2/2: Eltern müssen Studiengangwechsel hinnehmen
Kinder haben grundsätzlich die Obliegenheit, die Ausbildung mit gehörigem Fleiß und gebotener Zielstrebigkeit zu betreiben, um sie innerhalb angemessener und üblicher Dauer zu beenden und sich danach selbst zu finanzieren. Kinder sollen nicht ewig den Eltern auf der Tasche liegen.
Allerdings gibt es häufig Fälle, in denen Abweichungen vom regelmäßigen Ausbildungsablauf eintreten. Ein Bummelstudium müssen die Eltern nicht finanzieren. Sie können deshalb auch ihr bereits erwachsenes Kind kontrollieren. Dies muss auf Verlangen Studienbescheinigungen, Zeugnisse über Zwischenprüfungen oder ähnliche Belege vorlegen. Verweigert sich das Kind dem, können die Eltern den Unterhalt zurückbehalten.
Einen Studiengangwechsel müssen die Eltern hinnehmen, wenn er auf sachlichen Gründen beruht und ihnen die Verlängerung der Ausbildungszeit wirtschaftlich zumutbar ist. Auch insoweit ist eine Orientierungsphase zu akzeptieren, die bei einer universitären Ausbildung ca. zwei bis drei Semester dauert. Entscheidet sich das Kind erst später für einen Wechsel, ist es auf das Einvernehmen der Eltern angewiesen, sofern nicht besondere Gründe vorliegen, wie gesundheitliche Probleme.
Für Promotion müssen Eltern meist nicht zahlen
Im Normalfall kann das Kind nur verlangen, dass ihm die Ausbildung in einem Beruf finanziert wird. Eltern sind nicht verpflichtet, die Kosten einer zweiten Ausbildung zu tragen (BGH, Urt. v. 17.05.2006, Az. XII ZR 54/04). Eine Ausnahme macht die Rechtsprechung in Fällen, in denen ein Berufswechsel notwendig ist. Beruht die erste Ausbildung etwa auf einer deutlichen Fehleinschätzung der Begabung des Kindes durch die Eltern, kann es eine Zweitausbildung verlangen.
Schließlich ist eine Zweitausbildung zu finanzieren, wenn sich ein Kind zunächst für einen Beruf entscheidet, der weder seiner Begabung noch seinen Interessen entspricht, weil die Eltern sich geweigert haben, die Ausbildung für den Wunschberuf zu finanzieren.
Eine Promotion zählt regelmäßig nicht mehr zu einer Berufsausbildung, die die Eltern finanzieren müssen, da der Erwerb eines Doktortitels eine Ausbildung nicht beendet, sondern häufig erst danach erfolgt. Anders ist dies, wenn in dem gewünschten Beruf ein nicht promovierter Bewerber in der Regel einen promovierten Konkurrenten unterlegen ist und Bemühungen, im gewählten Berufsfeld Fuß zu fassen, mangels Doktor von vornherein zum Scheitern verurteilt sind. Bei Juristen ist das nicht so, da bereits das Zweite Staatsexamen den Zugang zu allen klassischen juristischen Berufen eröffnet (Oberverwaltungsgericht Bautzen, Beschl. v. 31.03.2010, Az. 2 D 20/10).
Während früher eine Lehre spätestens mit 14 Jahren begonnen und ein Studium in der Regel mit 23 Jahren abgeschlossen wurde, dauern Ausbildungen heute länger. Irgendwann kehrt sich die Situation aber um und die Kinder müssen für ihre alten Eltern sorgen. Durch die Verlängerung der Ausbildung und die demographische Entwicklung wird die Familie zunehmend immer mehr zu einer wechselseitigen lebenslangen Unterhaltsinstitution. Die Frage der Eltern, "Kind, wie lange brauchst du noch für deine Ausbildung?", wird von der Frage der Kinder abgelöst, "Mutter, wie lange willst du noch leben?".
Der Autor Prof. Dr. Dr. Herbert Grziwotz ist Notar in Regen und Zwiesel.
Herbert Grziwotz, BGH zum Ausbildungsunterhalt: . In: Legal Tribune Online, 04.07.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9075 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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