BGH erschwert Umgehung des Urheberrechts: Wer­bung für Rep­li­kate in Deut­sch­land illegal

von Dr. Robert Heine, LL.M. (Chicago)

06.11.2015

Lizenzinhaber wehrten sich schon lange gegen Händler, die Kopien von Bauhaus-Klassikern via Internet vom Ausland aus in Deutschland anbieten. Die jüngste BGH-Rechtsprechung verbessert ihre Möglichkeiten, wie Robert Heine erläutert.

Der Markt für Replikate von Möbelklassikern boomt. Eine Suche nach Begriffen wie "Bauhaus Möbel" oder "Möbelklassiker" bei Google führt zu zahlreichen Händlern im Ausland, die Designikonen wie den Freischwinger von Mies van der Rohe oder die Wagenfeld-Leuchte im Internet auch in Deutschland anbieten. Diese Replikate sind meist billiger als die Originalwaren, die von Lizenznehmern der Designer hergestellt werden. Sie sind aber – jedenfalls nach deutschen Recht – illegal.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat derartige Umgehungen des deutschen Urheberrechts jetzt in zwei Parallelverfahren deutlich erschwert: Werbemaßnahmen im inländischen Markt können auch dann untersagt werden, wenn die Produkte im Ausland rechtmäßig hergestellt wurden (Urt. v. 5.11.2015, Az. I ZR 91/11 und I ZR 76/11).

Mit diesen jüngsten Urteile erleichtert der BGH den Rechteinhabern den Zugriff auf den Handel mit urheberrechtsverletzenden Produkten und bestätigt damit seine bisherige Rechtsprechung, die zwischenzeitlich auf europäischer Ebene überprüft worden war.

Unterschiede im Urheberschutz für Designmöbel

Den Verfahren lagen Klagen gegen einen italienischen Möbelhersteller zugrunde. Das Unternehmen hatte Möbel nach Entwürfen von Marcel Breuer und Ludwig Mies van der Rohe sowie eine Nachahmung der Wagenfeld-Leuchte deutschsprachig im Internet und in Printmedien beworben. Die Produkte selbst wurden in Italien produziert und standen dort zur Abholung bereit.

Dieses Geschäftsmodell macht sich zunutze, dass der Urheberrechtsschutz in Deutschland höher ist als andernorts. Deutsche Gerichte haben in vielen Urteilen Designermöbeln diesen Schutz zugesprochen, so etwa Sesseln und Liegen von Le Corbusier (BGH), dem Lounge-Chair von Charles Eames, dem Basket-Chair von Gian Franco Legler (Kammergericht) und dem Anwälten bekannten, da gern in Kanzleien genutzten USM-Haller-System (OLG Frankfurt).

In Italien dagegen waren industrielle Designentwürfe bis 2010 gar nicht oder nur eingeschränkt urheberrechtlich geschützt. Die Designer bzw. heute in der Regel ihre Erben und Lizenznehmer konnten die Verwertung ihrer Entwürfe daher nicht untersagen, solange Produktion und Vertrieb in Italien stattfanden.

Werbung und Verkauf über die Grenzen hinweg

Typischerweise vertreiben die Anbieter in diesem Segment die Replikate über deutschsprachige Webseiten, sind aber selbst in Italien ansässig und stellen die Imitate auch dort her.

Der Vertrag mit den Kunden kommt laut den Anbieter-AGB in Italien zustande und das Produkt wird dort auch übergeben, und zwar wahlweise dem Kunden selbst oder einem Spediteur. Den vermitteln die Anbieter gleich mit. "Sie erwerben Ihre Möbel bereits in Italien, bezahlen aber erst bei Abholung oder Anlieferung durch eine inkassoberechtigte Spedition (wird auf Wunsch von uns vermittelt)." So lautet eine typische AGB-Klausel eines italienischen Anbieters.

In den vom BGH entschiedenen Fällen sahen die Lizenzinhaber allerdings schon in der Bewerbung der Produkte in Deutschland eine Verletzung ihres inländischen urheberrechtlichen Verbreitungsrechts gemäß § 17 Abs. 1 Urheberrechtsgesetz (UrhG) und nahmen die Beklagte auf Unterlassung, Auskunft und Schadenersatz in Anspruch. Die Instanzgerichte hatten den Klagen im Wesentlichen stattgegeben. Dem hat sich der BGH nun angeschlossen.

Zitiervorschlag

BGH erschwert Umgehung des Urheberrechts: . In: Legal Tribune Online, 06.11.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17462 (abgerufen am: 05.11.2024 )

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