinen Erfolg (Beschl. v. 27. 04.2019, Az. 1 BvQ 36/19). Zuvor hatten schon das Verwaltungsgericht (VG) Mainz und das Oberverwaltungsgericht (OVG) Koblenz dem ZDF Recht gegeben.

In dem Video hatte die NPD die Orte benannt, in denen es in den vergangenen Monaten zu Straftaten gekommen sein soll. Deutsche würden "seit der willkürlichen Grenzöffnung 2015 und der seither unkontrollierten Massenzuwanderung fast täglich zu Opfern ausländischer Messermänner". Auf die sich anschließende Aussage "Migration tötet!" folgte ein Aufruf zur Schaffung von Schutzzonen als Orten, an denen Deutsche sich sicher fühlen sollten.

Die Formulierung 'Migration tötet' sei böswillig missverstanden worden, teilt die NPD in einer Presserklärung mit. "Hier und auch beim vorangegangenen Satz über die 'Messermänner', der sich erkennbar nur auf Kriminelle bezog, wurde eine Deutung unterstellt, die fernliegend ist", sagt Peter Richter, Anwalt der NPD, gegenüber LTO. Und weiter: "Nach diesen rechtsdogmatisch höchst fragwürdigen Entscheidungen kann ich aus anwaltlicher Sicht nur dazu raten, sich zur Kriminalität von Ausländern am besten gar nicht mehr öffentlich zu äußern, da das Grundrecht auf Meinungsfreiheit insoweit nicht mehr zu gelten scheint." Die NPD hatte nach der Weigerung des Senders zur Ausstrahlung eine Verletzung ihres Grundrechts auf Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz (GG) gerügt.

Rechtsprofessor: "Ausgang des Rechtsstreits war eigentlich klar"

Das VG Mainz (Beschl. v. 26.04.2019, Az. 411437/19.MZ) und das OVG Rheinland-Pfalz (Beschl. v. 26.04.2019, Az. 2Bio639/19) hatten indes entschieden, die Aussagen in dem Spot seien von der Meinungsfreiheit nicht mehr gedeckt. Vielmehr erfüllten sie den Tatbestand der Volksverhetzung gemäß § 130 Abs. 1 Nr. 2 Strafgesetzbuch. Dazu hatte das OVG festgestellt, der Beitrag mache "in Deutschland lebende Ausländer in einer Weise bösartig verächtlich, die ihre Menschenwürde angreift und geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören". Mit sonstigen Deutungsmöglichkeiten habe sich das OVG befasst und diese mit nachvollziehbarer Begründung als fernliegend ausgeschlossen, entschied dann das BVerfG.

Grundsätzlich entschieden die Parteien zwar selbst, was in ihren Werbespots zu sehen sein solle, erklärt Klaus Ferdinand Gärditz, Professor für Öffentliches Recht an der Uni Bonn, gegenüber LTO. "Einer Fernsehanstalt – zumal hier dem öffentlich-rechtlichen ZDF – ist es aber nicht zuzumuten, Inhalte zu senden, die die Menschenwürde verletzen oder strafbar sind." Die Annahme der Gerichte, dass der Inhalt des Spots eine strafbare Volksverhetzung sei, sei vertretbar, so Gärditz. "Unter diesen Voraussetzungen war der Ausgang des Rechtsstreits eigentlich klar."

NPD geht nicht nach Straßburg

Der Spot sollte an diesem Montag und erneut am 15. Mai anlässlich der Wahl zum Europaparlament am 26. Mai ausgestrahlt werden. Auch Hörfunksender hatten die Ausstrahlung von NPD-Spots nach Angaben von Peter Richter bereits abgelehnt. Ein Sprecher des Rundfunks Berlin-Brandenburg teilte der dpa mit, als für die rechtliche Prüfung von TV-Wahlwerbespots zuständiges Haus der ARD habe der Sender den NPD-Spot bereits in der vergangenen Woche abgelehnt und dies der Partei mitgeteilt.

Da jedenfalls das Video für das Fernsehen als volksverhetzend eingestuft wurde, wird auch kein anderer Sender den Spot ausstrahlen. Die Entscheidung des BVerfG ist unanfechtbar. Der NPD bliebe, sich an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu wenden. Diesen Weg wird die Partei jedoch nach Aussage von Rechtsanwalt Richter jedoch nicht gehen.

Fälle von Wahlwerbespots, die von den Sendern abgelehnt werden, gab es auch früher schon. Ein prominentes Beispiel dafür ist ein Spot der Anarchistischen Pogo Partei Deutschlands (APPD), der als menschenwürdewidrig bewertet wurde. Das BVerfG nahm damals die Verfassungsbeschwerde der Kleinstpartei nicht zur Entscheidung an (Beschl. v. 06.03.2006, Az. 2 BvR 1545/05).

Mit Material von dpa

Zitiervorschlag

BVerfG zu NPD-Wahlwerbespot: . In: Legal Tribune Online, 29.04.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/35111 (abgerufen am: 20.11.2024 )

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