Markeninhaber sehen es oft ungern, wenn Dritte ihre Marken in Google-Anzeigen verwenden. Ein Hersteller von Luxusuhren versuchte daher, dies über eine allgemeine Markenbeschwerde bei der Suchmaschine zu unterbinden. Eine solche Sperre hält der BGH zwar für möglich, bei zulässigen Anzeigen müsse der Markeninhaber aber seine Zustimmung erteilen. Martin Schirmbacher erläutert die Entscheidung.
Jeden Tag suchen Millionen Google-Nutzer nach bestimmten Produkten. Dabei geben sie zum Teil Gattungsbegriffe und zum Teil Markennamen in das Suchfeld ein. Google verdient sein Geld zu einem großen Teil damit, passende Anzeigen zu den eingegebenen Keywords einzublenden. Seit Jahren ist vielfach darüber gestritten worden, ob Anzeigen von Wettbewerbern bei der Eingabe bestimmter Marken-Keywords erscheinen dürfen. Nun hat der Bundesgerichtshof (BGH) sich erstmalig mit der Frage befasst, wann eine Marke in der Anzeige selbst erscheinen darf, und ob der Markeninhaber das verhindern kann (Urt. v. 12.03.2015, Az. I ZR 188/13).
Die Betreiberin einer Plattform für den An-und Verkauf von Juwelierwaren und Luxusuhren wollte eine Google-Anzeige schalten, in der die Marke "Rolex" genannt wurde. Die Anzeige sollte nicht bei der Suche nach "Rolex" eingeblendet werden, sondern bei der Suche nach Gattungsbegriffen. Google lehnte die Anzeige jedoch ab, weil die Markeninhaberin eine sogenannte allgemeine Markenbeschwerde bei der Suchmaschine hinterlegt hatte. Mit der Markenbeschwerde gibt Google Markeninhabern die Möglichkeit, die Verwendung ihrer Marken im Text von Adwords-Anzeigen generell zu unterbinden.
Die Betreiberin der Plattform forderte Rolex anschließend erfolglos dazu auf, der Anzeige zuzustimmen. Ihrer Klage gegen den Uhrenhersteller hat der BGH nun stattgegeben.
Ankäufer und Reseller dürfen Markennamen in Google-Anzeigen verwenden
Der Anspruch auf Zustimmung besteht nur, wenn die geplante Anzeige markenrechtlich zulässig ist. Daher prüfte der BGH inzident, ob ein Ankäufer von Luxusuhren mit der jeweiligen Marke im Anzeigentext werben darf. Im Ergebnis bejaht er dies: Zwar bestehe Waren- und Dienstleistungsidentität zwischen dem Angebot des Portals und jenem des Markeninhabers, denn beiden geht es um den Handel mit Rolex-Uhren. Dazu reiche es bereits aus, wenn das Portal in seiner Anzeige zunächst nur für den Ankauf von Rolex-Uhren werbe, deren späteren Wiederverkauf aber beabsichtige.
Allerdings könne sich das Portal auf markenrechtliche Erschöpfung berufen. Der Erschöpfungsgrundsatz besagt, dass sich der Markeninhaber hinsichtlich eines konkreten Produkts nicht mehr auf sein Schutzrecht berufen kann, wenn das Produkt mit seinem Einverständnis in Verkehr gebracht worden ist. Es gehe der Klägerin um den Ankauf von Originalware, die ordnungsgemäß in den Verkehr innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes gebracht wurde. Anders wäre es etwa, wenn die Plattform mit Piraterieprodukten oder Grauimporten handeln würde. Dergleichen ist jedoch offenbar nicht vorgetragen worden.
Auch wenn dies im Ergebnis nicht wirklich überrascht, gibt das Urteil insbesondere Online-Shops durchaus Sicherheit, dass mit Markenwaren, die die Shops legal anbieten, auch in Google-Anzeigen geworben werden darf.
