2/2: Informationswert beurteilen die Medien
Das BVerfG folgt auch nicht der bei vielen Instanzen beliebten Argumentation, es habe sich um eine banale Berichterstattung ohne Informationswert gehandelt. Dies zu bewerten sei nicht Aufgabe der Gerichte, sondern obliege den Medien selber. "Auch die Normalität des Alltagslebens oder in keiner Weise anstößige Handlungsweisen prominenter Personen dürfen der Öffentlichkeit vor Augen geführt werden, wenn dies der Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinen Interessen dienen kann", formulieren die Richter.
Da das Bild zulässig in der Sozialsphäre entstanden sei und ein Berichterstattungsinteresse bestanden hätte, verletzten die Entscheidungen die Rechte der Medien aus Art. 5 Grundgesetz (GG). Die Pressekammer des LG Köln muss jetzt erneut entscheiden. Wie diese Entscheidung ausfällt, kann man sich nach der Begründung aus Karlsruhe denken.
Innenhof der Kanzlei geschützter Raum
Erfolglos blieb die Beschwerde im zweiten Fall: Die Bilder stammten aus der geschützten Privatsphäre, nämlich aus dem normalen Blicken nicht zugänglichen Innenhof der Kanzlei. Damit lag eine Verletzung der §§ 22, 23 KUG vor. Ein solches Bild dürfe nicht verwendet werden, denn an dem Bildinhalt habe es kein besonderes, auf das Bild bezogenes Berichterstattungsinteresse gegeben, entschieden die Richter.
Insgesamt sind beide Beschlüsse zu begrüßen, sie schreiben die medienfreundliche Linie des BVerfG fort, zeigen aber auch die Grenzen auf. Wer sich als Prominenter im Rahmen eines Ereignisses der Zeitgeschichte im öffentlichen Raum bewegt, muss damit rechnen, dass Bilder angefertigt und auch in dem entsprechenden Kontext des Ereignisses für eine Berichterstattung verwendet werden.
Dies liegt eigentlich auch auf der Linie der Rechtsprechung des VI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (BGH), der z.B. bei einem Kündigungsschutzprozess eines Chefarztes oder der Berichterstattung über die nicht mehr wiedergewählte Ministerpräsidentin Heide Simons immer in diese Richtung entschieden hatte. Warum dies hier nicht der Fall war, sondern die Revision nicht angenommen worden war, ist schwer nachzuvollziehen.
Der Autor Martin W. Huff ist Rechtsanwalt in der Kanzlei LLR in Köln und befasst sich, auch in der Ausbildung von Pressesprechern, seit Langem mit medienrechtlichen Fragen.
Martin W. Huff, BVerfG zu Veröffentlichung von Kachelmann-Fotos: . In: Legal Tribune Online, 15.03.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22380 (abgerufen am: 25.11.2024 )
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