Politiker fordern, Bushido den "Integrations-Bambi" abzunehmen, nachdem bekannt wurde, dass er eng mit einem Berliner Clan mit mafiösen Strukturen verbunden ist. Einem der Strippenzieher soll er eine Generalvollmacht erteilt haben, gar über den Tod hinaus. Im LTO-Interview erklärt Herbert Grziwotz, ob das wirklich ungewöhnlich ist und wie viel Macht Arafat Abou-Chaker nun über den Rüpel-Rapper hat.
LTO: Bushido hat nach einem Bericht des Stern sehr enge Verbindungen zum Abou-Chaker Clan in Berlin, der mafiöse Strukturen aufweisen soll. Dem Magazin liegt eine notarielle beurkundete Generalvollmacht vor, mit welcher er Arafat Abou-Chaker, eines der führenden Familienmitglieder ermächtigt, jede Rechtshandlung, welche er selbst vornehmen könnte und bei welcher Stellvertretung gesetzlich zugelassen ist, für ihn vorzunehmen. Herr Professor Grziwotz, sind derartig umfassende Vollmachten vom Gesetz vorgesehen und in welchen Fällen werden sie in der Regel erteilt?
Grziwotz: Derartige Bevollmächtigungen sind grundsätzlich nichts Ungewöhnliches. In aller Regel erteilt man sie Vertrauenspersonen, häufig also Familienmitgliedern. Normalerweise werden sie in Situationen erteilt, in denen jemand zum Beispiel wegen eines Auslandaufenthalts längere Zeit abwesend ist. Ein wichtiger Anwendungsfall ist auch die Vorsorge für den Fall einer Krankheit oder der späteren Geschäftsunfähigkeit. Gerade bei Künstlern, die naturgemäß viel unterwegs sind, sind Generalvollmachten zugunsten von Managern oder Rechtsanwälten nicht selten.
LTO: Was kann der Bevollmächtigte Abou-Chaker denn mit der Vollmacht in Bushidos Namen tun? Und was nicht?
Grziwotz: Mit einer solchen Generalvollmacht kann der Bevollmächtigte sämtliche Rechtshandlungen vornehmen, die Bushido vornehmen möchte. Also vom Kauf eines Handys bis zum Erwerb einer teuren Immobilie. Im Innenverhältnis muss er dies allerdings mit dem ihn beauftragenden Rapper absprechen.
Ausgenommen von der Vollmacht sind lediglich so genannte höchstpersönliche Rechtsgeschäfte. Der Bevollmächtigte kann also nicht in Bushidos Namen heiraten, eine Lebenspartnerschaft eingehen, Kinder adoptieren, ein Testament errichten oder ähnliches.
"Dabei handelt es sich um einen Standardtext"
LTO: Wie beruhigend. Bushido erteilt mit der Vollmacht auch eine Befreiung von § 181 Bürgerliches Gesetzbuch, dem Verbot des In-sich-Geschäfts. Abou-Chaker könnte also auch für Bushido Geschäfte mit sich selbst machen – selbst wenn diese äußerst nachteilig für den Rapper wären?
Grziwotz: Die Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens und der Mehrfachvertretung ist in Generalvollmachten üblicherweise enthalten. Eine Generalvollmacht erteilt man ja nur einer Person, der man vertraut. Aber auch bei Eigengeschäften ist der Bevollmächtigte dem Vollmachtgeber rechenschaftspflichtig.
LTO: Und das Ganze über den Tod hinaus? Unabhängig davon, wer Bushido beerben würde, bliebe also die Macht des Clans über das gesamte Vermögen des Rappers selbst nach dessen Ableben uneingeschränkt erhalten?
Grziwotz: Auch dabei handelt es sich um einen Standardtext. Der Bevollmächtigte soll, wenn die Erben die Vollmacht nicht widerrufen, was jederzeit auch durch einen Erben möglich ist, Abwicklungshandlungen vornehmen können. Aber auch insoweit muss der Bevollmächtigte für seine Handlungen Rechenschaft ablegen, nunmehr den Erben.
"Bushido kann die Vollmacht jederzeit widerrufen"
LTO: Bushidos Verbindung zu dem Clan scheint privat wie geschäftlich sehr eng zu sein. Wie sähe es aus, wenn sich das ändern würde? Ist eine solche Vollmacht jederzeit widerrufbar? Braucht es dafür einen bestimmten Grund?
Grziwotz: Rechtlich gesehen ist das kein Problem, Bushido kann die Vollmacht gegenüber dem bevollmächtigten Abou-Chaker jederzeit widerrufen. Ein Schreiben an den Urkundsnotar genügt dagegen nicht. Zu seiner Sicherheit muss der Rapper die Ausfertigung der Vollmachtsurkunde zurückfordern und vernichten.
Solange der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde in Händen hält, kann er nämlich für den Vollmachtgeber handeln. Ein Widerruf ist nur ausgeschlossen, wenn sich Bushido zur Erteilung der Generalvollmacht rechtsgeschäftlich verpflichtet hat. In diesem Fall bestimmt das Grundgeschäft, wann ein Widerruf der Vollmacht zulässig ist. Derartige Grundgeschäfte werden jedoch in die Vollmachtsurkunde nicht aufgenommen, damit nicht jeder Geschäftspartner sofort die Hintergründe erkennt.
LTO: Herr Professor Grziwotz, vielen Dank für das Gespräch.
Prof. Dr. Dr. Herbert Grziwotz ist Notar in Regen und Zwiesel und Autor zahlreicher Fachpublikationen.
Das Interview führte Pia Lorenz.
Herbert Grziwotz, Notar zu Bushidos Generalvollmacht an die "Mafia": . In: Legal Tribune Online, 19.04.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8565 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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