Google-Markenbeschwerde grundsätzlich zulässig
Die Klägerin hatte geltend gemacht, dass die Markenbeschwerde eine wettbewerbswidrige Behinderung im Sinne von § 4 Nr. 10 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) sei. Ihr sei es wegen der Sperre nicht möglich, eine markenrechtskonforme Anzeige zu schalten.
Dies sieht der BGH jedoch anders. Eine allgemeine Markenbeschwerde verfolge lediglich das Ziel, massenhafte Verletzungen des Markenrechts in Google Anzeigen zu verhindern. Eine Behinderungsabsicht sei damit nicht unmittelbar verbunden. Dies könne nur angenommen werden, wenn die Maßnahme keinem anderen Zweck als der Behinderung von Marktteilnehmern dienen könne. Daran fehle es hier aber. Wer infolge der allgemeinen Markenbeschwerde daran gehindert sei, bestimmte AdWords-Anzeigen zu veröffentlichen, könne sich ohne Weiteres an den Markeninhaber mit der Bitte wenden, einer Anzeigenschaltung zuzustimmen.
Dem entspricht, dass der Markeninhaber verpflichtet sein kann, der Veröffentlichung einer konkreten Anzeige zuzustimmen – nämlich immer dann, wenn die Verwendung des geschützten Markennamens in einer Anzeige seine Rechte nicht verletzt. Stimmt er nicht zu, liegt darin eine unmittelbar auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeit gerichtete Behinderung (§ 4 Nr. 10 UWG). Wer von dem allgemeinen Markenbeschwerdeverfahren bei Google Gebrauch mache, müsse zulässigen Anzeigen-Ausgestaltungen zustimmen. Ein anerkennenswertes Interesse des Markeninhabers, wettbewerbs- und markenrechtlich zulässiges Verhalten zu unterbinden, bestehe nicht, so der BGH.
Wohl kein Direktanspruch gegen Google
Nicht entscheiden musste der BGH die Frage, ob die von einer Markenbeschwerde betroffenen Werbenden auch direkt gegen Google vorgehen können. Dagegen spricht aber, dass Google im nicht verpflichtet ist, bestimmte Anzeigentexte zu akzeptieren, sondern im Rahmen der Vertragsfreiheit Beschränkungen festlegen kann. Dies umso mehr, als der Konzern ein Interesse daran hat, nicht an Markenverletzungen Dritter mitzuwirken. Nur dann, wenn man Google eine Beteiligung an einer wettbewerbswidrigen Handlung der Markeninhaber vorwerfen könnte, kämen auch Direktansprüche gegen die Suchmaschine in Betracht. Dafür bestehen allerdings keine Anhaltspunkte.
Für Markeninhaber hat das BGH-Urteil zunächst die angenehme Folge, dass Markenbeschwerden weiter aufrechterhalten werden können. Es spricht grundsätzlich nichts dagegen, von der von Google eingeräumten Möglichkeit Gebrauch zu machen und eine Schaltung von Anzeigen, die die eigene Marke unmittelbar enthalten, zu verhindern. Die Kehrseite besteht allerdings darin, dass Bitten von Werbetreibenden um Zustimmung zur Schaltung einer bestimmten Anzeige geprüft und, sofern sie markenrechtlich zulässig sind, bewilligt werden müssen.
Aus Sicht der Werbetreibenden ist die Entscheidung des BGH das endgültige Signal, sich von einer Markenbeschwerde nicht abschrecken zu lassen. Mit kurzer Frist können die Markeninhaber zu einer Zustimmung zur Schaltung rechtlich zulässiger Anzeigen aufgefordert werden. Tun sie das nicht, bleibt der Klageweg.
Dr. Martin Schirmbacher ist Fachanwalt für IT-Recht bei HÄRTING Rechtsanwälte, Berlin. Er berät Mandanten im E-Commerce und bei Softwareverträgen. Er ist Autor des Buches Online-Marketing Recht und kommentiert unter anderem das Fernabsatzrecht und das UWG in Spindler/Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien.
Luxusmarken in Google-Anzeigen: . In: Legal Tribune Online, 28.04.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15374 (abgerufen am: 25.11.2024 )
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