2/2: BGH: Klausel benachteiligt Bausparer unangemessen
Das sieht der u.a. für das Bankenrecht zuständige XI. Senat des BGH anders. Nach seiner Auffassung wird mit der Darlehensgebühr einzig und allein der Verwaltungsaufwand der Bausparkasse abgegolten. Dazu führte er die gleichen Argumente an, auf die er 2014 seine Entscheidung zur Unzulässigkeit von Verbraucherkreditgebühren stützte.
Die Darlehensgebühr klassifiziert der Senat als sogenannte Preisnebenabrede. Damit sei sie der AGB-Kontrolle zugänglich. Diese führe zur Unwirksamkeit der Klausel wegen unangemessener Benachteiligung der Bausparer.
Mit der Gebühr werde keine konkrete vertragliche Gegenleistung bepreist, Bausparkunden profitierten nicht von ausgleichenden Individualvorteilen wie etwa günstigen Darlehenszinsen. Denn diesen stünden bereits andere Nachteile, nämlich die vom BGH für zulässig erachtete Abschlussgebühr gegenüber.
Klausel wälzt Verwaltungsaufwand unzulässig ab
Der BGH sieht die Darlehensgebühr nicht als eine dem Leitbild der Bausparverträge entsprechende Zahlung an. Er betont, dass dieses Leitbild nach § 488 Abs. 1 S. 2 BGB einen laufzeitabhängigen Zins vorsieht, die Darlehensgebühr aber laufzeitunabhängig ist.
Zudem dürften Entgeltklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht dazu genutzt werden, den Aufwand für Tätigkeiten auf den Kunden abzuwälzen, zu denen der Verwender gesetzlich oder nebenvertraglich verpflichtet sei, beziehungsweise diese im eigenen Interesse erbringe.
Schließlich gewährleiste die Gebühr nicht die Funktionsfähigkeit des Bausparwesens und es gebe auch kein kollektives Gesamtinteresse an ihrer Erhebung.
BGH bleibt verbraucherfreundlich
Von dem Urteil werden viele Tausende Bausparer profitieren. Es fügt sich nahtlos ein in den verbraucherfreundlichen Kurs des XI. Senats unter Dr. Jürgen Ellenberger, der seit März 2015 den Vorsitz übernommen hat. Erst am 25.Oktober 2016 kippten die Richter mit ähnlichen Argumenten Klauseln der Deutschen Bank und der Targobank, die ein pauschales Entgelt für geduldete Überziehungen vorsahen.
Unklar bleibt die zeitliche Reichweite der Entscheidung. Bei der verbraucherfeindlichsten Auslegung wäre für viele Betroffene Eile angesagt. In diesem Fall würden Ansprüche innerhalb von drei Jahren ab Kenntnis verjähren. Bausparer, die im Jahr 2013* die Darlehensgebühr gezahlt haben, müssten diese dann bis zum Ende 2016 zurückfordern, um die Verjährung zu hemmen.
Wahrscheinlicher scheint allerdings, dass die Verjährungsfrist zehn Jahre beträgt. Diese absolute Verjährungsfrist ist dann anzuwenden, wenn die Rechtslage zuvor unklar war, beziehungsweise höchstrichterliche Urteile etwaigen Zahlungsforderungen entgegenstanden. In solchen Konstellationen ist den Betroffenen eine Klageerhebung innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist nicht zuzumuten. In diesem Sinne entschied der BGH zu den besagten Kreditbearbeitungsgebühren (Urt. v. 28.10.2014, Az. XI ZR 348/13 und 17/14).
Die Bausparkassen werden sich auf eine Welle von Rückforderungen gefasst machen müssen. Man darf vermuten, dass sie bei älteren Verträgen flächendeckend die Einrede der Verjährung erheben werden. Insofern wird die Darlehensgebühr wohl auch in Zukunft die Gerichte beschäftigen.
*Jahreszahl korrigiert am 10.11.2016, 14:11 Uhr.
Der Autor Ilja Ruvinskij ist Rechtsanwalt und Partner der auf Insolvenz- und Bankenrecht spezialisierten Kanzlei Kraus Ghendler Ruvinskij. Er ist verantwortlich für das Bankenrechtsdezernat der bundesweit tätigen Kanzlei, die ausschließlich Verbraucherinteressen vertritt und sich auf Massenverfahren fokussiert.
BGH kippt Darlehensgebühr: . In: Legal Tribune Online, 08.11.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21095 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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